Zu steiler Anfangs-Steigflug

(…) um 16:39 Uhr startete der Schleppverband auf der Piste 09 zum zweiten Luftfahrzeugschlepp. Laut dem Segelflugzeugführer war der Schleppverband dabei auch ohne Probleme über das am östlichen Platzende liegende Wäldchen hinweg gestiegen. Über den Bäumen hätte das Segelflugzeug eine Geschwindigkeit von ca. 110 km/h gehabt, als das Schleppflugzeug für ihn unerwartet nach links kurvte, obwohl der vorherige Schlepp einer Rechtsplatzrunde gefolgt war. Der Segelflugzeugführer sei der Linkskurve zunächst in nördliche Richtung gefolgt. Entgegen dem erwarteten Ausleiten in den Geradeausflug sei das Schleppflugzeug weiter über die linke Tragfläche und nach vorne abgekippt. Daraufhin habe er das Schleppseil ausgeklinkt und das Segelflugzeug nach ca. 2 min Flugzeit, um 16:41 Uhr, wieder auf dem Flugplatzgelände querab der Graspiste in Richtung Süden gelandet.

Nach Aussagen von Zeugen am Flugplatz war der Start des Schleppverbandes ohne Auffälligkeiten verlaufen, bis zu dem Zeitpunkt, als das Schleppflugzeug nach links in Richtung Norden abdrehte und ganz kurz einen „Schlenker“ nach links machte, dem der Segelflieger anfangs folgte.

Als das Schleppflugzeug plötzlich mit großer Querneigung in einem „sichelförmigen Bogen“ steil nach unten ging, habe der Segelflieger das Schleppseil ausgeklinkt und das Schleppflugzeug sei hinter Bäumen verschwunden. Die Rekonstruktion der Flugdatenaufzeichnungen zeigte, dass das Segelflugzeug mit ca. 60 km/h abhob. Nach ca. 50 s Anrollen hob das Schleppflugzeug bei ca. 110 km/h über Grund ab und ging in einen konstanten Steigflug bis auf ca. 50 m über Grund über. Dabei nahm die Geschwindigkeit innerhalb von ca. 10 s auf ungefähr 100 km/h ab und das Schleppflugzeug begann von der Abfluggrundlinie nach links abzuweichen. Nach weiteren ca. 5 s ohne merkliche Geschwindigkeitszunahme kippte das Schleppflugzeug weiter über die linke Fläche ab, ging in einen starken Sinkflug über und prallte nach etwa 1 min Flugzeit um 16:40 Uhr auf den Boden.

Aus den aufgezeichneten Daten ergibt sich, dass das Schleppflugzeug bei einer Geschwindigkeit über Grund von ca. 100-110 km/h abhob. Unter Berücksichtigung der sich aus der Windrichtung und -stärke ergebenden Gegenwindkomponente lag die Fluggeschwindigkeit somit bei ca. 108-118 km/h. Während des Steigfluges verringerte sich die Geschwindigkeit weiter bis in den Bereich der Überziehgeschwindigkeit. Die maximal zulässige bzw. akzeptable Geschwindigkeit für das Segelflugzeug und die minimale Schleppfluggeschwindigkeit des Flugzeuges bestimmen den Fluggeschwindigkeitsbereich eines Schleppzuges. Im vorliegenden Fall lag die minimale Geschwindigkeit für das Schleppflugzeug bei 110 km/h und die maximal zulässige Geschwindigkeit für das Segelflugzeug bei 130 km/h. Der in der Praxis mit der K8B übliche Wert lag laut Pilotenangaben bei 110-120 km/h. Um dieses Geschwindigkeits-Fenster einzuhalten, muss der Schleppflugzeugführer mit großem Anstellwinkel nahe der unteren Grenze des normalen Geschwindigkeitsbereichs fliegen. Dies verlangt ein hohes Maß an Konzentration und Präzision bei der Überwachung der Flugparameter und der Steuerung des Flugzeuges. Eine weitere Vergrößerung des Anstellwinkels oder eine zusätzlich die Überziehgeschwindigkeit erhöhende Querlage können zum Strömungsabriss führen. Im vorliegenden Fall begann das Flugzeug ab 16:39:41 Uhr in ca. 50 m Flughöhe eine linke Querneigung einzunehmen, die sich im Verlauf der 8 s bis zum Ende der Aufzeichnungen immer weiter erhöhte. Die rechnerische Rekonstruktion von Kurvenradius, Geschwindigkeit und Querlage des Flugzeuges ergab eine zunehmende Querneigung von ca. 40° bis auf ca. 52°. In dieser Fluglage war ein Ausleiten der unkontrollierten Fluglage aufgrund der geringen Höhe nicht mehr möglich.

Die Flugdaten zeigten einen unauffälligen Flugverlauf des Segelflugzeuges. Bis um 16:39:45 Uhr folgte es der Kursänderung des Schleppflugzeuges. Danach flog das Segelflugzeug weiter in nördliche Richtung, stieg bis auf ca. 65 m über Grund und kehrte in einer Linkskurve zum Flugplatz zurück, wo es um 16:40:33 Uhr landete.

Schlussfolgerungen
Der Unfall ist darauf zurückzuführen, dass das Schleppflugzeug im Anfangssteigflug in den überzogenen Flugzustand geriet, daraufhin über die linke Tragfläche abkippte und auf den Boden prallte.

Zu dem Unfall haben beigetragen:

  • Eine zu geringe Fluggeschwindigkeit in Kombination mit hoher Querneigung in
    geringer Flughöhe
  • Eine möglicherweise zu geringe Erfahrung im Luftfahrzeugschlepp

Quelle / vollständiger Bericht: ‘BFU, Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung‘.

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