Kurzdarstellung
Beim Abflug nach IFR kam es unter Instrumentenflugwetterbedingungen zu einem Kontrollverlust über das Flugzeug. Es prallte wenige Minuten nach dem Start mit hoher Geschwindigkeit in einem Waldgebiet auf den Boden.
Ereignisse und Flugverlauf
Um 09:36:54 Uhr meldete sich der Pilot bei Stuttgart Tower wieder abflugbereit an der Piste 25. Er wurde angewiesen, den Start eines anderen Flugzeugs abzuwarten. Um 09:40:52 Uhr erhielt der Pilot auf der Piste die Startfreigabe und bestätigte diese. Um 09:41:45 Uhr nahm der Passagier Funkkontakt mit Langen Radar auf. Um 09:42:48 Uhr wurde das Passieren von 2 000 ft gemeldet. Langen Radar bestätigte den Empfang und wies den Steigflug auf Flugfläche 100 an. Um 09:44:11 Uhr informierte Langen Radar den Piloten, dass er sich eine halbe bis Dreiviertelmeile südlich des Kurses befände und dies bitte korrigieren solle. Auf Nachfrage meldete der Passagier um 09:44:30 Uhr: „[…] passing 3 400 ne – -“. Der Funkspruch brach im Satz ab. Mehrere Versuche der Flugverkehrs-Kontrolle, Funkkontakt mit dem Flugzeug herzustellen, blieben erfolglos.
Der Platzverkehrslotse von Stuttgart Tower, der die Startfreigabe erteilt hatte, hatte den Start des Flugzeugs beobachtet. Er beschrieb den Startlauf und das Abheben als normal und unauffällig. Nach dem Abheben sei das Fahrwerk eingefahren worden und das Flugzeug in einem üblichen Steigflugwinkel in die Wolken gestiegen. Ab dann habe er es nicht mehr gesehen. Mehrere Zeugen in Steinenbronn und der direkten Umgebung hatten das Triebwerk eines Flugzeugs gehört. Sehen konnten sie es aufgrund der tiefen Bewölkung nicht. Sie beschrieben zuerst ein normales Triebwerkgeräusch, wie es regelmäßig im Steigflug von Flugzeugen aus Stuttgart kommend zu hören ist. Dann habe sich das Geräusch jedoch plötzlich verändert. Der Motor hätte aufgeheult und es habe einen Knall gegeben.
Auf einem Video, das am Ereignistag ca. 1,6 km südöstlich der Unfallstelle gefilmt wurde, war das Triebwerksgeräusch des betroffenen Flugzeugs während der letzten ca. 40 Sekunden bis und inklusive Aufschlag aufgezeichnet. Das Triebwerksgeräusch war zunächst gleichmäßig, dann leicht drehzahlverändernd, plötzlich war eine kurzfristige vollständige Leistungsreduktion und dann für ca. 4 Sekunden Vollgas bis zum Aufschlag zu hören.
Beurteilung
Der vom Radar aufgezeichnete Flugverlauf zeigte ab der ersten Erfassung einen Verlauf, der mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass das Flugzeug in Wolken, ohne Sicht nach außen, manuell von Hand gesteuert wurde, ohne die Unterstützung der Kurshaltung durch den Autopiloten. Nach kurzer Zeit driftete das Flugzeug von der Abfluggrundlinie nach Süden ab. Als Langen Radar den Piloten darauf hinwies, hatte das Flugzeug in etwa auch den Wendepunkt 5.6 DME STG der Abflugroute erreicht. Ab diesem Punkt musste im Steigflug eine Rechtskurve auf Kurs 339° eingeleitet werden. Der Flugverlauf zeigte nun eine eng geflogene Kurve auf nördlichen Kurs. Ab dieser Kurve wurde vom Radar ein Anstieg der Geschwindigkeit über Grund erfasst, was auf eine Verringerung des Steigflugwinkels bei zeitgleich unveränderter Triebwerksleistung schließen lässt. Mangels Höhenübertragung des Transponders waren Aussagen über den Steigflugwinkel nur eingeschränkt möglich. Im Abflug meldete der Passagier das Passieren von 2 000 ft und ca. 110 Sekunden später das Passieren von 3 400 ft, somit lag eine Steigrate von durchschnittlich ca. 700 ft/min vor, was im Rahmen der Leistungsdaten des Flugzeugs zu den geflogenen Geschwindigkeiten über Grund passte.
Weniger als eine Minute nach dem Kurskorrekturhinweis durch die Flugverkehrs-Kontrolle und das Kurven nach rechts, entsprechend der angewiesenen Abflugroute, verunfallte das Flugzeug. Es flog in einem steilen Winkel, wahrscheinlich in Form egner Steilspirale, mit hoher Geschwindigkeit und einem Volllast-Triebwerksgeräusch in einen Wald. Hierzu passen auch die Aussagen der Zeugen und deren akustische Wahrnehmungen bezüglich des Triebwerkgeräusches bzw. der Position des Flugzeugs in den Wolken.
