Vorgeschichte und Flugverlauf
Die Formation „GrassHoppers“ bestand aus drei Piloten, die mit ihren Ultraleichtflugzeugen (UL) des Musters Ikarus C 42 B regelmässig zusammen Formationsflüge ausführten und ihr Können auch vor Publikum vorführten. Ihre Trainingsbasis war der Flugplatz Bremgarten (EDTG) in Deutschland, wo sie auch gemeinsam das Flugprogramm für die Vorführungen an den Dittinger Flugtagen 2015 übten. Am Freitag, 21. August 2015 flogen die drei Piloten mit ihren Ultraleichtflugzeugen vom Flugplatz Bremgarten aus zum Flugfeld Dittingen, wo sie nach einem halbstündigen Überflug kurz vor 18 Uhr landeten. Um 19 Uhr starteten sie zu einem Trainingsflug mit dem Ziel, ihr Flugprogramm unter den lokalen Gegebenheiten zu üben, dabei die vorgeschriebenen Flughöhen einzuhalten, die geografischen Fixpunkte und Referenzlinien zu berücksichtigen sowie die Sicherheitsabstände zum Publikumsbereich einzuhalten. Dieser Trainingsflug, der rund 12 Minuten dauerte, galt auch als sogenannter Abnahmeflug gegenüber dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL).
Tags darauf führten sie ihr Flugprogramm gegen 13 Uhr dem Publikum vor. In Folge von thermischen Aufwinden war die Luft unruhig, so dass die Piloten während der Flugvorführung die Abstände zwischen ihren Ultraleichtflugzeugen vergrössern mussten. Obwohl es bei der Flugvorführung keine Probleme gab, verlief sie für die Piloten nicht zufriedenstellend. Deshalb starteten sie um 19 Uhr zu einem Trainingsflug, um das ganze Flugprogramm in ruhiger Luft nochmals abzufliegen. Am Sonntag 23. August 2015 führten die drei Piloten ihre Flugvorbereitungen ohne Zeitdruck durch. Sie beabsichtigten, zu demselben Flugprogramm, wie sie es schon tags zuvor und seit zwei Jahren praktisch unverändert geflogen hatten, zu starten. Einzig an der letzten Figur im Programm, dem sogenannten smily, wollten sie aufgrund von Aufnahmen vom Vortag optische Korrekturen anbringen.
Um 11:17 Uhr des 23. August 2015 starteten die drei Piloten mit ihren Ultraleichtflugzeugen auf der Piste 11 des Flugfeldes Dittingen in kurzen Abständen hintereinander. Danach schlossen sie auf einer Flughöhe von 300 ft über der Flugfeldhöhe zu einer Dreiecksformation auf. Dabei flog Pilot 1 als Formationsführer (leader) in der Formation vorne, Pilot 2 in der Position hinten rechts und Pilot 3 hinten links, beide in einer Flügellinie mit jeweils gleichen Abständen zum leader.
