Deutsche Meisterschaft in Bayreuth, Tag 3

Rückblick auf die vorhergehenden Flugtage:

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Die erste AAT.

Am Mittwoch gab es auch für uns „endlich“ die 1. AAT. Bei dieser Aufgabenform gibt es keine festen Wendepunkte, sondern stattdessen Wendezonen mit größerem Durchmesser, in denen die Piloten selbstständig den Wendepunkt wählen können. Vorne liegt derjenige, der die höchste Schnittgeschwindigkeit erzielt. Hierbei ist allerdings eine Mindestwertungszeit (für uns drei Stunden) zu beachten. Kommt man früher nach Hause, so wird diese Mindestzeit trotzdem für die Ermittlung der Schnittgeschwindigkeit angesetzt.

Autor Martin Knops

Ich mag diese Aufgabenform. Sie macht alles noch ein wenig komplexer und anspruchsvoller. Jetzt geht es nicht nur darum, im optimalen Zeitfenster die vorgegebene Strecke bestmöglich abzufliegen, jetzt ist zusätzlich auch noch die Strecke selbst zu optimieren – und das war an diesem Tag besonders spannend.

Der erste Wendezylinder mit 40 km Durchmesser stülpte sich um Zwiesel, lag also im Bayrischen Wald. Der Zweite hatte seinen Mittelpunkt an der Donau kurz vor Regensburg.

Für Bayreuth und den Oberpfälzer Wald war Blauthermik mit mäßigen Arbeitshöhen und Steigwerten angesagt. Im Bayrischen Wald und entlang der Donau herrschte dagegen echtes Hammerwetter. Wunderbare Wolkenthermik, hohe Basis, gute Steigwerte und dazu noch Reihungen. Da musste man aber erstmal hinkommen! Unsere Idee: wir nutzen die vor uns gestarteten Doppelsitzer als Thermikbojen im Blauen.

Dieser Plan ging allerdings voll nach hinten los. Kurz nach dem Abflug entdeckten wir tatsächlich einige Doppelsitzer leicht rechts vom Kurs. Allein, dass wir uns dorthin locken ließen, war ein Fehler, denn damit war unser Plan, weiter östlich zu fliegen, obsolet. Das eigentliche Drama nahm wenig später seinen Lauf. Es waren nicht zwei Doppelsitzer, die wir da aufgabelten, es waren nicht drei, es waren ungefähr 20!

Ein riesiger Pulk, der nicht schnell machte, sondern jeden Aufwind kaputt kurbelte. Verzweifelt versuchten Conrad und ich, diesen Dosi-Schwarm abzuschütteln. Verzweifelt und leider vergeblich. Einholen ist einfach, abschütteln schwer… Bis zum gefürchteten Chamer Becken schafften wir so einen atemberaubenden Schnitt von 88 km/h. Viel zu langsam, einfach zum Haare raufen.

Vor uns lockten nun die hohen Cumuli über der Gräte östlich von Arnbruck. Eine fast teuflische Versuchung. Wir würden maximal in Grathöhe ankommen, auf der Leeseite des Höhenzuges und knapp neben dem Sperrgebiet EDR 139, das sich wie eine Mauer neben uns aufbauen würde. Leethermik unter Hanghöhe oder knapp darüber – es gibt angenehmeres! Soll ich es wagen? Soll ich alles auf diese eine Karte setzen? Hopp oder top, Motorzünder oder Anschluss ans Hammerwetter. Einen Plan B würde es nicht geben, alles auf diese eine Karte…

Da hing ich also im schwächelnden Nullschieber, umzingelt von Doppelsitzern und machte mir diese Gedanken. Und dann wagte ich den Absprung! Bange Minuten, Anspannung pur im Anflug, dann hebt es tatsächlich wie geplant, wie vorgesehen, eigentlich wie erwartet. Erst zwei Meter pro Sekunde, dann drei, später vier. Wahnsinn! Und die virtuelle Mauer des Sperrgebietes kann ich auf Abstand halten. Wenige hundert Meter nur, aber doch auf Abstand. Aus mittlerweile sicherer Höhe sehe ich Conrad unten in meinen Aufwind einsteigen. Er war tiefer als ich und hat daher länger gezögert. Nicht ganz ohne Grund. Conrad muss richtig kämpfen in der turbulenten Leethermik. Maximale Ausschläge nach oben wie nach unten, extreme Turbulenz. Aber auch ihm gelingt der Einstieg schließlich und er findet Anschluss an den Fahrstuhl ins Glück.

Doppelsitzer haben wir ab hier auf dem restlichen Flug übrigens nicht mehr gesehen.

Jetzt war Surfen unter Wolkenstrassen angesagt. Die nächsten 170 km ging es praktisch nur geradeaus. Erst weiter nach Südosten bis fast zum äußersten Zipfel des Wende-Zylinders, dann entlang der Donau bis Regensburg. Auch hier wieder so weit wie möglich. Dabei war klar, dass wir durch die maximale Verlängerung der Strecke deutlich länger als drei Stunden fliegen würden. Aber es war eben auch klar, dass trotzdem jede weitere Minute im Hammerwetter, jeder weitere Kilometer unter der Wolkenstrasse unsere Schnittgeschwindigkeit erhöht. Spannend! Und obwohl dieser Zusammenhang eigentlich offensichtlich war, hat ihn nicht jeder erkannt. Einige haben deutlich früher abgedreht, weil ja vermeintlich die Uhr ablief – und dies mit hinteren Platzierungen bezahlt. Conrad und ich wurden zeitgleich 7. – hinter 6 EB29R.

… und dann war da noch eine etwas kuriose Tagessiegerehrung der Offenen Klasse im Tagesbriefing: Felipe Levin und Michael Sommer trennte gestern zwar eine Sekunde, aber kein Punkt. Daher standen sie gemeinsam oben auf dem Treppchen, Platz zwei blieb konsequenterweise leer und Oliver Binder komplettierte als Tagesdritter das Treppchen.

Ohne die Doppelsitzer hätten wir diese Phalanx durchbrechen können. Aber auch so war es ein toller Tag und ein gutes Ergebnis, mit dem wir zwischenzeitlich wahrlich nicht mehr gerechnet hatten. So konnte es weitergehen!

Alexander Müller zielt auf die Schwelle der Asphaltbahn.

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