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Sind Elektroflugzeuge die Lösung?

Auch in der Luftfahrt steht die Verkehrswende an. Klimaneutral fliegen ist das Ziel. Ein Start-up aus München entwickelt ein elektrisches Kurzstreckenflugzeug. Schon Ende des Jahrzehnts soll es abheben. Vision oder Illusion? Neun Passagiere, zwei Elektromotoren, 500 Kilometer Reichweite, null Kerosin. Wenn das, woran Ivor van Dartel und seine Kollegen im Start-up Vaeridion arbeiten, Wirklichkeit wird, würde für die Regionalmobilität in Deutschland vermutlich ein neues Kapitel beginnen: »Meistens ist es so, dass Innovation sich von Klein nach Groß entfaltet und nicht andersrum.«

Van Dartel hat schon als Teenager in Segelfliegern gesessen. Er hat Luft- und Raumfahrttechnik studiert und mehr als zehn Jahre als Ingenieur bei Airbus gearbeitet. Dann kündigen er und sein Mitgründer Sebastian Seemann ihre sicheren Jobs und machen sich selbstständig. Mit ihrem batteriebetriebenen E-Flieger, dem »Microliner« wollen sie die Luftfahrt nachhaltiger machen: »Unser Ziel ist, das in diesem Jahrzehnt in den Markt zu bringen. Unsere Branche steht bereits jetzt schon unter hohem Druck. Wir können nicht erst 2050 mit Lösungen bereitstehen. Dabei hat sich die Luftfahrtbranche selbst das ehrgeizigste Ziel gesetzt: Bis 2050 will man klimaneutral sein. Können Elektroantriebe dabei Teil der Lösung sein? Was ist mit Batteriekapazitäten? Wie sieht es mit der Ladeinfrastruktur aus? Und nicht zuletzt: Ist nicht die Bahn gerade auf den kürzeren Strecken innerhalb von Deutschland das geeignetere Verkehrsmittel der Wahl? Davon erzählt van Dartel in dieser Podcast-Folge: »Unsere Technik hat auch ihre systemischen Grenzen. Wir werden jetzt nicht kurzfristig mit Batterien über den Atlantik fliegen, zum Beispiel. Wir sind uns ganz bewusst, dass es sich vorläufig um Kurzstreckenflüge handelt. Aber ich glaube, das, was wir vorhaben, ist sehr wohl möglich in diesem Jahrzehnt. Quelle: ‚Der Spiegel‚.

Vor 40 Jahren: Der erste Solarflug

2016 gelang, begleitet von enormem Medienrummel, die erste Weltumrundung per Solarflugzeug. Vergessen wird dabei oft die Pioniertat, die dem vorausging: Am 7. Juli 1981 hatte erstmals ein nur mit Sonnenkraft betriebener Flieger den Ärmelkanal überquert. Juli 2016, kurz nach Mitternacht, der Flughafen von Abu Dhabi. Pilot Bertrand Piccard hat seinen Flieger behutsam aufgesetzt, dann bricht es aus ihm heraus – „We made it!“ Der Grund für die Euphorie: Piccards Team hat die erste Weltumrundung mit einem Flugzeug geschafft, das allein durch Solarenergie angetrieben wird – der „Solar Impulse 2“. Ein globales Medienereignis, sogar UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon gratuliert. Er sei inspiriert von diesem „Pioniergeist“

Doch die „Solar Impulse 2“ war nicht das erste Solarflugzeug, das einen Rekord aufstellte. Am 7. Juli 1981 glückte einem deutlich kleineren und primitiveren Solarflieger der Sprung über den Ärmelkanal – dem „Solar Challenger“, entwickelt vom US-amerikanischen Tüftler Paul MacCready. Angefangen allerdings hatte er mit einem anderen Typ von Luftgefährt, sagte er in einem Interview der Stiftung „Academy of Achievement“: „Seit Leonardo da Vinci gab es ein Interesse an einem Fluggerät, das mit Muskelkraft betrieben wird.“

Nur mit Muskelkraft fliegen
In den Siebzigerjahren hatte MacCready ultraleichte Flieger konstruiert, die mit reiner Muskelkraft abheben und fliegen konnten. Die Piloten saßen auf einer Art Fahrrad und mussten, um sich in der Luft zu halten, gehörig in die Pedale treten. Im August 1977 gelang ein erster Erfolg – der muskelbetriebene Flug über eine Strecke von einer Meile: „wir bekamen eine Vorhersage für passendes Wetter und informierten den offiziellen Beobachter. Und der Flug gelang, wenn auch nur knapp.“

Beeindruckt von diesem Coup schrieb der englische Industrielle Henry Kremer einen Preis aus: 100.000 britische Pfund für das Team, das als erstes den Ärmelkanal per Muskelkraft überfliegt. Paul MacCready machte sich an die Arbeit, konstruierte ein verbessertes Fluggerät und wagte im Juni 1979 den Sprung über den Kanal. „Es war ein fast dreistündiger Flug, eigentlich unmöglich, so lange durchzuhalten. Doch am Ende hat es der Pilot geschafft.“

Solarzellen waren teuer und unergiebig
Mit dem Preisgeld konnte MacCready sein nächstes, nicht weniger ehrgeiziges Projekt angehen – das erste Luftgefährt, das mit Solarkraft abhebt. Dazu bestückte er einen seiner Ultraleichtflieger mit einem Elektromotor und den damals noch teuren und exotischen Solarzellen. MacCready: „Die Zellen lieferten nur wenig Strom, 400 Watt oder so. Deshalb musste der Pilot sehr leicht sein, also setzten wir meinen Sohn Marshall ein. Er war damals erst 13 und wog nur 36 Kilogramm. Und er schaffte den ersten Flug, bei dem ein Mensch mit der Kraft der Sonnenstrahlen aufstieg.“