Die atmosphärischen Bedingungen waren gut und das Flugprogramm gelang den Piloten gemäss ihren Angaben gut. Vor der zweitletzten Figur, der sogenannten Welle, flogen sie eine Linkskurve in Dreiecksformation um auf die Vorführachse, die parallel zur Piste und nördlich davon lag, einzudrehen. Im Geradeausflug verlangsamte der leader die Geschwindigkeit seines Ultraleichtflugzeuges, damit die hinter ihm fliegenden Piloten 2 und 3 ihn überholen konnten, indem sie mit ihren Flugzeugen rechts, respektive links, leicht oberhalb an ihm vorbeiflogen. Nach dem Überholmanöver flogen die beiden Flugzeuge 2 und 3 mit einem seitlichen Abstand von ungefähr vier Flügelspannweiten zwischen den Flügelenden. Danach übernahm Pilot 3 die Führung, gab das Kommando „smoke on“ und flog im Horizontalflug geradeaus weiter. Das Flugzeug von Pilot 2 befand sich dabei rechts von ihm auf gleicher Flughöhe mit gleicher Fluggeschwindigkeit. Pilot 1 leitete beim Kommando „smoke on“ einen Steigflug ein und flog anschliessend zwischen den Flugbahnen der beiden vor ihm fliegenden Flugzeugen eine wellenförmige Flugbahn. In den Kulminationspunkten dieser wellenförmigen Flugbahn war eine Flughöhe jeweils höher als diejenige der vor ihm fliegenden Flugzeuge und in den Wellentälern tiefer. Die Piloten 2 und 3 steuerten ihre Flugzeuge bis auf einen seitlichen Abstand von ungefähr einer Flügelspannweite näher zusammen. Beim Sinkflug nach der zweiten Kulminationsphase verringerte sich der Abstand des Flugzeuges von Pilot 1 gegenüber den anderen beiden Flugzeugen, so dass es sich am tiefsten Punkt seiner Flugbahn vor der dritten Steigflugphase ungefähr unter den beiden anderen Flugzeugen befand (vgl. Abbildung 2). Die Flughöhe des Flugzeuges von Pilot 3 hatte sich in der Zeitspanne seit dem Vorbeiflug am Flugzeug des leaders, unmittelbar vor der Figur Welle, um rund 30 m verringert.
Beim Einleiten des dritten Steigfluges sah Pilot 1 die beiden anderen Flugzeuge und deren Rauch nicht. Er gab an, dass er die Motorleistung reduziert und die Nase seines Flugzeuges nach unten gedrückt habe. In demselben Moment, als er den Knopf zum Senden eines Funkspruchs drückte, habe er einen Schlag wahrgenommen. Die Flugzeuge 1 und 2 kollidierten um 11:21 Uhr (vgl. Abbildung 3). Beim Zusammenstoss der Oberseite von Flugzeug 1, eingetragen als D-MSON, mit der Unterseite des hinteren Rumpfteils von Flugzeug 2, eingetragen als D-MUHH, kippte das Flugzeug 2 um die Querachse nach vorne unten, worauf es in einer Fluglage mit seiner Nase senkrecht nach unten abstürzte. Das Flugzeug zerschellte an einem Unterstand im Dorf Dittingen und wurde dabei vollständig zerstört. Der Unterstand wurde durch brennende Trümmerteile in Brand gesetzt. Der Pilot wurde tödlich verletzt.
Der Pilot im Flugzeug 1 konnte kurz nach der Kollision den Auslösemechanismus des ballistischen Rettungssystems betätigen, worauf sein Flugzeug am Fallschirm hängend im Garten eines Hauses am Dorfrand von Dittingen zu Boden kam. Der Pilot zog sich dabei nur leichte Verletzungen zu und konnte sein Flugzeug aus eigener Kraft verlassen. Das Flugzeug 3 war von der Kollision nicht betroffen. Der Pilot im Flugzeug 3 erwartete das Kommando „smoke off“ des leaders als er ein Geräusch wahrnahm, das sich anhörte, als würde sich ein Propeller in etwas hinein fressen. Er flog einen Vollkreis in Drehrichtung links um sein Sichtfeld auf die Flugzeuge seiner Kameraden zu richten. Dabei erblickte er eines der beiden Flugzeuge am Fallschirm hängend. Bei weiteren Vollkreisen, die er flog, konnte er die Landung dieses Flugzeuges beobachten. Den brennenden Unterstand im Dorf erblickte er erst später. Er übermittelte seine Beobachtungen sowie die Position des brennenden Unterstandes per Flugfunk an die Flugdienstleitung und landete danach auf dem Flugfeld Dittingen.
