An seinen ersten Flug erinnert sich Henri Martin noch genau. 2020 war das, die Flugsaison begann wegen der Corona-Auflagen recht spät. Zum ersten Mal saß er im Segelflugzeug, den Fluglehrer im Rücken. „Schon der Start war spektakulär. Das Gefühl, wenn man nach oben gezogen wird. Die Aussicht von oben und die Freude daran, wendig in der Luft zu sein. Mir war eigentlich vorher schon klar, dass ich mit dem Segelfliegen starten will, aber nach diesem Flug war ich mir sicher“, blickt er zurück.
Inzwischen sind fast zwei Jahre vergangen und aus dem „Schnupperflieger“ von einst ist schon fast ein fertiger Pilot geworden. Die Theorieprüfung hat er schon in der Tasche und bis zur praktischen Prüfung ist es nicht mehr weit. Damit befindet sich der 21-Jährige in guter Gesellschaft: „Aktuell bilden wir 14 Flugschüler aus“, berichtet Sepp Holzapfel, Vorstand des Landsberger Segelflugvereins Geratshof. „Damit stellen sie etwa ein Viertel aller aktiven Mitglieder und sind eine wichtige Säule unseres Vereins. Die Jugendarbeit liegt uns sehr am Herzen.“
Ganze neun Fluglehrer kümmern sich um den fliegerischen Nachwuchs – ehrenamtlich in ihrer Freizeit. An den Wochenenden und Feiertagen wechseln sie sich am Flugplatz ab und während der Schulferien stellen viele ihren Urlaub in den Dienst der Gemeinschaft, um auch unter der Woche einen Flugbetrieb anbieten zu können.
Wie Henri Martin stammen auch die anderen Flugschüler aus dem Landsberger Einzugsgebiet. Darunter sind Jugendliche ab 14 Jahren, dem gesetzlichen Mindestalter – aber auch „Spätberufene“ über 50. Und wer erst einmal Feuer gefangen hat für sein Hobby, will auch nicht mehr allzu weit weg. Henri Martin jedenfalls pendelt für sein Maschinenbau-Studium nach Kempten. Für Simon Rost, ebenfalls Flugschüler, geht es unter der Woche zum Mathe-Studium nach Augsburg. Generell, findet der 22-Jährige, ist die Fliegerei eine Sache der Prioritäten: „Es ist ja im Prinzip mit allem so: Wenn einem etwas wichtig genug ist, nimmt man sich die Zeit. Ich habe mit dem Segelfliegen später angefangen als andere, bei denen vielleicht schon Familienmitglieder fliegerisch aktiv waren. Es war also mein eigener Entschluss und entsprechend habe ich eine starke Motivation. Auf Prüfungsphasen nehme ich aber Rücksicht.“
Auch für ihn ist das Gefühl, durch die Luft zu schweben, etwas ganz Besonderes: „Es ist ein Freiheitsgefühl. Man hat so viel Übersicht. Alles nach unten ist klein und irrelevant. Und dann die Beschleunigung, die man spürt – andere zahlen Geld dafür, um in den Freizeitpark zu gehen.“
Normal fit reicht
Zwei Beispiele, die stellvertretend sind für viele junge Pilotinnen und Piloten. Was müssen Neueinsteiger denn mitbringen, um den beiden nacheifern zu können? „Praktisch jeder, der körperlich normal fit ist, kann das Segelfliegen lernen“, erklärt Sepp Holzapfel. „Wir nehmen uns viel Zeit für eine gründliche und sichere Ausbildung. Übrigens: Dank des ehrenamtlichen Engagements der Vereinsmitglieder ist das Hobby absolut erschwinglich.“
Die Ausbildung gliedert sich in mehrere Abschnitte. Los geht es im doppelsitzigen Flugzeug. Wer das grundlegende fliegerische Handwerkszeug sicher beherrscht, darf schließlich alleine fliegen. Im Sparring mit den Fluglehrern werden die Fähigkeiten dann Schritt für Schritt vertieft. Ein selbstständiger Flug über eine Distanz von 50 Kilometern bildet die letzte Hürde auf dem Weg zur Prüfung, bis man die begehrte Pilotenlizenz in den Händen hält.
„Wichtig sind auf jeden Fall der Spaß am Fliegen und dass man am Ball bleibt“, bringt Holzapfel die Anforderungen für eine erfolgreiche Ausbildung auf den Punkt. Henri Martin und Simon Rost pflichten ihm bei. Gefragt, was sie Interessenten mit auf den Weg geben würden, sind sie sich einig: „Regelmäßig zu fliegen, ist die halbe Miete. Dann macht man schnell Fortschritte – und das motiviert.“ Gerade die Camps während der Schulferien sind eine prima Gelegenheit zum Einstieg. Quelle: ‘Merkur’.