Drohnen: Was darf man?

Der Traum vom Fliegen wird zumindest ein bisschen wahr, wenn man einen unbemannten Flugkörper aus der Ferne steuert. Allerdings können Hobbypiloten dabei vieles falsch machen. Kaum ist es draußen warm und schön, beginnt das Surren. Ein hohes Flirren, aggressiv an- und abschwellend, wie von wütenden Insekten. Immer öfter aber sind es weder Wespen noch Hornissen auf Nahrungssuche, die den Frieden stören, es ist vielmehr einer der Nachbarn, der quasi einen Rundflug durch die Gegend unternimmt. Und so eine Drohne kann einem den Nachmittag ebenso vermiesen wie ein Schwarm zudringlicher Insekten.

Nur, was tun? Der Himmel gehört schließlich allen, oder? Mag vielleicht sein. Trotzdem darf nicht jeder einfach so seine Drohne steigen lassen. Seit Anfang 2021 gilt in der EU für viele Modelle eine Führerscheinpflicht: Ab einem maximalen Startgewicht von 250 Gramm dürfen Drohnen demnach nur mit einem sogenannten Kompetenznachweis gesteuert werden. Nur wenn die Drohne leichter ist oder sie ausschließlich drinnen oder auf speziellen Modellflugplätzen abhebt, gelten Ausnahmen. Außerdem muss der Pilot mindestens 16 Jahre alt sein, wenn sein Fluggerät nicht offiziell als Spielzeug zertifiziert ist, sagt Rechtsanwalt Hajo Rauschhofer aus Wiesbaden. Derzeit aber fehle es noch an konkreten Standards für das sogenannte C0-Label – „somit gibt es keine Drohnen, die dieses Zertifikat erfüllen“.

Wer sich nicht an die Regeln hält, riskiert ein Bußgeld – und ist im Ernstfall womöglich nicht versichert. Jeder Pilot brauche unbedingt eine Haftpflichtversicherung, egal wie groß oder klein die Drohne ist, erklärt Rauschhofer. Der Spezialist für IT-Recht ist selbst auch Drohnenpilot – mit allen Genehmigungen. Bei vielen Haftpflichtversicherern gehöre das Fliegenlassen von Drohnen aber nicht zum Standardprogramm, „oft ist das eine Zusatzleistung, die extra kostet“. Vor dem ersten Start sollten Piloten das unbedingt prüfen und sich den Schutz von der Versicherung bestätigen lassen, rät der Jurist.

Ohne Erlaubnis Nachbarn filmen? Geht gar nicht
Aber auch ohne Absturz kann eine kleine Drohne großen Ärger verursachen. Schon für Preise zwischen 100 und 200 Euro gibt es inzwischen oft Flugzeiten von 15 Minuten und mehr, dazu eine Fernsteuerung, die Hunderte Meter weit reicht, sowie eine extrem hochauflösende Kamera unter den Propellern. Das Recht am eigenen Bild aber gehört jedem Gefilmten selbst – und das überwiegt im Zweifelsfall das Recht aufs eigene Hobby, wie etwa das Amtsgericht Potsdam bereits 2015 entschieden hat (Az. 37 C 454/13).

In der Regel wird so eine Drohne schließlich nicht auf Sicht geflogen, allein schon der großen Entfernung wegen. Also sendet eine Kamera ihre Bilder direkt auf die Fernsteuerung. Geraten dabei aber Bereiche in den Blick, die ansonsten von der Straße oder den Nachbargrundstücken aus nicht einsehbar sind, genüge das schon, um das Recht auf Privatsphäre zu verletzen. Es reicht sogar, wenn die Bilder nur live gesendet und nicht aufgezeichnet werden. Wer gefilmt wird, habe Anspruch auf Unterlassung, Beseitigung, Schadenersatz und Schmerzensgeld, sagt Rechtsanwalt Rauschhofer. „Und wer unerlaubt Personen filmt und die Aufnahmen dann zum Beispiel im Netz veröffentlicht, der begeht womöglich zudem sogar eine Straftat.“

Das zieht juristischen Ärger nach sich. Manchmal wehren sich Nachbarn sogar auf ungewöhnlich Art und Weise. 2019 urteilte beispielsweise das Amtsgericht im sächsischen Riesa, dass sogar der Abschuss einer Drohne in Ordnung gehen kann (Az. 9 Cs 926 Js 3044/19): In dem Fall hatte ein Mann mit seinem Luftgewehr eine Drohne vom Himmel geholt, die über seinem Grundstück schwebte und seine Frau verfolgte. Gesteuert wurde das Gerät vom Nachbarn, der aber, abgeschirmt hinter einer hohen Hecke, in seinem eigenen Garten stand. Der Eigentümer der Drohne stellte Strafantrag, es folgte eine Anklage wegen Sachbeschädigung. Der Schütze habe sich aber im „Defensivnotstand“ befunden, als er schoss, urteilten die Riesaer Richter. Der Schuss aus dem Luftgewehr sei demnach zur „Abwendung der Gefahr erforderlich“ gewesen und der anschließende Absturz samt 1500-Euro-Totalschaden der Drohne habe „nicht außer Verhältnis zu der Gefahr“ gestanden. Der Schütze wurde freigesprochen.

„Das Urteil aus Riesa ist eine Einzelfallentscheidung, kein Freifahrtschein“, warnt allerdings Rauschhofer. „Einfach losballern, das geht nicht. Man muss immer das mildeste Mittel wählen.“ Konkret heißt das, wer sich belästigt fühlt, sollte zumindest versuchen, den Piloten zu finden und mit ihm zu reden. Außerdem sollte er oder sie vielleicht auch bei der Polizei anrufen.

Allem Ärger am sichersten aus dem Weg geht, wer erst gar nicht innerorts fliegt – weder über privaten Wohngrundstücken, wo sich die Anwohner gestört fühlen könnten, noch über öffentlichen Straßen und Plätzen, wo die Drohne ein Risiko für Passanten und Verkehr sein kann. „Sinnvoll und sicher können Privatleute eigentlich nur über freiem Feld fliegen – wenn es kein Naturschutzgebiet ist“, rät Hajo Rauschhofer. Wo genau geflogen werden darf, zeigen beispielsweise kostenlose Apps wie Droniq an. Quelle: ‚Stephan Radomsky in der Süddeutschen Zeitung‚.

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