Früherer Vorfall
Anlässlich eines länger zurückliegenden Trainingsfluges kam es in der Figur Welle zu einer unbeabsichtigten Annäherung zwischen den Flugzeugen von Pilot 1 und Pilot 3. Das Flugzeug von Pilot 1 kam beim Abschluss der Figur Welle von unten dicht vor dem Flugzeug von Pilot 3 hoch, worauf dieser sofort die Leistung reduzierte und hochzog, um Abstand zum vor ihm fliegenden Flugzeug 1 zu gewinnen. Nach dem Flug wurde der Vorfall von den Piloten gemeinsam besprochen. Sie kamen überein, dass das Flugzeug von Pilot 1 beim Vorfall unter den beiden anderen Flugzeugen gewesen sein musste, als dieser sie beim Hochziehen nicht gesehen hatte. Die Massnahmen zur Vermeidung eines erneuten Vorfalls wurden in der Erinnerung der beiden überlebenden Piloten unterschiedlich gewichtet. Gemäss den Angaben eines Piloten vereinbarten sie, dass Pilot 1 nicht hochziehen darf, wenn er die beiden anderen Flugzeuge nicht sieht. Zudem soll er den Funkspruch „smoke off“ als Abbruchkommando absetzen, damit die beiden vor ihm fliegenden Piloten den seitlichen Abstand zwischen ihren Flugzeugen vergrössern. Gemäss den Angaben des anderen Piloten vereinbarten sie, dass die vorne fliegenden Flugzeuge 2 und 3 zukünftig mit einer höheren Geschwindigkeit fliegen, damit diese von Flugzeug 1 nicht eingeholt werden. Zur Aufarbeitung des Vorfalls wurden keine weiteren Massnahmen ergriffen sowie keine Drittpersonen zur Beurteilung und Unterstützung beigezogen. Eine über die getroffenen Massnahmen hinausgehende Analyse der Figur Welle auf mögliche Gefahren und eine umfassende Beurteilung der Risiken wurde nicht durchgeführt.
Aufsicht
Am Freitag vor der Veranstaltung fand ein ausführliches Briefing mit dem BAZL, dem verantwortlichen Leiter des Flugprogramms und dem leader der Formation GrassHoppers statt. Dieser zeigte den Anwesenden das Vorführprogramm in Form einer graphischen Skizze. Anschliessend fand der verlangte Trainingsflug statt, der vom verantwortlichen Leiter des Flugprogramms, als Vertreter des Experten des BAZL, beurteilt wurde. Sämtliche Auflagen und Vorgaben wie das Einhalten der horizontalen Distanz und Minimalhöhe sowie das Vermeiden von Kreuzungen und Kunstflugfiguren wurden eingehalten. Es gab keine Veranlassung für zusätzliche Auflagen oder eine Ablehnung der Vorführung. Der Vorführungsflug vom Samstag und der anschliessende Trainingsflug wurden von einem Experten des BAZL beobachtet. Es gab keinen Anlass für Beanstandungen.
Auswertung der Videos der Figur Welle
Von den Flugvorführungen der Formation GrassHoppers standen der Untersuchung Videodokumente zur Verfügung. Die Auswertung des Videomaterials der Figur Welle ab dem Zurückfallen vom Flugzeug 1 bis zum Beenden der zweiten Welle zeigt beim Flug am Sonntag gegenüber dem Flug am Samstag folgende wesentliche zeitlichen Unterschiede:
- Nach dem Absetzen aus der Dreier-Formation begann Pilot 1 mit dem ersten Steigflug zur Figur Welle etwa 2 Sekunden früher als am Samstag.
- Der Sinkflug in der zweiten Welle vom Kulminationspunkt bis zum Erreichen des Wellentals dauerte rund 3 Sekunden länger als beim Flug am Samstag.
- Die Gesamtzeit der zweiten Halbwelle unterhalb der Flugbahn der Flugzeuge 2 und 3 war am Samstag ca. 3 ½ Sekunden. Am Sonntag betrug diese rund 7 Sekunden
Medizinische und pathologische Feststellungen
Pilot 1 wurde leicht und Pilot 2 tödlich verletzt. Die Leiche des Piloten 2 wurde einer Autopsie unterzogen. Als Todesursache fand sich eine schwerste Mehrfachverletzung aufgrund der Kollision in der Luft mit Eindringen der Flugzeugfront, insbesondere des Propellers, des Flugzeuges 1 in die Pilotenkabine des Flugzeuges 2 und des nachfolgenden Aufschlages auf dem Boden. Der Unfall war nicht überlebbar. Vorbestehende, die Flugtauglichkeit beeinträchtigende Befunde, liessen sich nicht erheben. Die Blutanalyse auf Alkohol und Drogen bei allen Piloten ergab ein negatives Resultat.
