Deutsche Meisterschaft in Bayreuth, Tag 4

Frühere Berichte:

Wer den zusammenfassenden Bericht zur DM gelesen hat, mag sich erinnern: Der 4. Wertungstag war der Tag, an dem ein Welt- und ein Europameister sich im Teamflug übten, im entscheidenden Moment aber doch unterschiedliche Pläne verfolgten: „der eine flog rechts, der andere flog links, einer zog den Motor, der andere kam nach Hause.“

Autor Martin Knops

Es war der Tag, an dem zwei andere Weltmeister uns mal eben 20min abnahmen, indem sie auf Kurs 50 km durch eine massive Abschirmung glitten, während wir einen Riesenumweg flogen; eine Lehrstunde, für die Michael und Felipe eigentlich Gebühren hätten verlangen können.

Es war der Tag, den unser Top-Meteorologe Bernd noch länger in Erinnerung behalten wird ob seiner Fehlprognose bzgl. „Abschirmungen“.

Es war also einiges los an diesem 1. Juni und noch mehr Dramen spielten sich im Cockpit und zwischen den Ohren verschiedener Piloten ab. Um diese richtig verständlich zu machen, muss ich etwas ausholen.

Viel wird „in Fachkreisen“ darüber diskutiert, welches denn nun das optimale Flugzeug in der jeweiligen Klasse sei. JS3, Ventus 3 oder AS33 bei den 18ern. Welche Chancen hat man noch mit einem Ventus 2 oder einer ASG29? Kann man in der Offenen gleich zu Hause bleiben, wenn man keine EB29R pilotiert?

Meine Erfahrung: Viel wichtiger für die persönlichen Erfolgschancen ist, dass der Pilot mit seinem Gerät vertraut ist, dass er (oder sie) sich wohl fühlt, von der Funktionsfähigkeit „des Systems“ überzeugt ist, dasselbe intuitiv bedienen kann. Dies ist fast wie bei Pferd und Reiter, die nur als perfekt eingespieltes Paar erfolgreich sein können.

Die Harmonie kann auf vielfältige Weise gestört werden – schon Kleinigkeiten sind ein echter Stresstest, der den gemeinsamen Erfolg massiv gefährdet.

Worüber rede ich?

Natürlich muss man sein Flugzeug handwerklich perfekt beherrschen. Eigentlich banal und bei einer Deutschen Meisterschaft sollte das wohl kein Thema sein. Denkste. Ich selbst brauchte fünf Wertungstage, um zu verstehen, dass ich meine vollbeladene JS1 mit 120 km/h kurbeln muss. Bei 110 fliegt sie auch wunderbar, befindet sich aber wohl schon halb im Sackflug… am Tag 4 kam ich im Steigen nicht mit, verfluchte wechselweise mich und den Sch…Flieger, nach Tag 5 hatte ich es dann kapiert.

Weiter geht es mit den Instrumenten. Es gibt nichts Schlimmeres als ein schlecht kompensiertes Vario oder auch nur eins, dass „irgendwie anders ist“ als gewohnt. Anfang Mai hatte ich mein akustisches Variometer auf „Hawk“ umgestellt. Bei aller Begeisterung für Echtzeitwind und unverfälschtes Netto-Vario – ich kam mit «Hawk» als Primär-Vario überhaupt nicht klar. Zum Glück gelang mir im Flug die Rückumstellung… und so endete der Flug doch noch nach 950 km auf dem Startflugplatz.

So wie das Flugzeug selbst, so müssen natürlich auch Rechner, Funkgerät und Transponder sicher beherrscht werden – und zwar hinsichtlich aller Funktionalitäten, die man im Wettbewerb braucht bzw. die einem in bestimmten Situationen helfen könnten.

Für alle, denen sich jetzt schon die Nackenhaare aufstellen: Nein, die gute alte Zeit war nicht besser! Auch ich bin noch vor wenigen Jahren mit meiner LS6 750 km ohne irgendwelche Elektronik geflogen (das LX9000 war gerade in Reparatur). Geht – und wenn man sich drauf einlässt, vermisst man auch nichts.

Keinesfalls sehne ich aber die Zeiten von Barogram und Fotokamera zurück. Das war ein Graus und der Stresslevel viel höher. Hat der Baro geschrieben? Hat die Kamera richtig funktioniert? Kein Filmsalat!? Keine Doppelbelichtung!? Alles scharf!? Alle Wenden im Bild und aus dem richtigen Winkel aufgenommen? Von den wilden Flugmanövern, die oft beim Fotografieren zu beobachten waren, will ich gar nicht reden.

Trotzdem: Die moderne Technik hat ihre Tücken und als Wettbewerbsneueinsteiger (bzw. Wieder-Einsteiger) bin ich selbst immer noch mitten im Lernprozess.

So stand für die Trainingstage der DM „Einrichten des Flarmradars“ auf dem Lehrplan. Letztes Jahr in Jena hatte ich darauf noch verzichtet nach dem Motto „ich mache eh mein eigenes Ding, mich interessiert nicht, wo wer wie stark steigt“. Obwohl das insgesamt sensationell gut funktionierte, musste auch ich den Mehrwert eines solchen Tools einsehen. Wohl auf ewig wird mir bitter in Erinnerung bleiben, wie Bruno Gantenbrink in meinem Rücken einen Dreimeterbart zog, während ich ums Heimkommen kämpfte. Das Flarmradar hätte als besserer Rückspiegel in dieser Situation auf jeden Fall geholfen.