Der Flugverlauf und die Abfolge der Ereignisse zeigen einen Kontrollverlust über das Flugzeug bei manueller Steuerführung. Ein Abkippen infolge zu geringer Fluggeschwindigkeit kann aufgrund der Radardaten ausgeschlossen werden. Auch ein Kontrollverlust aufgrund des Durchfliegens einer Wirbelschleppe des zuvor gestarteten Verkehrsflugzeugs (Boeing 737) konnte aufgrund der Dauer und Entfernung beider Flüge zueinander ausgeschlossen werden. Eine etwaige Wirbelschleppe wäre schon weit unterhalb des Flugweges der PA-28 gesunken bzw. hätte sich aufgelöst.
Personen
Der Passagier war ein in seinem Umfeld hoch angesehener Fluglehrer. Er verfügte über eine hohe Flugerfahrung und gute Inübunghaltung in Bezug auf Segelflug und einmotorige Flugzeuge. Diese jedoch im Betrieb von Luftfahrzeugen nach Sichtflugregeln. In Bezug auf den Instrumentenflug war seine Erfahrung und Inübunghaltung wohl eher gering. Zumindest war es der BFU nicht möglich Angaben über seine Instrumentenflugerfahrung zu erlangen, im Gegensatz zu seinen nach Sichtflugregeln absolvierten Flügen in den letzten Jahren. Ein geradliniger Steigflug entlang der verlängerten Pistengrundlinie und eine Kurve im Steigflug auf einen neuen Kurs hätten beide Piloten, aufgrund ihrer eingetragenen gültigen IR-Berechtigung, fliegen können sollen. Dennoch haben sie nach ca. 2 Minuten in Wolken die Kontrolle über das Flugzeug verloren. Daher geht die BFU davon aus, dass am Ereignistag zwei luftrechtlich lizenzierte Personen, der Pilot und der Passagier, nebeneinander im Cockpit saßen, die beide in Bezug auf die Steuerführung ohne Sicht nach außen, den Flug in Wolken nur nach Instrumenten, nicht ausreichend geübt und somit nach kurzer Zeit überfordert waren. Wahrscheinlich vertraute der Pilot fälschlicherweise auf die Fähigkeiten des Passagiers als Safety-Pilot, im Glauben an dessen IR-Berechtigung und hohe Flugerfahrung. Der letzte mitten im Satz abgebrochene Funkspruch zeigt, dass auch der Passagier den sich anbahnenden Kontrollverlust nicht erkannt hatte. Zu einem Zeitpunkt, als das Flugzeug schon außer Kontrolle gewesen sein muss, hatte er noch mit ruhiger Stimme mit Langen Radar gefunkt.
Luftfahrzeug
Das Flugzeug war entsprechend den luftrechtlichen Vorgaben zugelassen, Instand-gehalten und für IFR-Flüge ausgerüstet. Die Fluginstrumentierung war nur einfach, auf der Seite des Piloten, vorhanden. Das Flugzeug verfügte zur Unterstützung der Steuerführung über einen Autopiloten sowie zur Erleichterung der räumlichen Orientierung und dem Abfliegen von IFR-Routen über ein GPS mit Flugweg-Kartendarstellung und IFR-Verfahren-Datenbank. Der Autopilot wäre in der Lage gewesen den Navigationsinformationen des GPS zu folgen. An der Unfallstelle wurden im Cockpitbereich 2 zerstörte IPads gefunden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese dem Piloten und dem Passagier zur Darstellung der IFR-Ab- und Anflugkarten sowie zur Navigation im Flug dienten. Die Tablets unterstützen mit der GPS-basierten Darstellung der Position des Flugzeugs zur Route die räumliche und navigatorische Orientierung, jedoch konnten sie nicht mit dem Autopiloten gekoppelt werden. Aufgrund des Zerstörungsgrades waren Aussagen über technische Probleme im Flug, ggf. Mängel an den Fluginstrumenten oder dem Autopiloten nicht möglich. Aus Sicht der BFU sind diese aber unwahrscheinlich, zumal der letzte Flug vor dem Ereignis ein Prüfungsflug zum Erhalt einer IR-Berechtigung war und bei diesem keine technischen Probleme vorgelegen haben sollen.
Schlussfolgerungen
Der Unfall ereignete sich als Folge eines Kontrollverlustes über das Flugzeug während der manuellen Steuerführung in Wolken. Sehr wahrscheinlich hat eine nicht ausreichende Inübunghaltung des steuerführenden Piloten, um das Flugzeug kontrolliert in Wolken manuell zu steuern, zu dem Kontrollverlust geführt. Quelle und vollständiger Bericht: ‚BFU‚.