Nach Vorflugcheck und Montage der Sauerstoffanlage wurde noch der Flugplan eingereicht, die Haube geschlossen und der Motor angeworfen. Mit der Kontakt-Aufnahme mit Graz Tower gegen 11:55 ging es nun endlich los. Wenig später, schon abflugbereit am Rollhalt, mussten wir den Start einer Eurowings-Maschine abwarten (die dann nur kurz nach unserer Landung schon wieder aus Berlin zurückkehren sollte). Das Wolkenbild zeigte nicht nur schöne Lenticularis in großer Höhe, sondern auch jede Menge übel zerfetzter Wolkenwalzen unter der Kammhöhe der Koralpe, was auf einen heftigen Ritt bis zum Erreichen der eigentlichen Welle hindeutete – und so war es nach einem anfänglich ruhigen Abflug auch.
Etwa fünf Minuten nach dem Abheben erreichten wir in etwa 1000 m NN über Lieboch die ersten Rotorturbulenzen, die bald ziemlich heftig werden sollten und mich als „pilot flying“ auch körperlich ziemlich ins Schwitzen brachten (während es Georg als „pilot monitoring and photographing“ neben mir langsam kälter wurde, je höher wir kamen). Nach sieben Minuten heftigen „Watschen Kassierens“ beruhigte sich das Geschehen in ca. 2200 m NN über Stallhofen dann aber von einem Augenblick zum Nächsten (wie es für Wellenflüge typisch ist), und wir waren endlich in der laminaren Strömung.
Wellenfliegen ist Spitzensport
In der Nachschau interessant ist für mich, was der Fitnesstracker für diese sieben Minuten aufzeichnet hat – die wirklich körperliche Arbeit an Knüppel und Pedalen ist gut an der Herzfrequenz ablesbar.
Der Ruhe entgegen
Einmal im laminaren Steigen im Raum Köflach bis Hebalm angekommen heißt es: Sauerstoffkanülen aufsetzten, Flaschen aufdrehen und ab jetzt den Flug GENIESSEN! Man sucht sich die Aufwindbänder anhand des Wolkenbildes und steigt in absolut ruhiger Luft dem Himmel entgegen und genießt die Aussicht in der glasklaren Luft. Man stellt die Nase in den Wind und steht laut GPS über Grund mehr oder weniger still (Groundspeed manchmal unter 10 km/h, und der „Kurs“ über Grund hat oft nichts mit der Richtung der Flugzeugnase zu tun…).
Nach Freigaben auf zuerst FL100 wurden bald FL150 und dann sogar FL180 angefragt. Meistens ist es bei Wellenflügen draußen ZIEMLICH kalt, in dieser Höhe von mehr als 5000 m NN, das war heute mit -14°C aber sehr moderat und die Sonne schien uns ins Gesicht, wir flogen ja in einer Südwest-Welle.
Wir waren nicht alleine
Unser Flug war für uns zwar der volle Genuss, wir waren aber offenbar gar nicht GANZ am Ort des besten Steigens: etwas südlich von uns, in der Gegend Radlpass, kreuzte ein weiterer Motorsegler in FL220 herum und erbat sich eine Freigabe bis FL240 direkt im Grenzgebiet zum Slowenischen Luftraum, was dem Controller einiges an Koordinierungsarbeit abverlangt haben dürfte und einige uns gut unterhaltende Wortmeldungen auf der Frequenz zur Folge hatte. Graz Radar „warnte“ uns etwas später auch noch durch „persönliche Ansprache“ vor „anderem Verkehr“ in 5 Meilen Entfernung, da dieser aber gut 2000 m höher war, fühlten wir uns ungefährdet. Da oben wäre es mit der Zeit doch zu kalt geworden, weshalb die etwas mehr als 5000 m für uns als „Beute“ vollkommen in Ordnung und wir mit dem gewählten Operationsgebiet zufrieden waren…
Aufhören, wenn es am schönsten ist
Trotz allen Genusses melden sich dann aber doch irgendwann körperliche Grund-Bedürfnisse (kalte Füße und große Höhe scheinen eine motivierende Wirkung auf die Nieren zu haben) und man denkt an Abstieg und Landung. Mit Graz Radar vereinbart, kreuzten wir dazu an Graz vorbei in Richtung Osten in der Hoffnung, dass dort die Rotorturbulenzen nicht mehr ganz so stark sein würden wie westlich des Flughafens. Dafür gab es als „Nebenprodukt“ während des Abstiegs auch noch einen glasklaren Blick auf Graz aus ca. 4500-4200m (Mit den Daumen nach unten ist im Video die Sinkrate der Dimona gemeint und nicht die Stimmung an Bord…). Quelle: ‚Akaflieg Graz‚.