Ausbildung und Training
Die Formation GrassHoppers bestand aus drei Piloten mit unterschiedlichen fliegerischen Erfahrungen. Bevor sie im Jahr 2011 gemeinsam begannen das Formationsfliegen zu üben, verfügte keiner der drei Piloten über eine Ausbildung im Formationsflug. Die theoretische Einführung übernahm ein Fluglehrer, der seine Erfahrungen im Formationsflug als mitfliegendes Besatzungsmitglied in der deutschen Luftwaffe erworben hatte. Er beobachtete die drei Piloten zudem bei Trainingsflügen und stand ihnen beratend bei. Die Piloten trainierten oft, erarbeiteten die Grundlagen zum Formationsflug mit ihren Flugzeugen des Musters Ikarus C 42 B Schritt für Schritt durch Üben und tasteten sich damit an die Formationsfliegerei heran. Allerdings lässt sich nicht erkennen, dass es sich dabei um eine fundierte Grundausbildung für Formationsflug handelte. Als leader der Formation wurde nicht der Pilot mit der grössten Flugerfahrung bestimmt, sondern der mit dem schwächer motorisierten Flugzeug. Die drei Piloten waren sich offenbar der Aufgaben und der Rolle eines leaders einer Formation nicht bewusst, auch wenn das Argument, es sei für die beiden Piloten mit den stärker motorisierten Flugzeugen einfacher aufzuschliessen, nachvollziehbar ist. Die Piloten agierten als gleichberechtigte Mitglieder im Team und erarbeiteten die Figuren und das Programm gemeinsam. Eine klare Führungsverantwortung, wie sie für die Planung, Durchführung und Analyse von Trainings und Vorführungen hilfreich wäre, war nicht vorhanden. Es gibt keine Hinweise darauf, dass das Team die einzelnen Figuren und den Ablauf der Vorführung punkto Risiken systematisch analysiert und beurteilt hatte.
Entstehung des Unfalls
Beim Unfallflug verringerte sich in der Figur Welle die Distanz von Flugzeug 1 zu den vorne fliegenden Flugzeugen 2 und 3 zwischen der ersten und der zweiten Sinkphase. Im Wellental vor der letzten Steigphase befand sich das Flugzeug von Pilot 1 rund 30 Meter unter den beiden anderen Flugzeugen. In dieser Position konnte er die anderen Flugzeuge aufgrund der eingeschränkten Sichtverhältnisse nicht sehen. Die Massnahmen zur Auflösung einer räumlichen und zeitlichen Auflösung einer solchen Konstellation, die anlässlich der Nachbesprechung des früheren Vorfalls besprochen wurden, setzen voraus, dass sowohl das Flugzeug 1 und die beiden vorausfliegenden Flugzeuge die jeweilige Flughöhe beibehalten würden. Die Auswertung der Videoaufnahmen zeigt demgegenüber, dass der vertikale Abstand zwischen den Flugzeugen 1 und 2 während den letzten 5 Sekunden vor der Kollision stetig abnahm. Die GPS-Höhe von Flugzeug 3 verringerte sich in demselben Zeitraum um 7 m (entsprechend einer mittleren Sinkgeschwindigkeit von 1.4 m/s). Unter Annahme gleicher Flughöhen der Flugzeuge 2 und 3, muss Flugzeug 1 in diesem Zeitraum um rund 23 Meter gestiegen sein. Pilot 1 hatte offensichtlich die sich anbahnende Gefahrensituation nicht erkannt. Aufgrund der rekonstruierten geometrischen Sichtverhältnisse aus dem Cockpit kann der minimale horizontale Abstand in Abhängigkeit des vertikalen Abstandes errechnet werden, bei dem die in Flugrichtung oben fliegenden Flugzeuge für Pilot 1 sichtbar sind. Unter Annahme eines vertikalen Abstandes von 30 m und einem Sichtwinkel nach oben von 18° resultiert eine horizontale Distanz von mehr als 90 m. Bei geringeren horizontalen Distanzen werden die beiden Flugzeuge für Pilot 1 von unten, aus dem Wellental kommend, erst sichtbar, wenn er die Nase seines Flugzeuges hochziehen würde. Bei der Flugvorführung am Tag vor dem Unfall verlief die von Flugzeug 3 geflogene Nulllinie während der Figur Welle mit