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„Wenn ich hochging, war ich frei“

Johannes Rohde blickt auf eine 50 Jahre lange unfallfreie Karriere als Segelflieger zurück. Seinen letzten Flug machte der 85-Jährige vergangenes Jahr.

Ein wenig Wehmut schwingt mit, wenn Johannes Rohde aus Ziegenhain an den 26. Oktober des vergangenen Jahres denkt. Exakt um 17.05 Uhr landete der 85-Jährige das letzte Mal mit seinem Segelflugzeug LS8 auf dem Segelflugplatz in Ziegenhain. Nach 50 Jahren als aktiver Flieger.

Dabei war er eigentlich Reiter und musste den Reitsport umständehalber aufgeben. Kurz danach traf er seinen späteren Freund Heinrich Wiegand, der ihn einlud, mit zum Segelfliegen in Ziegenhain zu kommen. Die Weichen waren gestellt und Johannes Rohde war von diesem Zeitpunkt an leidenschaftlicher Segler.

Rohde besuchte zunächst ab September 1974 die „Jugendausbildungsstelle der Luftsportjugend“ in Hirzenhain und nach seinem ersten begleiteten, relativ abrupten Start war er überzeugt, dass er diese Kunst nie lernen würde. Gleichzeitig wurde er Mitglied in der Flugsportvereinigung Schwalm.

Erster Flug nach Calden

Nach erfolgreich abgeschlossener theoretischer und praktischer Prüfung machte Johannes Rohde 1979 seinen ersten 50 Kilometer langen Überlandflug nach Kassel-Calden. Erstmals sei er losgelöst vom heimischen Flugplatz gewesen, erinnert er sich immer noch stolz.

„Ein Segelflug-Schüler fliegt vom ersten Tag an, selbstverständlich stets in Begleitung eines erfahrenen Fluglehrers“, weiß Johannes Rohde, „und der Schüler muss, neben einer theoretischen und praktischen Prüfung, zwischen 50 und 60 Starts nachweisen, bevor er das erste Mal allein fliegen darf.“

Ritual für Prüfung

In diesem Zusammenhang schildert Rohde ein besonderes Ritual, das den Prüfling nach erfolgreicher Prüfung ereilt: Von sämtlichen Anwesenden erhält dieser einen Klaps auf den Po, um ihm für alle Zukunft ein besseres Thermik-Gefühl mit auf den Weg zu geben.

Gleichzeitig bekommt er einen Distelstrauch überreicht, den er fest in den Händen halten muss. So ist er, sagt das Ritual, gewappnet für alle Unwägbarkeiten in der Luft. Kein Wunder also, dass Rohde 1995 zum 35. Hessentag in Schwalmstadt auch das Steuer des 60 Meter langen FFH-Zeppelins übernahm.

„Fliegen fand häufig an den Wochenenden statt“, erinnert sich Johannes Rohde, der von 1967 bis 2002 eine Pfarrstelle in Zella und Loshausen hatte und ergänzt, dass er einmal noch im schwarzen Anzug von einer Predigt auf den Flugplatz fuhr, um einen Flug über die Schwalm anzutreten.

Hierbei genoss er insbesondere das Dahingleiten und das Abwerfen jeglicher Sorgen. „Wenn ich hochging, war ich frei“, stellt er mit verschmitztem Lächeln fest. Gern erinnert er sich an die Duette mit verschiedenen Greifvögeln, denen er folgte, um die passende Thermik zu erwischen und war doch froh, dass ihm auch die Technik an Bord dabei half.

Sein wahrhaft heißester Flug führte ihn 2020 bei hervorragender Thermik, aber Bodentemperaturen von mehr als 40 Grad, über Korbach, Gießen und den Hoherodskopf zurück nach Ziegenhain. „Während die anderen wegen der Hitze am Boden stöhnten, genoss ich beim Aufsteigen die kühler werdenden Temperaturen mit Blick auf eine wunderbare Welt, in der alles abfällt“, so Rohde.

Johannes Rohde war aber nicht nur aktiver Flieger, sondern übernahm ab 1983 für 26 Jahre auch den Vorsitz des FSV. Seit dem 26. Oktober 2024 hat er den Steuerknüppel aus der Hand gelegt und blickt zurück auf eine überaus erfolgreiche und unfallfreie Zeit als Segelflieger.

