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Privatflieger bringt Hilfsgüter in die Ukraine

Im Namen der „Ukraine Air Rescue” flog der Mülheimer Timm Holzhauer, Mitglied des AERO-CLUB Mülheim an der Ruhr e.V., mit seinem privaten Motorflugzeug vom Flughafen Essen/Mülheim dringende medizinische Hilfsgüter an die polnisch-ukrainische Grenze.

Privatpiloten aus ganz Deutschland fliegen seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs Medikamente und Material für Krankenhäuser an die polnisch-ukrainische Grenze. Organisiert wird die Luftbrücke von „Ukraine Air Rescue”, ein Projekt unter der Europäischen Donau-Akademie.   

 Die Organisationskette läuft schnell und unkompliziert
Am Dienstag, den 08.11., wurde das dringende Hilfegesuch direkt aus der Ukraine über Hilfsorganisationen wie das „Blau-Gelbes Kreuz“ und die „City of Hope Cologne e.V.“ durch die „European Bonanza Society” an die Piloten übermittelt. Über dieselbe Plattform hatte bereits Schirmherr Smudo von den Fantastischen Vier mit seinem Flieger erfolgreich helfen können.

Direkt am nächsten Tag startete der Mülheimer Pilot um 08:00 Uhr morgens vom Flughafen Essen/Mülheim nach Bonn/Hangelar. Gemeinsam mit einem weiteren Privatflieger aus Mönchengladbach nahm er dort rund 250 Kilogramm medizinische Hilfsgüter auf, die dringend in die Kriegsgebiete mussten, so Holzhauer. Nach einer Flugzeit von nur 3 Stunden landete Holzhauer mit seiner einmotorigen Beechcraft Bonanza im 1.000 Kilometer entfernten Mielec in Polen. Die Pakete an Bord konnte er nach der Landung direkt auf dem Flughafenrollfeld übergeben, größtenteils 0,5 Liter Infusionsbeutel und diverse medizinische Hilfsmittel.

Ukraine Air Rescue sagt: „Wir stehen in direktem Kontakt mit ukrainischen Krankenhäusern und Hilfsorganisationen. So können wir den Bedarf vor Ort aus erster Hand einschätzen und die entsprechenden Versorgungsgüter in Deutschland für den Abflug organisieren.“. Unmittelbar nach der Lieferung schickten die Ärzte nicht nur ein Bild über die erhaltenen Güter, sondern auch ein Bestätigungsschreiben der Krankenhäuser, damit könne man sicher sein, dass die Lieferungen ankommen.
Mielec liegt etwa 100 Kilometer östlich von Krakau. Bis zur Grenze sind es circa 100 Kilometer, weitere 80 Kilometer bis zur ukrainischen Stadt Lviv. Per LKW wären die Güter über die Straße bis zur Grenze mindestens zwei Tage unterwegs gewesen, mit dem Flieger ist man am selben Tag vor Ort.

Auf dem Rückflug tankte der Pilot vom AERO-CLUB Mülheim in Hannover auf, um am nächsten Tag das letzte Stück des Heimwegs zurück ins Ruhrgebiet anzutreten. Holzhauer nach seinem Flug: „Für mich war es selbstverständlich, mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen! Besonders, wenn es sich um eine solche zeitkritische Lieferung handelt.” Stand heute wurden mit dieser Luftbrücke mindestens 24.060 Kilogramm Hilfsgüter transportiert. Auf den Rückflügen der Privatpiloten konnten bisher 74 Flüchtlinge, größtenteils kranke Kinder und ihre Eltern, mitgenommen werden. Die „Humanitarian Pilot Initiative“ (HPI) sowie die „European Bonanza Society“ (ESB), in der auch Timm Holzhauer Mitglied ist, unterstützen die Missionen.

Flughafen Essen/Mülheim unterstützt die Ukraine Air Rescue

Der AERO-CLUB Mülheim lobt den enormen, persönlichen Einsatz seines Mitgliedes. Auch der Flughafen Essen/Mülheim unterstützt die Luftbrücke, indem dieser der Ukraine Air Rescue Mission spezielle Flughafengebühren erließ.

Ukraine Air Rescue

Ein Projekt der Europäischen Donau-Akademie GmbH zur Linderung der Kriegsleiden im Ukraine-Russland-Konflikt 2022, initiiert von privaten Piloten, die medizinisches Personal und Medikamente auf dem schnellsten Weg – dem Luftweg – an die ukrainische Grenze fliegen.