Ein elegantes Flugzeug
Nur: Für das eigentliche Ziel, den Flug über den Ärmelkanal, war der Solarantrieb dieses ersten Prototyps zu schwach. Also musste MacCready eine verbesserte Variante konstruieren, den „Solar Challenger“. Er hatte deutlich mehr Solarzellen an Bord, seine Tragflächen waren damit nahezu komplett ausgekleidet: „Der Solar Challenger war ein elegantes Flugzeug: 15 Meter Spannweite, 100 Kilogramm schwer. Die Solarzellen leisteten 1500 Watt – gerade genug, um vom Boden abzuheben. Doch je höher er kam, umso stärker schien die Sonne, und er konnte immer besser fliegen.“

Lautlos hob der Flieger ab
Am 7. Juli 1981, nach Wochen des Wartens auf gutes Wetter und einigen vergeblichen Anläufen, war es so weit. Auf einem Flugplatz nahe Paris startete Pilot Stephen Ptacek vor einer kleinen Schar von Schaulustigen die beiden Elektromotoren. Dann hob der „Solar Challenger“ lautlos Richtung Westen ab. MacCready war am Ziel: „Er schaffte den Flug von Paris zum Luftwaffenstützpunkt Manston in Südengland, also eine Strecke von 260 Kilometern bei einer Flughöhe von gut drei Kilometern. Die meiste Zeit war er mit einer Geschwindigkeit von 65 Kilometern pro Stunde unterwegs. Er hatte seine Aufgabe erfüllt, danach wurde er auf Ausstellungen gezeigt und landete schließlich im Museum.“

Dass Solarflugzeuge irgendwann als Passagiermaschinen dienen könnten – daran hatte MacCready nie gedacht, dazu reicht die Leistung der Solarzellen schlicht nicht. Stattdessen sah er das Projekt als Werbung für eine damals noch junge Art der Energieerzeugung – die Solarenergie. Dennoch wird nach wie vor an der Solarluftfahrt geforscht und entwickelt – allerdings in unbemannter Form, ohne Crew und ohne Passagiere. Die Vision: Solardrohnen sollen monatelang in großen Höhen kreisen und dabei Grenzen überwachen, Waldbrände und Ölteppiche aufspüren oder Internetsignale vermitteln – gedacht als eine kostengünstige Alternative für Satelliten. Quelle: ‚Deutschlandfunk‚.

Im Solarflugzeug Richtung Weltall

«Solarstratos» heisst das Luftfahrtprojekt in Richtung All. Erfolgen soll der Flug mit Sonnenenergie und damit zum ersten bemannten Solarflug der Geschichte werden, der in die Stratosphäre hinaufführt. Das andere bekannte Schweizer Solarflugzeug, die «Solar Impulse», mit der Bertrand Piccard und André Borschberg um die Welt reisten, erreichte «bloss» eine Maximalhöhe von 9420 Metern. Dank ihrem Elektroantrieb kann die «Solarstratos» in Höhen steigen, die kerosinbetriebene Maschinen nicht erreichen. Ihnen fehlt in solchen Höhen schlicht der Sauerstoff für den Verbrennungsprozess. Dennoch ist die Reise alles andere als ein Kinderspiel. Das Flugzeug ist auf das Minimum reduziert. Nebst dem Piloten und dem Co-Piloten umfasst es eigentlich nur Elektromotor, Propeller und die Flügel mit Photovoltaikzellen, die die Batterien im Cockpit speisen. Je höher es geht, desto schwieriger wird es für Mensch und Maschine. Der Druck steigt und je weiter es nach oben geht, desto geringer wird der Auftrieb. Daher muss das Flugzeug schneller als in tieferen Luftschichten fliegen, um überhaupt in der Luft zu bleiben. Die höhere Geschwindigkeit und die äusseren Bedingungen bringen die Materialien an den Anschlag. Die Gefahr besteht, dass die Flügel brechen. Bei «Solarstratos» geht es für Domjan aber um mehr als um die Auslotung des Machbaren. Der Abenteurer will nichts weniger als die Welt verändern und zeigen, dass man mit Solarenergie klimaneutral leben kann. «Ich bin ein Klimaaktivist», sagt Domjan. «Das ist mein Lebensinhalt. Ich will aber nicht streiken und jemandem sagen, was er nicht tun darf. Sondern ich will beweisen, dass man mit Technik die Welt verändern kann.» Das Unterfangen erinnert an die griechische Sage von Dädalus und Ikarus. Der Höhenflug von Ikarus endete tragisch. Da er nach der Sage der Sonne zu nahe kam, begann das Wachs, das die Federn an seinen künstlichen Flügeln zusammenhielt, zu schmelzen, und Ikarus stürzte in den Tod. «Werden wir uns auch die Flügel verbrennen?», fragt der Chefingenieur Roland Loos und meint gleichzeitig: «Unsere Berechnungen zeigen, dass der Flug möglich sein wird.» Eine absolute Erfolgsgarantie hätten sie zwar nicht, aber das sei ja gerade das Spannende daran. Natürlich gehe es darum, aus der Flugmaschine alles herauszuholen. Mehr Informationen finden Sie im Originalbericht der ‚NZZ, Neue Zürcher Zeitung‚.