Fit sei er immer noch, das bestätigte ihm auch das Tauglichkeitszeugnis des Fliegerarztes. Aber genug sei genug, so Rohde, der neben der Fliegerei auch noch zeichnet und aktiv im Verein die Tuba spielt.

Dem FSV Schwalm wird er immer treu bleiben und in die Luft gehen wird er auch wieder. Wenn im kommenden April die Flugsaison beginnt, wird er erneut in einen Segler steigen, diesmal allerdings als „Bei-Flieger“. Quelle: ‚hna.de‚.

Die ganz hohe Kunst

Bei der 22. Kunstflugwoche in Ziegenhain vollführten über 20 Piloten ihre Figuren in atemberaubender Höhe. Wiebke Althoff schlägt mit ihrem Segelflugzeug „Hessen-Fox“ einen Looping, vollführt Rollen, und steht plötzlich senkrecht in der Luft, bevor es einen Überschlag nach hinten macht. Althoff ist eine von 23 Pilotinnen und Piloten, die an der 22. Kunstflugwoche in Ziegenhain teilnehmen. Eine Woche lang kreisen die Segelflugzeuge über dem Flugplatz „der Ring“. Ausgerichtet wird die Kunstflugwoche von der Flugsportvereinigung Schwalm (FSV).

„Das war ein Weibchen!“, ruft Martin Schmerer, der die Bezeichnung jeder Figur kennt, die Althoff mit dem Flugzeug aufführt. „Männchen“ hieße die Figur, wenn das Flugzeug nach vorne abkippt, ergänzt er. Schmerer ist Lehrgangsleiter des FSV und Hauptorganisator die Kunstflugwoche. Zu der kommen sowohl Beginner, die ihre Kunstflugberechtigung machen wollen, als auch erfahrene Kunstflieger, die für Wettkämpfe trainieren möchten, erklärt Schmerer.

Von den Beginnern, auch „Grundschüler“ genannt, seien in diesem Jahr acht nach Ziegenhain gereist. Außerdem zögen 15 erfahrene „Weiterbilder“ ihre kunstvollen Bahnen in den Schwälmer Lüften. Davon würden sich vier Piloten auf die nächste Kunstflug-Weltmeisterschaft vorbereiten, sagt Schmerer. Obwohl es im vergangenen Jahr vier Teilnehmer mehr gab, bemerke Schmerer kein nachlassendes Interesse am Kunstsegel-Sport. Auch von Nachwuchsproblemen könne er beim FSV nicht sprechen. „Was ich eher feststelle, ist, dass das Interesse am Ehrenamt nachlässt“, sagt er. Deshalb sei er umso dankbarer für die helfenden Hände bei der Kunstflugwoche: egal ob in der Küche oder auf dem Flugplatz. Einige Helfer würden sich sogar für die gesamte Woche Urlaub nehmen.

Die Piloten, die bei der Kunstflugwoche fliegen, kommen laut Schmerer in diesem Jahr aus ganz Deutschland und aus den Niederlanden. „Die Kunstflugwoche ist international bekannt“, sagt er. Wenn er die Teilnehmer begrüßt, stelle er immer gleich klar was sein Ziel für die Woche ist: Keine Unfälle und keine Verletzten. Am gefährlichsten seien gar nicht die Figuren und Manöver, die in 1000 Meter Höhe vollführt werden, sondern Start und Landung. Das erfordere vollste Konzentration. In die Luft kommen die Segelflieger, die keinen eigenen Antrieb haben, mit motorisierten „Schlepp-Flugzeugen“. Die ziehen die Kunstflieger in die Höhe. Die Segelflugzeuge manövrieren dann alleine mit ihrer Aerodynamik, erklärt Schmerer. Eine Zuschauertribüne gibt es auf dem Ziegenhainer Flugplatz nicht. Einen guten Blick habe man vom Damm neben dem Platz, sagt Schmerer. Dort sei man nah am Geschehen und könne die Kunstflieger bestaunen. Quelle: ‚HNA‚.