geringfügigen Abweichungen der Flughöhe horizontal. Anlässlich des Unfallfluges nahm die GPS-Höhe des Flugzeuges von Pilot 3 in der vergleichbaren Flugphase während den 25 Sekunden vor der Kollision stetig ab, insgesamt um 30 m. Dies entspricht einer durchschnittlichen Sinkgeschwindigkeit von 1.2 m/s und bei der zurückgelegten Distanz von rund 900 m einem Gleitverhältnis von 1:30. Da beim Unfallflug die geflogene Vorführachse gegenüber der Flugvorführung am Vortag um mindestens 20° nach rechts in Richtung einer tiefer liegenden Horizontlinie verlief, könnte die absinkende Flugbahn von Pilot 3 durch diese tiefer liegende Referenzlinie unbeabsichtigt entstanden sein. Die optischen Referenzen in der hügeligen Umgebung des Flugfeldes Dittingen unterscheiden sich wesentlich von denen des gewohnten Trainingsumfelds der Formation beim Flugplatz Bremgarten mit seiner langen Hartbelagpiste in der Rheinebene. Mit grosser Wahrscheinlichkeit wurde dieser Unterschied bei der Flugtaktik nicht berücksichtigt. Die Voraussetzungen für Pilot 1 änderten sich bei der Figur Welle, als die vorausfliegenden Flugzeuge 2 und 3 absanken. Falls er vergleichbare Flugparameter und gleiche durchschnittliche Motorleistungen wählte wie bei einer horizontalen Nulllinie sowie die Steig- und Sinkphasen rein mechanisch durch Zählen einleitete, musste sich der horizontale Abstand zu den Flugzeugen 2 und 3 bei der sinkenden Nulllinie zwangsläufig verringern. Während den kurzen Sichtphasen, in denen Pilot 1 jeweils die beiden vor ihm fliegenden Flugzeuge sah, erkannte er die sich verringernden Abstände offenbar nicht und reduzierte die Motorleistung nicht entsprechend wirksam, so dass es letztlich zu einer ähnlichen Situation führte, wie sie die drei Piloten bereits einmal erlebt hatten. Erhebliche Risiken, wie sie inhärent mit der Figur Welle verbunden waren, führen im Allgemeinen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einem Vorfall oder einem Unfall, wenn sie nicht erkannt werden und nicht entsprechende sicherheitsbewusste Massnahmen ergriffen werden. Es ist nicht erkennbar, dass die drei Piloten ihren früheren Vorfall (vgl. Kapitel 1.2.3) systematisch analysiert, die Figur Welle grundsätzlich überdacht und die Risiken erkannt hatten. Die Wahrscheinlichkeit für das Kollisionsszenario, das letztlich zum Unfall führte, war deshalb erheblich.
Verhalten der Besatzungen nach der Kollision
Der Pilot im Flugzeug 1 löste kurz nach der Kollision das ballistische Rettungssystem seines Flugzeuges aus, worauf sein Flugzeug am Fallschirm hängend zu Boden kam. Durch sein unverzügliches Handeln und das funktionierende Rettungssystem konnte er sein Flugzeug nach der Landung mit nur leichten Verletzungen aus eigener Kraft verlassen. Durch das Eindringen des drehenden Propellers von Flugzeug 1 in die Kabine des Flugzeuges von Pilot 2, wurde dieser schwer verletzt. Es konnte nicht festgestellt werden, ob er noch handlungsfähig war und das ballistische Rettungssystem seines Flugzeuges auslöste, oder ob es in Folge von Kollisionsschäden am Flugzeug selbsttätig ausgelöst wurde. Der Fallschirm des Rettungssystems wurde nicht wie vorgesehen aus dem Flugzeug hinausgezogen, so dass dieses ungebremst auf dem Boden aufprallte. Der Unfall war für Pilot 2 nicht überlebbar. Das Flugzeug von Pilot 3 war von der Kollision der beiden anderen Flugzeuge nicht betroffen. Nach dem Wahrnehmen des ungewöhnlichen Geräusches war für Pilot 3 die Situation unklar. Indem er sein Flugzeug nach links wegdrehte, mehrere Vollkreise flog, um sich Übersicht zu verschaffen, und in der Folge seine Beobachtungen per Flugfunk übermittelte, handelte er besonnen.
