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Air-Parade auf dem Stanserhorn

Wer diese Oldtimerflugzeuge sehen will, muss per Seilbahn hoch hinaus. Denn Europas höchstgelegene Flugschau findet auf dem Stanserhorn statt.

Auf der einen Seite ragen majestätische Alpengipfel in den tiefblauen Himmel. Gegenüber glitzert tief unten idyllisch der Vierwaldstättersee. Das Allerbeste für Flugzeugfans hier Anfang Juli auf dem Stanserhorn inmitten der Zentralschweiz: Über, seitlich und sogar unterhalb des Alpengipfels fliegen wunderschöne Oldtimer vorbei.

Das Ganze nennt sich Air-Parade. Es bietet ungewohnte Perspektiven. Denn hier auf 1900 Meter Höhe fliegen die Maschinen auf Augenhöhe mit den Zuschauern an der Aussichtsterrasse vorbei. Manche Piloten rauschen unterhalb der Besucher durch. Wann sonst blickt man jemals bei einer Flugschau von oben auf vorbeifliegende Flugzeuge. Kunstflugmanöver sind keine zu sehen. Lediglich Vorbeiflüge sind erlaubt. Denn nur dadurch gibt es eine Erlaubnis für die Veranstaltung vom Bundesamt für Zivilluftfahrt.

Mehrere hundert Flugzeugfans auf dem Gipfel erleben so eine bunte Parade im Sechsminutentakt. Den Auftakt bildet der Doppeldecker Gipsy Moth vom britischen Hersteller DeHavilland. Er ist selbst unter Oldtimern der Methusalem. Denn mit Baujahr 1931 ist er das älteste Flugzeug. Entsprechend benötigt die Moth – übersetzt Motte – einige Zeit, um auf 2000 Meter Höhe für die Vorführung zu klettern. Schliesslich leistet der betagte Reihenmotor des offenen Zweisitzers gerade mal 85 PS.

Ausserst agil hingegen kommt ein Bücker Jungmann angeflogen. Der einst in Rangsdorf bei Berlin in den 1930erjahren produzierte Zweisitzer ist eines der beliebtesten Oldtimerflugzeuge in der Schweiz. Der Jungmann wäre zwar prädestinert für Kunstflug – bei der Airparade belässt es der Pilot aber mit flotten Vorbeiflügen. Allerdings verbindet er diese publikumswirksam mit spektakulären Auf- und Abschwüngen. 

Ein weiteres Flugzeug sieht aus wie ein Klassiker, ist aber gerade mal zwei Jahre alt. So brummt als Premiere der Nachbau einer Junkers F13 übers Stanserhorn. Das Original ist eine frühe Legende der Aviatik. Die Junkers F13 war in den 1920erjahren das erste Verkehrsflugzeug aus Ganzmetall mit der charakteristischen Junkers Wellblech-Aussenhaut. Mehr als 300 Exemplare wurden zwischen 1919 und Anfang der 1930erjahre von Luftfahrtpionier Hugo Junkers in Dessau gebaut. Über die Vorführung der F13 freuen sich drei Besucher auf dem Alpengipfel ganz besonders. Denn der Enkel von Konstrukteur Hugo Junkers, Bernd Junkers, nimmt mit Frau und Tochter Charlotte, die auch Pilotin ist, am Event teil.

Aus eidgenössischer Produktion stammt der Pilatus P-2. Quasi als Heimspiel schaut die Crew dieses Schulflugzeugs vorbei. Der schnittige P-2 hatte im April 1945 Erstflug. Mehr als 30 Jahre lang flogen die Tandemsitzer in der Schweizer Luftwaffe. Kinobesucher kennen sie auch aus einer Actionszene der “Indiana-Jones”-Filmreihe.