Hinzu kamen diesmal die Teamflugambitionen mit Conrad. Wir hatten uns fest vorgenommen, die Kommunikation zu optimieren. Jederzeit zu sehen, wo der Teamkollege ist und wie er steigt oder fällt, hilft da schonmal sehr.

Also Flarmradar. Plan A war, dies über ein von Conrad geliehenes Butterfly abzubilden.

Provisorische Halterung am I-Brett sollte es tun. Leider kam mir das Gerät dann am 1. Trainingstag doch irgendwann entgegen und beim „Wiederandrücken“ an die Kletthalterung habe ich Idiot es tatsächlich geschafft, das Display zu zerquetschen.

Also doch „Flarmradar im LX9000“. Es brauchte 2 Tage und mehrere Iterationsschleifen, bis alles richtig eingerichtet war: passende Schriftgrössen, passender Kontrast – lesbar sollte die Anzeige schließlich auch sein.

Gerade rechtzeitig zum ersten Wertungstag war ich „ready“. Alle Systeme funktionierten – startklar!

Die Ruhe währte bis Tag 4.

Noch vor dem Abflug wurden plötzlich alle Displays schwarz. Stromausfall! Schnell auf Batterie 2 umgeschaltet, LX9000 startet, wird dann aber sogleich wieder schwarz. Oh Nein! Wechsel auf Batterie 3, die Rumpfbatterie. Jetzt funktioniert es! Aber ausgerechnet am Vorabend hatte ich die Rumpfbatterie nicht geladen, sie würde maximal 2 Stunden durchhalten. Was dann? Ich hatte einen Zweitlogger, der zur Not mit seinem internen Akku lief. Ich hatte die Strecke auch im Handy programmiert, so dass ich die Wenden sicher ansteuern können sollte. Würde der Jet noch funktionieren? Das Steuergerät hatte noch Strom. Gut so. Wo lag die Ursache für den Stromausfall? War eine Sicherung durchgebrannt? Gab es einen Kurzschluss im „Avionik-Netz“, das vom Jet-Stromkreis getrennt war? Oder – so dämmerte es mir irgendwann – war vielleicht doch Batterie 1 wegen einer defekten Sicherung im Ladegerät nicht geladen worden. Dies hatte ich zunächst ausgeschlossen, weil ja auch nach Umschalten auf Batterie 2 das Display wieder schwarz wurde. Aber passierte das beim Hochfahren des LX9000 nicht immer für einige Sekunden!? Also nochmal das Jetsteuergerät mit Batterie 1 testen. Tot. Läuft nur mit Batterie 2. Damit war klar, dass „nur“ Batterie 1 außer Gefecht war. Stromsparen war dennoch angesagt. Und der Jet würde gegen Ende des Fluges mangels Batteriepower womöglich nicht mehr funktionieren. Und ein Restrisiko blieb, dass nach dem Auslutschen der Rumpfbatterie LX dunkel sowie Funk still bleiben würden.

Warum breite ich diese mäßig spannende Geschichte hier so aus? Vielleicht wird so anschaulicher, dass und wie sehr einen eine solche technische Störung aus der Bahn werfen kann. Die volle Konzentration auf Strategie, Taktik, Wetter und handwerkliches Fliegen ist dahin. Man hat plötzlich andere Sorgen, die Gedanken schweifen ab und das macht sich bemerkbar. Ich flog den Rest des Tages einfach nicht gut, kam im Kurbeln nicht mit (siehe oben) und traf weniger taktische Entscheidungen als sonst. Letzteres auch, weil wir „aus Stromspargründen“ den Funkverkehr auf ein Minimum beschränkten.  Dabei merkten wir erst, wie wichtig der verbale Austausch zwischen Teampartnern ist.

In den Ergebnislisten war all das nur bedingt abzulesen. Die Gesamtwertung wies mich nun sogar auf Platz 5 (statt 7) aus, weil Murks (Markus Frank) sich für den Moment mit seinem Motorzünder nach hinten katapultiert hatte und ich (an diesem Tag unverdientermaßen) ein paar mehr Punkte einheimste als Conrad. Aber es war mehr drin und dass ich mich von so einer kleinen Panne dermaßen aus der Bahn habe werfen lassen, wurmte mich doch merklich.

Im Nachgang erfuhr ich noch, dass auch Holger Karow tagelang Batterieprobleme hatte. In seiner geliehenen EB29 bangte er wiederholt darum, ob sich das rein elektrische Fahrwerk ausfahren lassen würde. Ätzend und psychisch wirklich belastend. Wahrscheinlich hätte er zumindest bis zum Eintreffen der neuen Akkus liebend gerne seine EB29R gegen eine JS1 oder irgendeinen anderen Flieger mit mechanischen Fahrwerk eingetauscht und wäre damit nicht nur entspannter, sondern auch (noch) besser geflogen!

Kommentar verfassen