Bis vor zwei Jahren saß Franz Finkenzeller aus Landsham im Cockpit. Jetzt wird der Pilot 90 und erzählt vom Alleinflug über den Atlantik, von Treffen mit Romy Schneider und vom „Toiletten-Josef“. Als Bub unter der Erde im Bunker vor Kriegsbombern versteckt und von Druckwellen der Bomben umher geschleudert worden. Nachher wieder herausgeklettert, abgestürzte Flugzeuge auseinandermontiert, um sich selbst eines zu basteln. 1956 als 24-jähriger Flugzeugmechaniker am Flughafen Riem die junge Schauspielerin Romy Schneider in die Technik des Flugzeugs eingeweiht. Als Pilot bis zum 88. Lebensjahr zigtausende Kilometer mit großen und kleinen Maschinen durch die ganze Welt geflogen. Im Jahr 1980 mit einer einmotorigen Beechcraft Bonanza A36 allein nachts den Atlantik überquert, wobei zwei Stunden nach dem Start schon der Autopilot ausgefallen war. Und dann die Geschichte mit dem „Scheißhaus-Sepp“ (entschuldigen Sie, liebe Leser, diesen bayerischen Fäkalausdruck, aber nur damit wird später eine Anekdote verständlich). All das und vieles mehr hat Franz Xaver Finkenzeller aus Landsham erlebt. Er feierte am Montag, 17. Januar, seinen 90. Geburtstag und gewährt einen kleinen Blick in sein Fliegerleben gegeben.
Eines seiner größten Abenteuer hat Finkenzeller 1980 erlebt. Er hatte sich in Amerika ein einmotoriges Propellerflugzeug gekauft und wollte es selbst nach Hause fliegen. Zunächst von Washington nach Gander/Neufundland, von dort aus über den Atlantik bis Augsburg. Das kleine Sportflugzeug wurde in Amerika so umgebaut und betankt, dass es für einen Flug über sechszehn und eine halbe Stunde reichte. Am 2. September 1980 startete Finkenzeller zur Atlantiküberquerung über Nacht, zwei Stunden später fiel der Autopilot aus und der damals 48-Jährige musste das Flugzeug hoch konzentriert allein steuern. Mit einer Gummischwimmweste um den Oberkörper und ein Schlauchboot neben sich – für den Fall des Absturzes in den Atlantik. Nach 15 Stunden und fünf Minuten landete er wohlbehalten in Augsburg. „Wir hatten Riesenangst“, erzählt Anna Finkenzeller, die 87-jährige Schwester. Angst hatte vor allem die Mutter immer wieder gehabt, wenn der Franz in der Luft war. Das war er oft.
Der gebürtige Landshamer war Pilot bei der Fluggesellschaft „Bavaria“, danach 17 Jahre bei der Royal Air Maroc, in dieser Zeit lebte er mit seiner Familie in Casablanca in Marokko, später war er Privatpilot für Unternehmen und Firmenchefs. Bis vor zwei Jahren. Mit 88 hat Franz Finkenzeller mit dem Fliegen aufgehört. Begonnen hat er 1956. Der Wunsch, Pilot zu werden, war immer da. „Als Kind habe ich schon ein Buch mit dem Titel ,Fliegen lernen’ gelesen, immer und immer wieder. Abends bin ich im Bett gelegen und habe mir vorgestellt, wie ich abhebe, lande und fliege“ erzählt er. Dabei bewegt er eine Hand wie an einem Steuerknüppel nach vorne und zurück, mit dem Daumen drückt er auf einen imaginären Knopf. So sei er stundenlang im Bett gelegen.
