Weltmeister Werner Meuser wurde 70

Es kommt eine Zeit, da macht man sich Gedanken über das Alter. Der Kirchhainer Werner Meuser räumt ein, lange nicht darüber nachgedacht zu haben. Aber jetzt sei ihm in einer ruhigen Minute bewusst geworden: „Ach du je, du bist fast 70. Wie wird es weitergehen?“ Was die Zukunft bringt, wird sich erweisen. Allerdings ist ein Rückblick auf Meusers sportliche Vita lohnend. Immerhin ist er einer der renommiertesten Segelflieger nicht nur Deutschlands, sondern auch weltweit. Sein Name taucht in etlichen Wettbewerbslisten der Vergangenheit eher selten unter ferner liefen auf. Vielmehr ist seine Titelsammlung beeindruckend.

Ganz hoch hinaus
Neben dem mehrfachen Gewinn der Deutschen Meisterschaft ragen vor allem seine beiden Weltmeistertitel heraus, die er 1997 in den französischen Seealpen und 2001 in Südafrika erflogen hat. Insgesamt hat er ein Dutzend Mal mit der Konkurrenz um WM-Ehren gestritten – zuletzt 2014 in Polen.

„Um an einer Weltmeisterschaft teilnehmen zu können, musst du zu den besten zwei Piloten in Deutschland gehören“, sagt Meuser. Das sei für ihn immer das Schwierigste gewesen, zumal die Konkurrenz im eigenen Land enorm stark sei. „Deutschland ist die führende Segelflugnation“, betont er. Inzwischen hat er die Wettbewerbsfliegerei, bei der in der Regel binnen zwei Wochen jeweils verschiedene Tagesaufgaben erfüllt werden müssen, für sich als beendet erklärt. 2018 hat er sich in einem letzten offiziellen Kräftemessen in Bayreuth noch einmal der Konkurrenz gestellt. „Die sich verändernden Bedingungen haben sich mit der fortschreitenden Computerisierung nicht in meinem Sinne weiterentwickelt“, kritisiert er.

Doch das Segelflugerlebnis als solches will er nach wie vor nicht missen. Eben ist er aus der Region um Grenoble zurückgekehrt, wo er mit Freunden gute zwei Wochen verbracht hat, um einmal mehr und nur zur Lust im Mistralwind die Seealpen zu genießen. „Allerdings hatten wir schlechtes Wetter; es war kalt, bewölkt, und die Thermik war schlecht“, sagt er. Dennoch ist er mit seiner Ventus 3, die eine Spannweite von 18 Metern hat, fast jeden Tag in der Luft gewesen. Wer seit 1974 regelmäßig in die Lüfte steigt, kann offenbar nur schwer davon lassen, zumal der Blick von oben auf die Welt unten noch immer erhaben und elektrisierend wirkt. Außer in Asien und Südamerika hat Meuser viele Länder der Welt aus dieser Perspektive genießen dürfen.

Eine Altersgrenze gibt es bei uns nicht“
Wie lange er das noch fortsetzen kann, hängt nicht nur von seinem Willen, sondern auch von seiner Fitness ab. „Eine Altersgrenze gibt es bei uns nicht, du musst halt gesund sein“, betont er. Alle zwei Jahre stehe der Gang zum Fliegerarzt an, der eine Untersuchung gemäß der Vorschriften des Luftfahrtbundesamtes vornimmt. „Bisher habe ich immer jede bestanden.“ Man benötige für das Segelfliegen zwar keinen Hochleistungskörper wie etwa Topathleten, „aber eine gute Kondition und Nervenstärke zur Stressbewältigung sind unerlässlich“. Die Unterstützung seiner Ehefrau Kerstin ist ihm jedenfalls gewiss.

Natürlich braucht der Flieger verschiedene Flugscheine. Meuser hat sie alle. Überdies muss sich der Pilot stets über neue Entwicklungen auf dem Laufenden halten. War man früher mit Karte und Kompass im Cockpit unterwegs, hat inzwischen auch dort das GPS Einzug gehalten.

Auch als Funktionär verdient sich Meuser einige Meriten. Nachdem er federführend etwa ein Dutzend Mal die Marburg Open in Schönstadt dirigiert hat, bringt er seit 2017 etliche Deutsche Meisterschaften und Qualifikationswettbewerbe über die Bühne. So auch in diesem Jahr, wenn sich in Zwickau vom 6. bis 18. Juni 115 Teilnehmer in drei Klassen um Startplätze bei der WM bemühen. „Da musst du fit sein und das Regelwerk genau kennen“, sagt Meuser, der Mitglied beim LSV Homberg/Ohm ist.

Dass sich im Laufe der vielen Jahre gute Bekanntschaften unter den Fliegern zu Freundschaften verfestigen, weiß auch der seit heute 70-Jährige zu berichten. „Ein guter Freund von mir ist Ulf Merbold, der einzige deutsche Astronaut und Kosmonaut. Er war schon öfters in Schönstadt zu Gast.“ Der Blick über das Marburger Land scheint offenbar auch für einen Weltraumpiloten etwas Besonderes zu sein. Quelle: ‚Bodo Ganswindt in der Oberhessischen Presse‚.

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