Sie können unterstützen, indem Sie

  • sich als Pilot melden,
  • ein Flugzeug zur Verfügung stellen,
  • ehrenamtlich vor Ort mitarbeiten, – Kontakte oder hilfreiche Informationen bereitstellen

AERO-CLUB Mülheim an der Ruhr e.V.  –  Flughafen Essen/Mülheim, Roßkothenweg 15, 45470 Mülheim an der Ruhr.

Die Erlebnisse des Piloten Franz Finkenzeller (90)

Bis vor zwei Jahren saß Franz Finkenzeller aus Landsham im Cockpit. Jetzt wird der Pilot 90 und erzählt vom Alleinflug über den Atlantik, von Treffen mit Romy Schneider und vom „Toiletten-Josef“. Als Bub unter der Erde im Bunker vor Kriegsbombern versteckt und von Druckwellen der Bomben umher geschleudert worden. Nachher wieder herausgeklettert, abgestürzte Flugzeuge auseinandermontiert, um sich selbst eines zu basteln. 1956 als 24-jähriger Flugzeugmechaniker am Flughafen Riem die junge Schauspielerin Romy Schneider in die Technik des Flugzeugs eingeweiht. Als Pilot bis zum 88. Lebensjahr zigtausende Kilometer mit großen und kleinen Maschinen durch die ganze Welt geflogen. Im Jahr 1980 mit einer einmotorigen Beechcraft Bonanza A36 allein nachts den Atlantik überquert, wobei zwei Stunden nach dem Start schon der Autopilot ausgefallen war. Und dann die Geschichte mit dem „Scheißhaus-Sepp“ (entschuldigen Sie, liebe Leser, diesen bayerischen Fäkalausdruck, aber nur damit wird später eine Anekdote verständlich). All das und vieles mehr hat Franz Xaver Finkenzeller aus Landsham erlebt. Er feierte am Montag, 17. Januar, seinen 90. Geburtstag und gewährt einen kleinen Blick in sein Fliegerleben gegeben.

Eines seiner größten Abenteuer hat Finkenzeller 1980 erlebt. Er hatte sich in Amerika ein einmotoriges Propellerflugzeug gekauft und wollte es selbst nach Hause fliegen. Zunächst von Washington nach Gander/Neufundland, von dort aus über den Atlantik bis Augsburg. Das kleine Sportflugzeug wurde in Amerika so umgebaut und betankt, dass es für einen Flug über sechszehn und eine halbe Stunde reichte. Am 2. September 1980 startete Finkenzeller zur Atlantiküberquerung über Nacht, zwei Stunden später fiel der Autopilot aus und der damals 48-Jährige musste das Flugzeug hoch konzentriert allein steuern. Mit einer Gummischwimmweste um den Oberkörper und ein Schlauchboot neben sich – für den Fall des Absturzes in den Atlantik. Nach 15 Stunden und fünf Minuten landete er wohlbehalten in Augsburg. „Wir hatten Riesenangst“, erzählt Anna Finkenzeller, die 87-jährige Schwester. Angst hatte vor allem die Mutter immer wieder gehabt, wenn der Franz in der Luft war. Das war er oft.

Der gebürtige Landshamer war Pilot bei der Fluggesellschaft „Bavaria“, danach 17 Jahre bei der Royal Air Maroc, in dieser Zeit lebte er mit seiner Familie in Casablanca in Marokko, später war er Privatpilot für Unternehmen und Firmenchefs. Bis vor zwei Jahren. Mit 88 hat Franz Finkenzeller mit dem Fliegen aufgehört. Begonnen hat er 1956. Der Wunsch, Pilot zu werden, war immer da. „Als Kind habe ich schon ein Buch mit dem Titel ,Fliegen lernen’ gelesen, immer und immer wieder. Abends bin ich im Bett gelegen und habe mir vorgestellt, wie ich abhebe, lande und fliege“ erzählt er. Dabei bewegt er eine Hand wie an einem Steuerknüppel nach vorne und zurück, mit dem Daumen drückt er auf einen imaginären Knopf. So sei er stundenlang im Bett gelegen.