Ursachen
Der Unfall bestand aus einer Kollision zweier Flugzeuge im Dreier-Formationsflug an einer öffentlichen Flugvorführung. In der Folge stürzte ein Flugzeug unkontrolliert ab und das andere Flugzeug ging am Fallschirm seines ballistischen Rettungssystems zu Boden. Als direkte Ursache dieses Unfalls wurde folgender Faktor ermittelt:
- Fliegen einer wellenförmigen Flugbahn mit Flugphasen ohne Sicht auf zwei vorausfliegende Flugzeuge der Formation, deren Flugebene durchstossen wurde.
- Folgender Faktor hat zum Unfall beigetragen:
- Fliegen einer absinkenden Flugbahn der vorausfliegenden Flugzeuge der Formation.
- Als systemisch-beitragender Faktor des Unfalls wurde die unvollständige Ausbildung der Piloten im Formationsflug erachtet, was dazu führte, dass die Gefahren und Risiken der geflogenen Figur nicht erkannt wurden. Die Untersuchung hat folgenden Faktor ermittelt, der die Entstehung und den Verlauf des Unfalls zwar nicht beeinflusst hat, aber dennoch ein Sicherheitsrisiko (factor to risk) darstellt:
- Das BAZL erteilte den Piloten aufgrund der Einzelfallklausel in der Richtlinie eine Vorführbewilligung.
Sicherheitsempfehlungen
- Die Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (European Union Aviation Safety Agency – EASA) sollte durch geeignete Massnahmen sicherstellen, dass zur Ausübung von Formationsflügen eine systematische theoretische und praktische Ausbildung sowie eine entsprechende Berechtigung notwendig sind.
- Die Agentur der Europäische Union für Flugsicherheit (European Union Aviation Safety Agency – EASA) sollte durch geeignete Massnahmen sicherstellen, dass für öffentliche Flugvorführungen international standardisierte Richtlinien in allen Mitgliedstaaten angewendet werden. In diesen Richtlinien sollten die Bedingungen zum Erlangen einer Vorführbewilligung (Display Authorisation) definiert, die theoretische und praktische Ausbildung sowie die Überprüfung des Wissens und der fliegerischen Fähigkeiten der Piloten beschrieben werden. Zudem sollten darin die Anforderungen für die Erteilung spezieller Formations-Vorführbewilligungen definiert werden.
- Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) sollte die Beurteilung von Gefahren und die Bewertung der Risiken für Dritte bei öffentlichen Flugvorführungen sicherstellen sowie beim Veranstalter vorzukehrende Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit einfordern.
Seit dem Unfall getroffene Massnahmen
Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) hat nach dem Unfall in Dittingen die Erarbeitung einer Risikobeurteilung (risk assessment) für alle Organisatoren von Flug-Veranstaltungen in der Schweiz eingeführt und dazu eine Vorlage zur Verfügung gestellt. Die Organisatoren müssen die Gefahren ihrer Veranstaltung systematisch identifizieren, das Risiko beurteilen und Risikominderungsmassnahmen (Mitigationen) umsetzen und dokumentieren. Mindestens eine Gefahrenbeurteilung hat das Thema „Drittrisiken wie besiedelte Gebiete, Strassen und Eisenbahnen“ zu beinhalten. Quelle / Vollständiger Bericht: ‚SUST, Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle‚.