Pisten in Gegenrichtung benutzt: Gefährliche Annäherung.

Verlauf
Um 09:20 Uhr befand sich das Flugzeug Pilatus PC-6, bekannt als Pilatus (Turbo) Porter und eingetragen als HB-FKP, im Steigflug unterwegs in die Absetzzone über dem Flugplatz Biel-Kappelen. Zeitgleich bereitete sich der Pilot des vierplätzigen Motorflugzeuges F172N, eingetragen als HB-CNQ, für den Start auf der Piste 23 vor. Die HB-FKP beendete um 09:24 Uhr das Absetzmanöver der Fallschirmspringer über dem Flugplatz auf einer Höhe von knapp 14 000 ft über dem mittleren Meeresspiegel (Above Mean Sea Level – AMSL) und leitete unmittelbar danach in südwestlicher Flugrichtung einen steilen Sinkflug ein (vgl. Abbildung 1). Ungefähr um 09:26 Uhr befand sich die HB-FKP auf einer Höhe von 5000 ft AMSL und rund 3 NM südwestlich des Flugplatzes und drehte in den Queranflug der Piste 05 ein, während der Pilot der HB-CQN den Startlauf auf der Piste 23 begann. In der Zwischenzeit bereitete sich ein weiterer Pilot am Rollhaltepunkt für den Start auf der Piste 23 vor. Die HB-FKP drehte anschliessend links in einen S-förmigen Endanflug auf die Piste 05 und befand sich um 09:27 in entgegengesetzter Richtung zur soeben gestarteten Cessna, die dem auf Sichtanflug-Karte (Visual Approach Chart – VAC) publizierten Abflugverfahren der Piste 23 folgte. Um 09:27:11 Uhr betrug der geringste vertikale Abstand zwischen den beiden Flugzeugen etwa 300 ft, als die HB-FKP im Endanflug die im Steigflug befindliche HB-CQN in einer Höhe von rund 900 ft über Grund überflog.

Feststellungen
Die Blindübermittlungen auf der Funkfrequenz (123.155 MHz) des Flugplatzes Biel-Kappelen (LSZP) werden nicht aufgezeichnet. Die Piloten gaben an, die fliegerischen Absichten und benutzten Pistenrichtungen am Funk bekannt gegeben zu haben. Die mit dem schweren Vorfall einhergehende Gefährdung wurde von den Piloten der beiden involvierten Flugzeuge unterschiedlich wahrgenommen: Der Pilot der HB-FKP gab an, die auf der Piste 23 gestartete Cessna gesehen zu haben und schätzte das Risiko einer Kollision als inexistent ein. Demgegenüber gab der Pilot der HB-CNQ an, eine Kollision nur mit einer raschen und energischen Höhensteuereingabe abgewendet zu haben. Die HB-CNQ hatte einen eingeschalteten Transponder, jedoch keinerlei Kollisions-Warngeräte an Bord. Das Flarm an Bord der HB-FKP war ein Verkehrsinformations- und Kollisionsvermeidungssystem für die allgemeine Luftfahrt, welches das Signal des Mode-S-Transponders der Cessna HB-CNQ nicht empfangen konnte.

Analyse
Die Nutzung entgegengesetzter Pistenrichtungen auf einem unkontrollierten Flugplatz wie Biel-Kappelen erfordert eine gewissenhafte und permanente Luftraum-Überwachung sowie ein präzises Absetzen von Blindübermittlungen am Funk. In manchen Fällen ist auch eine Koordination unter den Piloten erforderlich, um gefährliche Annäherungen zu vermeiden. Inwiefern die Luftraumüberwachung der beiden Piloten im vorliegenden Fall genügend war, kann nicht beurteilt werden. Trotz fehlender Aufzeichnungen legt die Entstehung des vorliegend untersuchten schweren Vorfalls nahe, dass die Koordination unter den beiden Piloten nicht zweckmässig war. Der vorliegende Fall verdeutlicht einmal mehr, dass Kollisionswarngeräte den Piloten in der Luftraumüberwachung unterstützen und somit ein wertvolles Sicherheitsnetz darstellen. Von einer angemessenen Reaktion der beiden Piloten ausgehend, darf geschlossen werden, dass bei einer frühzeitigen Ausgabe durch ein kompatibles Kollisionswarngerät an Bord der beiden Flugzeuge die gefährliche Annäherung hätte vermieden werden können. Verschiedene, nicht für alle Verkehrsteilnehmer bekannte An- bzw. Abflugverfahren, die zeitgleich angewendet werden, erhöhen überdies das Risiko einer gefährlichen Annäherung im gemeinsam genutzten Luftraum.

Schlussfolgerungen
Der schwere Vorfall (Airprox), bei dem es zwischen einem auf Piste 23 startenden Motorflugzeug und einem auf Piste 05 anfliegenden Absetzflugzeug zu einer gefährlichen Annäherung rund 1 NM südwestliches des Flugplatzes kam, ist darauf zurückzuführen, dass die Piloten der beiden Flugzeuge für den Abflug bzw. Anflug entgegengesetzte Pistenrichtungen benutzten. Dabei haben folgende Faktoren zur Entstehung des schweren Vorfalls beigetragen:

  • eine nicht zweckmässige Koordination unter den beiden Piloten;
  • ein fehlendes Kollisionswarngerät an Bord des startenden Flugzeuges;
  • möglicherweise eine mangelnde Luftraumüberwachung

Mit Blick auf diese Ergebnisse kommt die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle zum Schluss, dass bezüglich des vorliegend untersuchten schweren Vorfalls keine weiteren Ergebnisse zu erwarten sind, die für die Verhütung eines solchen Zwischenfalls zweckdienlich wären. Quelle/vollständiger Untersuchungsbericht: ‚SUST‚.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert