Aussenlanden ist etwas Schönes!

Ein toller Plan. Münstertal und zurück.
Ein Thermiktag Ende August 2022. Schlepp zum Gufelstock, dann Pizol, Prättigau, Münstertal, mit Ziel Richtung Flims. Auf dem Hinweg südlich der Surselva war die Basis aber schon recht tief – aha, erste Anzeichen des prognostizierten Westwindes gegen Abend. Gut, dann halt zurück, für ein Kreislein am Parpaner Rothorn und dann Heimfliegen.

Schon beim Churer Calanda wird klar, der West hat hier die Oberhand. Zwar war dort ein Aufdrehen noch möglich, beim Weiterflug Richtung Pizol drückte es jedoch unweigerlich nach unten. So schnell, dass eine Querung an die Ostflanken der Bündner Herrschaft auch keine Option mehr darstellte. Wobei dies vielleicht als Hauptmerkmal sprechen dürfte, möchte man auf Fehlersuche gehen wollen.

Entscheid. Aussenlanden.
Auf Höhe Talstation Flumserberge war dann auch mit gestrecktem Hals klar, dass bei dem Sinken die Homebase unerreichbar ist. Nicht mal der Notnagel Kerenzerberg schien als Option in Reichweite.

Trotz nettem Versuch, doch noch den Hang unterhalb des Sichelchamms nach potenziellem Talwindsteigen abzugrasen, war es völlig klar, dass es eine der Landewiesen im Tal werden wird – DIE Wiese – wir kennen sie alle. Parallel zur Autobahn bei Walenstadt.

Ernst hilft auch bei der Vorbereitung.
Nochmals Ernst Willi’s Aussenlandebibel gezückt. Yes, Wiese passt, Vieh hat es auch keines. Höhe, Wind, Landerichtung. Fahrwerk raus und Gurten nachgezogen. Alles entspannt. Genug Höhe, um alles in aller Ruhe durchzugehen. Alles wie daheim. Approachbriefing, Abkreisraum, Gegen-Quer- und Endanflug. Speed passt, Hindernisse auf dem Radar, ausflaren, aufsetzen und dann: Roll, roll, roll, hopper, hopper, hopper. Klar ich wollte nicht komplett in der Mitte der Wiese sitzenbleiben, sondern wenn möglich rückholdienlich nahe der Nebenstrasse zum Stehen kommen. Aber dass es grad derart lange ausrollen würde, hätte ich auf der abgetrampelten Viehweide nicht erwartet. Zum Schluss dann doch noch in die Bremsen getreten und: „Jaha – erste Aussenlandung geglückt!“

Aussenlanden ist etwas Schönes!
Es war vorallem der Kitzel ausserhalb routinierter Volten bekannter Plätze zu landen. Wohl mit dem Rüstzeug eingefleischter Handlungsabläufe, doch die neue Umgebung mit ungewohnten Orientierungspunkten verlieh dem Manöver eine besondere Note. Ich durfte auf die Abholunterstützung mit meinem Auto von Andreas Eichholzer zählen. Anschliessend nochmals allein mit dem Hänger von Schänis zum Aussenlandeplatz. Den ganzen Plunder verladen und wieder heimfahren, war zwar ein etwas grösserer Aufwand, tat dem grossartigen Erlebnis aviatischen Bodenballetts jedoch keinen Abbruch.

No Landing is done until the Paperwork is Done.
Als ehrlicher und braver Schweizer Steuerzahler ging ich zum nächstgelegenen Bauernhof. Grüezi“. „Ich bin auf dieser Wiese dort aussen gelandet.“ „Ja, war es denn eine Notlandung?“ „Nein ich war zu tief. Dies ist eine Aussenlandewiese.“ „Sie wissen schon, dass das Gras doch immer noch sehr hoch ist!“ „Gehört denn die Wiese Ihnen?“ „Nein, dem nächsten Bauern da drüben.“ Ahaah, so läuft das. Nicht ihre Wiese aber mal grundsätzlich meckern. Ich werde bei der nächsten Steuerrechnung an die charmante Bäuerin denken.

Hier schliesst sich der Kreis
Beim wahren Landbesitzer war die Stimmung dann heiterer. Nachdem ich den Hofhund ohne grössere Fleischwunde passiert habe, begrüsste mich der Bauer mit einem Lächeln, ich sei der 12. Aussenlande-Pilot in dieser Saison. Ab nächster Woche sei dann aber Schluss, denn dann sind die Schafe zur Pflege der Aussenlandefläche dort. Beim Gang rund um’s Grundstück mit Blick zum Flugzeug schweift mein Hobbyimkerauge auf die Bienenkästen unter den Obstbäumen. „Oh, sie Imkern auch?“ „Nein, ich stelle nur den Platz zur Verfügung.“ „Der Imker kommt aus Tscherlach, dem Nachbardorf“ Moment mal. Unser ehemaliges SGL-Mitglied Ruedi Gysin imkert auch und wohnt in diesem Dorf. „Sie sagen jetzt aber nicht im Ernst, die Kästen hier gehören Ruedi Gysin?“ „Doch so ist es!“

Fazit
Aussenlanden macht Spass. Schon fast wie früher beim Modellsegelfliegen. Die Wiese, der Flieger und ich. Im Nachhinein betrachtet, wäre es sicher sinnvoll gewesen, gleich auf der Ostseite der Bündner Herrschaft heimwärts zu fliegen. Wobei mir viele Piloten sagten, dass sie an diesem Tag ihr Motörchen gezückt hätten um heimzukommen…
Das Abbauen meines «F-chens» (LS1-f) habe ich in Zeitraffer gefilmt und verlinke ich hier ebenfalls. Viel Spass. Euch allen viele schöne Streckenflüge und kommt mal DER Moment, wünsche ich euch kurze Entscheidungswege und genüssliche Aussenlandungen. Quelle: ‚Roger Näf / Flugplatz Schänis‘.

-> Video Landung.
-> Video Demontage.

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