Ein Towerlotse des nahen Flugplatzes Buochs koordiniert die Anflüge zudem über Funk. Denn eigens für die Air-Parade wird eine sogenannte “Danger Area” bis zu einer Höhe von 8000 Fuss – etwa 2440 Meter – um den Flugplatz Buochs an diesem Samstag temporär aktiviert, um die Airparade-Teilnehmer von anderem Luftverkehr abzuschirmen.

Neben Flugzeugen macht auch ein Helikopter-Oldie den Zuschauern seine Aufwartung: Ein Bell 47, wegen der großen Glaskuppel auch spöttisch Goldfischglas genannt, kommt gemütlich bis zum Gipfel des Stanserhorn angeknattert. Dieses Modell, gebaut von 1948 bis 1976, ist mit etwa 5000 verkauften Exemplaren einer der erfolgreichsten Hubschrauber aller Zeiten.

Ein Fieseler Storch in Bemalung der Schweizer Luftwaffe, in der einst mehrere Maschinen dieses Typs dienten, wirkt beim Vorbeiflug merkwürdig geschrumpft. Des Rätsels Lösung: Es ist ein Nachbau im Zweidrittel-Maßstab, ein Slepcev Storch. Die Besucher freuen sich natürlich trotzdem, denn das Replikat fliegt ähnlich langsam wie sein Vorbild und wirkt damit originalgetreu.

Das nächste Flugzeug fällt durch seine aussergewöhnliche Lackierung auf. Grelles Pink kombiniert mit kräftigem Gelb sorgt für Farbenvielfalt. Auch die Aufschrift “Himalaya” am Rumpf ist ungewöhnlich. Auf der Motorhaube steht “Yeti”. Profis erkennen rasch, dass die Maschine ein Pilatus PC-6 Porter ist. Dieser Porter ist Baujahr 1962 und somit ein frühes Exemplar der Modellreihe, damals noch mit Kolbenmotor anstelle der späteren Propellerturbine. Das Besondere – der Yeti ist das originalgetreue Replikat eines PC-6, der 1960 im nepalesischen Himalaya durch Gletscherlandungen auf 5500 Metern Höhe Weltrekorde aufstellt und später dort verunglückt.

Das grösste Flugzeug kommt kurz vor Abschluss der Air-Parade. Es ist eine in den USA gebaute North American B-25J Mitchell der Flying Bulls aus Österreich. Der hochglanzpolierte Ex-Warbird mit zwei je 1700 PS starken Sternmotoren ist in Salzburg stationiert. Seine Piloten kommen gerne mal durch die Alpen zu einer Stippvisite bei den Schweizer Nachbarn vorbeigeflogen. Die donnernden Vorbeiflüge lösen bei vielen Zuschauern Hühnerhautmomente aus.

Ein Überraschungsgast taucht mit lautem Fauchen am Ende der Airparade auf. Es ist ein Jet-Oldie, ein Hawker Hunter. Dieser einstige Militärjet flog jahrzehntelang in der Schweizer Luftwaffe. Der sogenannte Papyrus-Hunter vom Hunterverein Obersimmental kommt mehrfach spektakulär übers Stanserhorn gerauscht.

Die Piloten geniessen es jedenfalls sichtlich, ihre Klassiker endlich einmal wieder vor großem Publikum präsentieren zu dürfen. Dass Loopings und Rollen tabu sind macht den Zuschauern nichts. Denn die Oldies quasi hautnah bei ihren Vorbeiflügen zu erleben ist in dieser Höhe und einer unvergleichlichen Alpenkulisse Spektakel genug. Autor / Fotos / Quelle: ‘Jürgen Schelling’.

Action am Stanserhorn

Es gibt derzeit keine Airshow in der Schweiz? Von wegen! Wer diese Flugzeugparade erleben wollte, musste Ende Juli allerdings hoch hinaus – aufs 1900 Meter hohe Stanserhorn

Von Jürgen Schelling

Was für ein Erlebnis: In 6000 Fuß Höhe herrliche Oldtimer extrem nah vorbeifliegen zu sehen – ein Traum. Die Bergstation auf dem Stanserhorn in der Zentralschweiz bot am 25. Juli eine extrem ungewöhnliche Location für eine Luftfahrtveranstaltung.