Landsham: Als Bub vor den Kriegsbombern im Bunker versteckt
Als im Zweiten Weltkrieg amerikanische Flugzeuge über Landsham schwebten, versteckte sich die Familie Finkenzeller im Schutzbunker im Garten. Einmal, erzählt Franz Finkenzeller, sei er dort unten von der Druckwelle einer Bombe richtig umgeweht worden. „Vor den Bombern hatte ich Angst“, erinnert er sich an seine Kindheit. Dann fügt er hinzu: „Vor dem Fliegen hatte ich nie Angst.“ Als die Bomber weg waren und er und sein Bruder Adolf ein abgestürztes Flugzeug im Feld entdeckten, rannten sie hin und montierten es auseinander. Um aus den Teilen selbst ein Flugzeug zu basteln. „Die waren schon immer Flugzeug-verrückt“, sagt Finkenzellers Schwester Anna und lacht. In Franz Finkenzellers Flugbuch ist jeder Flug handgeschrieben mit Datum eingetragen. Der erste war vor 66 Jahren, am 7. Januar 1956. „Schulflug“ steht in der Spalte „Zweck des Fluges“. Im Rahmen der Ausbildung war Finkenzeller da noch Begleitperson im Cockpit. Am 13. März 1956 ist in der Spalte Flugzeugführer notiert: „Finkenzeller“. Zweck des Fluges: „Alleinflug“. Sein erster Flug. „Ich war ein Scharnierl“, sagt der 90-Jährige über sich selbst und schmunzelt. Normalerweise habe man damals etwa 30 Flugstunden gebraucht, um erstmals allein fliegen zu dürfen. Er durfte es nach einer Gesamt-Übungsflugzeit von zweieinhalb Stunden. Weil er theoretisch schon alles wusste, weil er jahrelang, schon als Kind, sich auf diesen Moment vorbereitet hatte.
Romy Schneider die Flugzeugtechnik erklärt
1956 war auch das Jahr, in dem Franz Finkenzeller die damals 17-jährige Romy Schneider kennenlernte. Die junge Schauspielerin war am Flughafen in Riem zum Filmdreh, der gelernte Auto- und Flugzeugmechaniker Finkenzeller hatte in ein Flugzeug eine Vorrichtung für eine Kamera eingebaut für Luftaufnahmen. „Romy Schneider wollte alles wissen, sie wollte selbst fliegen lernen“, erinnert er sich. Dann aber sei ihr der Aufwand doch zu viel gewesen. Nach ihrem Treffen schickte Romy Schneider Franz Finkenzeller Bilder von ihren damaligen Treffen. Die beiden sehen aus wie ein Filmpaar.
Die Geschichte vom „Toiletten-Josef“
Die Wege trennten sich, Finkenzellers erster großer Arbeitgeber nach der Ausbildung zum Piloten war die Münchner Fluggesellschaft „Bavaria“ mit Sitz am Flughafen in Riem. Beides gibt es schon lange nicht mehr, folgende Anekdote aber bleibt für die Ewigkeit: Franz Finkenzeller hatte und hat noch heute viele Freunde in Kirchheim und Ismaning. Einer von seinen Bekannten ward „Scheißhaus-Sepp“ genannt. Diesen Spitznamen hatte er von seinen Freunden bekommen, weil er Klempner war. Als das Bordpersonal vor dem Abflug einer Passagiermaschine in München-Riem die obligatorische Durchsage „Kapitän Finkenzeller und seine Crew begrüßen Sie an Bord“ an die Passagiere gemacht hatte, meldete sich ein Mann, sagte, er sei aus Ismaning und bat eine Stewardess, den Kapitän zu fragen, ob er ihn kurz im Cockpit besuchen dürfe. Weil er ihn kenne. Die Flugbegleiterin tat, wie geheißen, und informierte Franz Finkenzeller nach. „Ich antwortete, sie solle ihn fragen, ob er der ,Scheißhaus-Sepp’ ist“, erzählt er lachend.
Großer Spaß: Mit dem Flugzeug die Bauern auf dem Feld erschreckt
Die Stewardess sei zurück in den Passagierraum gegangen, habe sich aber nicht getraut, einen fremden Mann mit eben jenem Ausdruck anzusprechen. „Es war ihr unangenehm. Sie hat ihn dann gefragt, ob er der Toiletten-Josef sei.“ War er zwar nicht, aber ein Freund von eben jenem. Also durfte er ins Cockpit. „Ich könnte ein Buch schreiben“, sagt Franz Finkenzeller über sein Leben als Pilot. Seine Schwester Anna nickt zustimmend und fordert ihn auf, doch bitte nicht vergessen zu erzählen, wie er manchmal seine Späße mit den hiesigen Bauern getrieben habe. „Die habe ich ein bisserl bei deren Arbeit auf den Feldern versprengt“, sagt der 90-Jährige und schmunzelt. Wenn ein Flugzeug sehr sehr niedrig über Landsham geflogen sei, „dann wussten alle: Das ist der Franz“, lacht Anna Finkenzeller. Quelle: ‚Merkur‚.