Es war eine Herzensangelegenheit des Glasflügelfördervereins und des heutigen Muster-Betreuers der Flugzeuge von Hänle der Firma Streifeneder in Grabenstetten, den vielen ehemaligen Mitarbeitern vieler Glasflügelfreunde sowie den Familienangehörigen von Eugen Hänle an diesem Tag innezuhalten und seinem Vermächtnis zu gedenken.
Begonnen hatte der Tag am Flugplatz Saulgau nahe der ehemaligen Liegenschaften von Eugen Hänles Firma Glasflügel der früheren Endmontagehalle, dem Zubringerrollweg und der maßgeblich von Glasflügel initiierten Betonpiste des Flugplatzes. Die Geschichte von Glasflügel gibt es in Saulgau zum Anfassen. Ein Gedenkstein an den tragischen tödlichen Unfall von Eugen Hänle am 21.09.1975, die dahinter aufgebaute Std. Libelle S4, dem damaligen Vorführflugzeug von Glasflügel hatte bei der folgenden Gedenkfeier sicher auch einige der anwesenden Glasflügel Freunde zu Tränen gerührt, als die Erinnerungen vorüberzogen.
Hans-Peter Mayer nahm die vielen Anwesenden, darunter ehemalige Mitarbeiter von Glasflügel und auch Familienangehörige von Eugen Hänle, mit auf eine Zeitreise durch sein Leben. Die Geschichte, wie aus einem Schlosserlehrling ein weitsichtiger, innovativer Unternehmer und Firmengründer wurde, nötigt auch heute noch den größten Respekt ab. Es wurden die epochalen Innovationen der Faserverbundbauweise mit GFK, die Eugen Hänle später industrialisierte, gewürdigt. Genannt wurde das von Hänle und Hütter entwickelte Strangziehen von Rovings, die Allfiberglasbauweise von filigranen GFK-Bauteilen sowie die lasteffiziente Rovingumschlaufungen an Holm-Stummelenden der Tragflügel, der kunstvolle, innenliegende Seitenruderantrieb, der böensichere Parallelogramm -Steuerknüppel oder die vollautomatischen Ruderanschlüsse, die ergonomischen Sicherheitscockpits. Die wesentlichen Glasflügel-Innovationen dieser Zeit finden sich oft nur wenig abgewandelt bis heute noch in nahezu allen Segelflugzeugen aller Hersteller. H.-P. Mayer schilderte, wie Eugen Hänle die Wünsche seiner Kundschaft mit innovativen Produkten traf und dann in einer Serienproduktion bzw. Manufaktur-Fertigung umgesetzt hat. Die Rennlibelle H 301 sowie die BS1 und auch die 10 gebauten Glasflügel 604 seien besonders genannt.
Der erstmalige Großserienbau von GFK Segelflugzeugen gelingt Glasflügel mit der Verlagerung von Fertigungstiefe zu Lieferanten u.a. nach Frankreich und einem späteren Fertigungsverbund zwischen dem Stammwerk in Schlattstall sowie dem Werk in Saulgau. Eugen Hänle war damals, nach heutigen Gesichtspunkten der Fertigungstechnik gemessen, ein Vorreiter einer schlanken und flexiblen Produktion. So war es Glasflügel gelungen die damals hohen Auftragsbestände mit erträglichen Auslieferzeiten für die Kunden abzuarbeiten.
Persönlich wurden die Ausführungen von H.-P. Mayer, als er die Tage kurz vor dem tragischen tödlichen Unfall von Eugen Hänle mit seinen eigenen Jugenderinnerungen verwob. So hätte die Auslieferung der ersten beiden Hornets aus der Serien-Produktion am 20.09.1975 für ausgelassene Stimmung bei Eugen Hänle sorgen können, was erkennbar nicht der Fall war. Hingegen erschien Eugen Hänle am Unglückstag, dem 21.09.1975, bestens gelaunt zum Frühstück bei Familie Mayer. Was zu diesem Sinneswandel geführt hat, wird wohl nie mehr ans Tageslicht gelangen. Es hätte ein schöner Tag werden können, ein paar F-Schlepps und ein Rundflug im Anschluß. Es kam leider ganz anders, er endete mit dem tragischen Tod von Eugen Hänle am 21.09.75 im Krankenhaus in Ravensburg. Leider verstarb auch einer der drei Passagiere.
Danach begann der Verfall des stolzen Unternehmens und endete 1982 nach mehreren Umfirmierungen mit der endgültigen Abwicklung von Glasflügel. Das alles ist detailliert im Buch Glasflügel Eugen Hänle – Pionier des GFK Flugzeugbaus von Wolfgang Binz, beschrieben, über das die Glasflügel-Gemeinde sehr dankbar ist. Was können wir tun, um das Vermächtnis von Eugen Hänle zur erhalten? Eine Antwort ist, die vielen noch vorhandenen Glasflügelflugzeuge zu hegen und pflegen und in ihrem Element zu bewegen. Sowie immer wieder zusammenzukommen – sei es bei den Glasflügel-Treffen oder bei der Jubiläumsveranstaltung „60 Jahre Erstflug Rennlibelle H 301“.