Das Spektakuläre an der Air-Parade: Normalerweise müssen Flugzeuge einen Abstand von mindestens 500 Fuss zum Boden haben. Am steil abfallenden Stanserhorn ist das aber überhaupt kein Problem. Deshalb konnten die Maschinen hier auf Augenhöhe mit den Zuschauern direkt an der Aussichtsterrasse vorbeifliegen. Kunstflug war allerdings tabu, lediglich Vorbeiflüge waren erlaubt.

Mehrere hundert Zuschauer auf dem Gipfel bewunderten die Parade der insgesamt 14 Klassiker im Sechsminutentakt. Als eine der kräftigsten Maschinen kam gleich zu Beginn der weltweit grösste Doppeldecker Antonov An-2 angeflogen. Gleich zwei verschiedene An-2 von den Startflugplätzen Birrfeld und Grenchen brummten am Stanserhorn auf Augenhöhe mit den Zuschauern vorbei.

Mehrere Bücker Jungmann und ein Jungmeister folgten, dazu zwei Piper Cub, eine davon auf Floats, Yak-52, AT-16 und ein Stinson L-5 von 1943, der einst sogar noch im Kriegseinsatz im Pazifikraum als Aufklärer diente.

Aus eidgenössischer Produktion und quasi als Heimspiel schaute die Crew eines privaten Pilatus P-2 vorbei. Der Tiefdecker mit Tandemcockpit hatte im April 1945 seinen Erstflug und wurde am unterhalb des Stanserhorns gelegenen Flugplatz Buochs gebaut. Mehr als 30 Jahre flog der P-2 in der Schweizer Luftwaffe.

Ein extrem seltener Klassiker war auch der U4M Pelikan aus den 1960er Jahren. Der vierplätzige Holz-Tiefdecker wurde einst in Kleinstserie von nur vier Stück von der Firma Walter Uetz Flugzeugbau in Speck-Fehraltorf hergestellt. Er ist aufwändig restauriert und heute als einer von zwei Überlebenden wohl im Besser-wie-neu-Zustand.

Eine DeHavilland Gypsy Moth benötigte einige Zeit, um auf fast 6000 Fuß zu klettern. Denn der Reihenmotor des Zweisitzers von 1931 hat lediglich 85 PS. Die Gypsy Moth war die älteste Maschine der Air-Parade.

Zwei angekündigte Flugzeuge konnten leider nicht teilnehmen: Eine Schweizer Beech 18 aus dem Jura konnte wegen Wetterproblemen nicht anreisen, eine ebenfalls zweimotorige DeHavilland Dove aus Deutschland musste in Buochs wegen Magnetproblemen an einem Motor die Teilnahme aus technischen Gründen kurzfristig absagen.

Das grösste Flugzeug kam als vermeintlicher Abschluss der Air-Parade, eine legendäre Douglas DC-3. Die 1943 gebaute Twin mit Standort Grenchen kann bis zu 16 Passagiere befördern. Die DC-3 begeisterte durch ihre hochglanzpolierte Aussenhaut im Swissair-Look und rassige Vorbeiflüge.

Dann gab es sogar noch einen Überraschungsgast zum Ende der Airparade, und was für einer: Eigens aus Salzburg kam der Chefpilot der Flying Bulls, Raimund Riedmann, in der Lockheed P-38 Lightning vorbeigerauscht. Der Jäger war und ist mit bis zu 410 Knoten eines der schnellsten Propellerflugzeuge. Mit drei rasanten Überflügen – gefühlt eher flotter als die hier im unteren Luftraum erlaubten 250 Knoten – setzte die extrem seltene Twin einen krönenden Schlusspunkt dieser aussergewöhnlichen Flugschau, der vermutlich Einzigen der Schweiz in diesem Jahr.