Für viele Menschen ist es unvorstellbar, dass man ohne Antrieb viele hundert Kilometer weit, teilweise über 8 oder gar 10 Stunden lang und je nach Wetter auch weit über 3000m hoch fliegen kann. An Ausnahmetagen noch viel höher. Was nicht geht, ist einfach irgendwo hinzufliegen. Das Wetter und vor allem die Thermik muss passen – und vor allem richtig eingeschätzt werden. Und das ist genau die Schwierigkeit. Die Tage zu erkennen, an denen das Wetter gut genug ist, um Segelfliegen zu können. Und aus diesen Tagen dann auch noch diejenigen herauszufinden, an denen man große Strecken fliegen kann und an Orte kommen kann, an die man nur selten kommt. Jede Landschaft hat ihre eigenen thermischen Eigenschaften. Üblicherweise sind Schwarzwald, Alb, Bayrischer Wald, Jura, Vogesen sehr aktiv. Kraichgau, Rheinebene und Schweizer Mittelland (zwischen Jura und Alpen) sind dagegen oft eher mühsam, weil sie schwächere Thermik entwickeln und die fliegbare Höhe auch meist niedriger ist.
Aber dann gibt es da diese Tage, wo plötzlich überall gutes Wetter ist. Wo es möglich ist, selbst durch die schlechten Gebiete problemlos durchzukommen. Und genau ein solcher Tag war am vergangenen Freitag. Holger Leicht wagte den Versuch, in die Alpen zu kommen. Mit sehr frühem Thermikbeginn im Schwarzwald war der Weg in den Schweizer Jura problemlos möglich. Direkt unter dem Luftraum des Flughafen Zürich durch und obwohl südlich Basel die Höhe durch den Flughafen Basel limitiert ist, war es möglich mit einer Freigabe die nötige Höhe zu bekommen, um weiter Richtung Alpen loszufliegen. Die höheren Berge lagen zu diesem Zeitpunkt noch in Wolken, was einen Weiterflug entgegen der Vorhersage fraglich machte. Doch mit jedem Meter weiter in Richtung der höheren Gipfel, stieg die „Wolkenbasis“ (die Obergrenze der Thermik) weiter an. Entlang dem Thuner See, bis sich schließlich das Rhonetal mit seiner Mündung in den Genfer See zeigte und ein Weiterflug in Richtung des höchsten Berges Europas, dem Mont Blanc, möglich war.
Die Landschaft in dieser Gegend ist für „Flachlandflieger“ beeindruckend. Mit jedem Kilometer werden die Felswände steiler und zerklüfteter. Gletscher tauchen auf. Und dann irgendwann der majestätische Mont Blanc. Bei einer Flughöhe bis 3.500m (höher ging an diesem Tag die Thermik und die Wolkenuntergrenze nicht) kommt man sich dort niedrig und klein vor, wenn die Felsen noch mehr als 1000m weiter in die Höhe ragen. Der höchste Gipfel ist selten frei von Wolken. Darüber zu fliegen ist so gut wie nie möglich. Eindrücke, die man nicht mehr vergisst. Nicht nur, weil die Landschaft so faszinierend ist, sondern auch weil es so selten möglich ist, im Segelflug aus dem Stuttgarter Raum dort hinzugelangen – und vor allem auch wieder zurück, was meist noch herausfordernder ist. Und genau das ist es, was den Segelflug so einzigartig macht. Das Einschätzen des Wetters und der Thermik. Das Erleben der Natur in Form von Aufwinden (und auch Abwinden). Das Erleben von verschiedenen Landschaften, Mittelgebirgen und den Alpen an einem einzigen Tag. Quelle: ‚SFC Malmsheim‚.
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