Landsham: Als Bub vor den Kriegsbombern im Bunker versteckt
Als im Zweiten Weltkrieg amerikanische Flugzeuge über Landsham schwebten, versteckte sich die Familie Finkenzeller im Schutzbunker im Garten. Einmal, erzählt Franz Finkenzeller, sei er dort unten von der Druckwelle einer Bombe richtig umgeweht worden. „Vor den Bombern hatte ich Angst“, erinnert er sich an seine Kindheit. Dann fügt er hinzu: „Vor dem Fliegen hatte ich nie Angst.“ Als die Bomber weg waren und er und sein Bruder Adolf ein abgestürztes Flugzeug im Feld entdeckten, rannten sie hin und montierten es auseinander. Um aus den Teilen selbst ein Flugzeug zu basteln. „Die waren schon immer Flugzeug-verrückt“, sagt Finkenzellers Schwester Anna und lacht. In Franz Finkenzellers Flugbuch ist jeder Flug handgeschrieben mit Datum eingetragen. Der erste war vor 66 Jahren, am 7. Januar 1956. „Schulflug“ steht in der Spalte „Zweck des Fluges“. Im Rahmen der Ausbildung war Finkenzeller da noch Begleitperson im Cockpit. Am 13. März 1956 ist in der Spalte Flugzeugführer notiert: „Finkenzeller“. Zweck des Fluges: „Alleinflug“. Sein erster Flug. „Ich war ein Scharnierl“, sagt der 90-Jährige über sich selbst und schmunzelt. Normalerweise habe man damals etwa 30 Flugstunden gebraucht, um erstmals allein fliegen zu dürfen. Er durfte es nach einer Gesamt-Übungsflugzeit von zweieinhalb Stunden. Weil er theoretisch schon alles wusste, weil er jahrelang, schon als Kind, sich auf diesen Moment vorbereitet hatte.

Romy Schneider die Flugzeugtechnik erklärt
1956 war auch das Jahr, in dem Franz Finkenzeller die damals 17-jährige Romy Schneider kennenlernte. Die junge Schauspielerin war am Flughafen in Riem zum Filmdreh, der gelernte Auto- und Flugzeugmechaniker Finkenzeller hatte in ein Flugzeug eine Vorrichtung für eine Kamera eingebaut für Luftaufnahmen. „Romy Schneider wollte alles wissen, sie wollte selbst fliegen lernen“, erinnert er sich. Dann aber sei ihr der Aufwand doch zu viel gewesen. Nach ihrem Treffen schickte Romy Schneider Franz Finkenzeller Bilder von ihren damaligen Treffen. Die beiden sehen aus wie ein Filmpaar.

Die Geschichte vom „Toiletten-Josef“
Die Wege trennten sich, Finkenzellers erster großer Arbeitgeber nach der Ausbildung zum Piloten war die Münchner Fluggesellschaft „Bavaria“ mit Sitz am Flughafen in Riem. Beides gibt es schon lange nicht mehr, folgende Anekdote aber bleibt für die Ewigkeit: Franz Finkenzeller hatte und hat noch heute viele Freunde in Kirchheim und Ismaning. Einer von seinen Bekannten ward „Scheißhaus-Sepp“ genannt. Diesen Spitznamen hatte er von seinen Freunden bekommen, weil er Klempner war. Als das Bordpersonal vor dem Abflug einer Passagiermaschine in München-Riem die obligatorische Durchsage „Kapitän Finkenzeller und seine Crew begrüßen Sie an Bord“ an die Passagiere gemacht hatte, meldete sich ein Mann, sagte, er sei aus Ismaning und bat eine Stewardess, den Kapitän zu fragen, ob er ihn kurz im Cockpit besuchen dürfe. Weil er ihn kenne. Die Flugbegleiterin tat, wie geheißen, und informierte Franz Finkenzeller nach. „Ich antwortete, sie solle ihn fragen, ob er der ,Scheißhaus-Sepp’ ist“, erzählt er lachend.

Großer Spaß: Mit dem Flugzeug die Bauern auf dem Feld erschreckt
Die Stewardess sei zurück in den Passagierraum gegangen, habe sich aber nicht getraut, einen fremden Mann mit eben jenem Ausdruck anzusprechen. „Es war ihr unangenehm. Sie hat ihn dann gefragt, ob er der Toiletten-Josef sei.“ War er zwar nicht, aber ein Freund von eben jenem. Also durfte er ins Cockpit. „Ich könnte ein Buch schreiben“, sagt Franz Finkenzeller über sein Leben als Pilot. Seine Schwester Anna nickt zustimmend und fordert ihn auf, doch bitte nicht vergessen zu erzählen, wie er manchmal seine Späße mit den hiesigen Bauern getrieben habe. „Die habe ich ein bisserl bei deren Arbeit auf den Feldern versprengt“, sagt der 90-Jährige und schmunzelt. Wenn ein Flugzeug sehr sehr niedrig über Landsham geflogen sei, „dann wussten alle: Das ist der Franz“, lacht Anna Finkenzeller. Quelle: ‚Merkur‚.