Das hätte auch Eugen Hänle sicherlich gefallen.
Nach Worten des Segelflugreferenten des Baden-Württembergischen Luftfahrt-Verbandes, Christof Geissler, über das Werk Hänles und den Sinn und Zweck des Glasflügel-Fördervereins wurde es Zeit, nach Grabenstetten ins Glasflügel Museum von Hanko und Christian Streifeneder weiterzuziehen. Nachdem der Mittag in Saulgau einem Rückblick auf Eugen Hänles Lebenswerk gewidmet war, sollte in Grabenstetten der Blick auf die Ereignisse nach dem endgültigen Zusammenbruch von Glasflügel bis heute gerichtet werden. Hans Peter Mayer beschrieb die schmerzliche Situation und unglückliche Konkursabwicklung von Glasflügel mit dem finalen Ende der Produktion trotz gut gefüllter Auftragsbücher für die Glasflügel 304 und die in Planung befindlichen 402. Die mehrfach von Hans-Jörg Streifenender und Martin Hansen vorgelegten Pläne die Marke Glasflügel fortzuführen, sind wie im Buch von Wolfgang Bins angeführt, von den Gläubigern leider nicht akzeptiert worden. Ein großes Glück für alle Besitzer eines Glasflügel Flugzeuges bleibt zumindest die Fortführung der Musterbetreuung durch Hans-Jörg Streifeneder. Und auch hier gab es anfänglich große Widerstände, der zum Umzug des LTB Streifeneder von Schlattstall nach Grabenstetten mit grossen Hürden führte.
Hans-Peter Mayer würdigte die Innovationen des Hauses Streifeneder, sei es im Prototypenbau für die Automobil- als auch für die Luftfahrtindustrie. Genannt sei der BMW Z1 oder weitere Sonderprojekte, unter anderem auch Aufträge für den Formenbau für Airbus und viele weitere Segelflugzeughersteller, viele Forschungs-Projekte, die Fertigungsbeteiligung an dem Projekt ETA und Nimeta, das Fallschirm-Rettungssystem und die weltweit eingesetzten Abdicht- und Turbulatoren-Bänder. All das wird neben dem Kerngeschäft im LTB entwickelt und produziert.
Die Glasflügel-Flugzeuge erfahren Modellpflege durch die Entwicklung und Fertigung von Rumpf-Flügelübergangen, Winglets, neuen Rückenlehnen für Libellen sowie diverser Ersatzteile in der bekannten Glasflügelqualität. All das muß Stück für Stück in langwierigen Abstimmungen vom LBA zertifiziert werden. Auf ein Projekt, nämlich den Albatros, geht Hans-Peter Mayer ganz besonders ein, wirkt der ausgestellte Rumpf doch schon beinahe flugbereit. Wir alle hoffen, dass dieses ultimative Flugzeuge der Standardklasse bald in die Luft kommt.
Mit der Übergabe der Urkunde zur Ehrenmitgliedschaft im Glasflügel-Förderverein dankte dessen erster Vorsitzender, Christian Deubig, Hansjörg Streifeneder, dessen Sohn und Nachfolger, bei Streifly, Christian Steifeneder, die Urkunde in Empfang genommen hat, weil Hanko selber nicht anwesend sein konnte, für deren jahrelange Schaffenskraft.
Abschließend erging ein eindringlicher Apell von Hans-Peter Mayer an alle Glasflügel-Flugzeugbesitzer, in den Anstrengungen zum Erhalt aller Glasflügel Flugzeuge nicht nachzulassen und dies zusammen mit der Hilfe des luftfahrttechnischen Betriebes und dem Musterbetreuer, den beiden Herren Streifeneder, sicherzustellen! Nur so können wir Eugen Hänles Erbe in die Zukunft tragen. Eine weiter Ehrenurkunde erhielt, wie beim der letzten Jahres-Hauptversammlung beschlossen, Sepp Prasser für sein Lebenswerk.
An eigens von Hans-Peter Mayer mitgebrachten Fondue-Töpfen mit der von Eugen Hänle geliebten Schweizer Spezialität schloss der offizielle Teil der Veranstaltung. Bei Käse, Bier und Wein konnten dann nochmals Erinnerungen, Gedanken und Pläne mit zum Teil weither gereisten Glasflügel-Fans ausgetauscht werden. Karl Pfister aus Kanada, der ehemalige Glasflügel-Konstrukteur Tapani Uoti aus Finnland oder der holländische Thei Bongerts seien hier als die am weitesten Angereisten genannt werden.
Danke dem LTB Streifeneder für die Gastfreundschaft, allen angereisten Gäste sowie dem Organisationsteam um Christian Deubig vom Glasflügel-Förderverein für die Organisation und den würdig gefeierten 100. Geburtstag von Eugen Hänle. Autor: Frank Beerhenke.