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Geratshof: Lautlos über Lech und Voralpenland

Ein Bauernhof mit Flugplatz? Das ist ziemlich ungewöhnlich, macht aber den Reiz des zwischen Unterdießen und Ellighofen gelegenen Geländes aus. Seit inzwischen 30 Jahren starten und landen hier Segelflugzeuge. Anlässlich des Jubiläums veranstaltet der Landsberger Segelflugverein Geratshof am 14. und 15. Oktober ein Flugplatzfest.

Seine Gründung verdankt der Segelflugverein einem großen Problem: Am damaligen Fliegerhorst Landsberg in Penzing, wo inzwischen der ADAC sein „Testzentrum Mobilität“ betreibt, wurden dem Flugbetrieb immer mehr Steine in den Weg gelegt. Erst waren unter der Woche keine Flüge mehr möglich, dann kam es auch an den Wochenenden zu Einschränkungen. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch.

Alle Augen richteten sich auf Sepp Holzapfel, der damals als Segelflieger in Penzing engagiert war. „Sag mal, Du hast doch neben Deinem Bauernhof ziemlich viel Platz. Könnte man daraus nicht einen Flugplatz machen?“ Und so wurde aus einem großen Acker eine Graspiste. Eine Hochspannungsleitung musste dafür unter die Erde verlegt werden – ein aufwändiges und teures Unterfangen. Fast drei Jahre dauerte das Genehmigungsver­fahren, dann gab das Luftamt Süd grünes Licht. 1993 war das – und parallel zur Flugplatzgenehmigung erfolgte die Gründung des LSV Geratshof. Drei Jahre nach der Gründung wurde eine große Flugzeughalle in Betrieb genommen, etwas später das Vereinsheim in gemütlicher Holzbauweise.

„Auflage der Behörden war, dass am Platz nur Segelflugzeuge und Motorsegler starten und landen dürfen“, erzählt Sepp Holzapfel rückblickend. Nicht so attraktiv für viele der damaligen „Penzinger“, die sich dem Motorflug verschrieben hatten. Trotzdem: Ein paar wechselten in den neuen Verein und so fanden sich insgesamt zehn Gründungsmitglieder.

Heute zählt der Verein rund 80 Mitglieder. Und das Interesse ist so groß, dass es für neue Flugschüler aktuell eine Warteliste gibt. Was macht diese Anziehungskraft aus? Da ist zum einen die Ausbildung auf hohem Niveau, die sich herumgesprochen hat. Zehn ehrenamtliche Fluglehrer bringen dem Fliegernachwuchs das Handwerk bei. Zum anderen spielt der top ausgestattete Flugzeugpark eine wichtige Rolle, so Holzapfel, der dem Verein seit Gründung vorsteht: „Unsere Flugzeugflotte ist eine der besten, die sich in Deutschland bei einem Verein unserer Größe finden lässt. Nicht nur Genussflieger, sondern auch ambitionierte Streckenpiloten kommen damit auf ihre Kosten.“ Ganz im Sinne des Vereinsmottos, das sich über all die Jahre nicht geändert hat: Möglichst viel und weit fliegen, darum geht es.

Dreimal um die Erde
Dass der LSV Geratshof diesem Anspruch gerecht wird, zeigt ein Blick auf die sportliche Ausbeute. Jährlich bis zu 5.000 Segelflugstarts- und Landungen, 3.000 Flugstunden am Himmel und 130.000 Streckenkilometer, was drei Erdumrundungen entspricht: Der LSV Geratshof ist sehr aktiv und spielt im deutschlandweiten Vergleich weit vorne mit. Die Lage zwischen Alpen und schwäbischer Alb bietet reizvolle Strecken in beide Richtungen. Für einen unvergesslichen Blick von oben, der dafür sorgt, dass die lautlose Fliegerei ein zeitlos schönes Hobby ist. 30 Jahre Jubiläum wollen natürlich gebührend gefeiert werden. Daher lädt der Verein alle Interessierten insbesondere aus den umliegenden Gemeinden zum Flugplatzfest ein, denn gute Nachbarschaft liegt den Geratshofern am Herzen. Am 14. und 15. Oktober ist einiges geboten: Wer die Gegend mal von oben betrachten will, hat per Gastflug die Gelegenheit dazu. Umliegende Vereine halten ebenfalls Überraschungen parat. Und natürlich ist den ganzen Tag über für Verpflegung gesorgt. Am Sonntag stehen außerdem ein Feldgottesdienst und ein Orgelkonzert auf dem Programm. Quelle: ‚Merkur.de‚.

Flieger-Nachwuchs über Landsberg

An seinen ersten Flug erinnert sich Henri Martin noch genau. 2020 war das, die Flugsaison begann wegen der Corona-Auflagen recht spät. Zum ersten Mal saß er im Segelflugzeug, den Fluglehrer im Rücken. „Schon der Start war spektakulär. Das Gefühl, wenn man nach oben gezogen wird. Die Aussicht von oben und die Freude daran, wendig in der Luft zu sein. Mir war eigentlich vorher schon klar, dass ich mit dem Segelfliegen starten will, aber nach diesem Flug war ich mir sicher“, blickt er zurück.

Inzwischen sind fast zwei Jahre vergangen und aus dem „Schnupperflieger“ von einst ist schon fast ein fertiger Pilot geworden. Die Theorieprüfung hat er schon in der Tasche und bis zur praktischen Prüfung ist es nicht mehr weit. Damit befindet sich der 21-Jährige in guter Gesellschaft: „Aktuell bilden wir 14 Flugschüler aus“, berichtet Sepp Holzapfel, Vorstand des Landsberger Segelflugvereins Geratshof. „Damit stellen sie etwa ein Viertel aller aktiven Mitglieder und sind eine wichtige Säule unseres Vereins. Die Jugendarbeit liegt uns sehr am Herzen.“

Ganze neun Fluglehrer kümmern sich um den fliegerischen Nachwuchs – ehrenamtlich in ihrer Freizeit. An den Wochenenden und Feiertagen wechseln sie sich am Flugplatz ab und während der Schulferien stellen viele ihren Urlaub in den Dienst der Gemeinschaft, um auch unter der Woche einen Flugbetrieb anbieten zu können.

Wie Henri Martin stammen auch die anderen Flugschüler aus dem Landsberger Einzugsgebiet. Darunter sind Jugendliche ab 14 Jahren, dem gesetzlichen Mindestalter – aber auch „Spätberufene“ über 50. Und wer erst einmal Feuer gefangen hat für sein Hobby, will auch nicht mehr allzu weit weg. Henri Martin jedenfalls pendelt für sein Maschinenbau-Studium nach Kempten. Für Simon Rost, ebenfalls Flugschüler, geht es unter der Woche zum Mathe-­Studium nach Augsburg. Generell, findet der 22-Jährige, ist die Fliegerei eine Sache der Prioritäten: „Es ist ja im Prinzip mit allem so: Wenn einem etwas wichtig genug ist, nimmt man sich die Zeit. Ich habe mit dem Segelfliegen später angefangen als andere, bei denen vielleicht schon Familienmitglieder fliegerisch aktiv waren. Es war also mein eigener Entschluss und entsprechend habe ich eine starke Motivation. Auf Prüfungsphasen nehme ich aber Rücksicht.“

Auch für ihn ist das Gefühl, durch die Luft zu schweben, etwas ganz Besonderes: „Es ist ein Freiheitsgefühl. Man hat so viel Übersicht. Alles nach unten ist klein und irrelevant. Und dann die Beschleunigung, die man spürt – andere zahlen Geld dafür, um in den Freizeitpark zu gehen.“

Normal fit reicht
Zwei Beispiele, die stellvertretend sind für viele junge Pilotinnen und Piloten. Was müssen Neueinsteiger denn mitbringen, um den beiden nacheifern zu können? „Praktisch jeder, der körperlich normal fit ist, kann das Segelfliegen lernen“, erklärt Sepp Holzapfel. „Wir nehmen uns viel Zeit für eine gründliche und sichere Ausbildung. Übrigens: Dank des ehrenamtlichen Engagements der Vereinsmitglieder ist das Hobby absolut erschwinglich.“

Die Ausbildung gliedert sich in mehrere Abschnitte. Los geht es im doppelsitzigen Flugzeug. Wer das grundlegende fliegerische Handwerkszeug sicher beherrscht, darf schließlich alleine fliegen. Im Sparring mit den Fluglehrern werden die Fähigkeiten dann Schritt für Schritt vertieft. Ein selbstständiger Flug über eine Distanz von 50 Kilometern bildet die letzte Hürde auf dem Weg zur Prüfung, bis man die begehrte Pilotenlizenz in den Händen hält.

„Wichtig sind auf jeden Fall der Spaß am Fliegen und dass man am Ball bleibt“, bringt Holzapfel die Anforderungen für eine erfolgreiche Ausbildung auf den Punkt. Henri Martin und Simon Rost pflichten ihm bei. Gefragt, was sie Interessenten mit auf den Weg geben würden, sind sie sich einig: „Regelmäßig zu fliegen, ist die halbe Miete. Dann macht man schnell Fortschritte – und das motiviert.“ Gerade die Camps während der Schulferien sind eine prima Gelegenheit zum Einstieg. Quelle: ‚Merkur‘.