Erstes Fly-in der Seaplane-Vereinigung beim Rosenfest.
Am Wochenende fand zum ersten Mal im Rahmen des Rosenfestes in Weggis auch ein Fly-In der schweizerischen Wasserfliegervereinigung vor der Uferpromenade statt
In Weggis sind startende und landende Wasserflugzeuge eine echte Premiere. Denn zum ersten Mal findet ein Fly-in der Seaplane Pilots Association Switzerland, kurz SPAS, an dieser Stelle statt. Hier am See ist zudem erstaunlicherweise wie beim Start von einem Flugplatz Funkkontakt mit einem Tower möglich. Dieser temporäre “Tower” besteht allerdings aus einem Zelt an der Uferpromenade von Weggis. Dort sitzen mehrere Piloten der SPAS. Die haben alle aktuellen Wetter- und Luftfahrtinformationen rings um den See verfügbar. Sie stehen mit den Piloten der Wasserflugzeuge in Funkverbindung und versorgen diese mit notwendigen Informationen.
Der See wird zum Flugfeld
Jeder Flug geschieht hier auf dem Vierwaldstättersee in Eigenverantwortung des Piloten. Er entscheidet, in welche Richtung er startet und ob Wellengang, Wind oder Schiffsverkehr so akzeptabel sind, dass er gefahrlos abheben kann. Dafür heisst es im Gegenzug auf dem See besonders vorsichtig zu sein. Denn an einem Flugplatz kommt dem Wasserflugzeug nie anderer Verkehr entgegen und es überholt auch keiner. Wetter, Sicht und Wellengang sind am ersten Tag des Treffens in Weggis aber absolut perfekt. Manch ein Passagier nützt die seltene Chance, zum Selbstkostenpreis vor der Uferpromenade einmal im Wasserflugzeug abzuheben und die Region von oben zu bestaunen.
Die Super Cub’s sind die Stars
Drei der fünf in Weggis teilnehmenden Flugzeuge des SPAS-Treffens sind vom Typ Super Cub des US-amerikanischen Herstellers Piper. Dieser Klassiker ist ein sogenanntes Buschflugzeug, das kurzstartfähig, robust und einfach zu fliegen ist. Die gutmütigen Flugeigenschaften machen die bereits seit Ende der 1940erjahre gebaute Piper Cub nach einem Umbau auf Schwimmer auch zum idealen Trainingsgerät für den Wasserflug. Zudem wurden mehr als 30.000 Exemplare über einen Zeitraum von fast sechs Jahrzehnten produziert, Ersatzteile und Zubehör also problemlos zu finden. Zwei weitere Flugzeuge sind vom Typ Savannah S des italienischen Herstellers ICP. Bei ihnen sitzen der Pilot und sein Passagier nebeneinander. Die Savannah S treibt ein 100 PS starker Rotax-Vierzylinder an. Alle Flugzeuge nutzen sogenannte Amphibienschwimmer. Bei ihnen lässt sich zusätzlich ein Radfahrwerk ausfahren, so dass die Maschinen sowohl auf Wasser als auch auf Asphalt- oder Graspisten starten und landen können. Zum Tanken geht es daher immer an einen der Flugplätze rings um den Vierwaldstättersee.
Wie aber läuft ein derartiger Wasserflug ab? Ist das Flugzeug ebenso wie seine Crew in der Mitte des Vierwaldstättersee startklar und die vorgesehene Abhebefläche hindernisfrei, werden die Landeklappen auf die erste Stufe ausgefahren. Dadurch bekommt die Maschine rascher Auftrieb. Jetzt gibt der Pilot Vollgas. Die Piper Cub wird nun immer schneller und geht nach wenigen Sekunden “auf Stufe”: Das bedeutet, dass sie wie ein Tragflächenboot übers Wasser gleitet. Kurz darauf hebt sie durch leichtes Ziehen am Steuerknüppel bei etwa 80 bis 90 km/h ab. Die Maschine ist nun in der Luft. Im Steigflug beschleunigt sie auf etwa 130 km/h. Kurz bevor diese Geschwindigkeit erreicht ist werden die Landeklappen wieder eingezogen.
Ist die ‘Landepiste’ auch frei?
Nach dem Rundflug über Weggis und die Region rings um Luzern heisst es irgendwann wieder aufsetzen. Die Geschwindigkeit der Piper wird deshalb auf etwa 110 km/h reduziert, die Landeklappen auf die erste Stufe ausgefahren. Jetzt visiert der Pilot die vorgesehene Fläche auf dem Vierwaldstättersee an, ob dort keine Gegenstände schwimmen und keine anderen Boote kreuzen. Die Landeklappen werden nun auf die zweite Stufe abgesenkt und dann mit etwa 90 km/h in möglichst flachem Winkel aufgesetzt. Nach dem Kontakt mit der Seeoberfläche zieht der Pilot den Steuerknüppel gefühlvoll nach hinten. So wird ein gefährliches Unterschneiden der Schwimmer vermieden, gleichzeitig bremst die Piper auf diese Art im Wasser. Sobald die Maschine nur noch etwa 10 km/h schnell ist, senkt der Pilot die Ruder an den Schwimmern wieder ins Wasser ab. Nun kann er wie ein Boot zurück an den Steg in Weggis oder eine Boje zum Anlegen manövrieren.
Vor 90 Jahren: Linienflüge vom Mythenquai nach Interlaken
Obwohl Wasserflug in der Schweiz eine lange Tradition besitzt, ist er dennoch stark eingeschränkt. So existierten vor 93 Jahren sogar eigene Wasserflugverbindungen. Konstrukteur und Pilot Alfred Comte betrieb etwa von Juni 1926 an eine Linienflugverbindung vom Strandbad Mythenquai in Zürich nach Interlaken, die aber mangels Erfolg im gleichen Jahr schon wieder eingestellt wurde. Seit den 1950er Jahren ist Wasserfliegen in der Schweiz ausser mit der Sondererlaubnis einer Maschine für den oberen Zürichsee beim Flugplatz Wangen-Lachen nicht mehr möglich. Lediglich an wenigen Veranstaltungen im Jahr dürfen die SPAS-Mitglieder an unterschiedlichen Seen auf Wasser starten oder landen. Zuvor muss das Bundesamt für Zivilluftfahrt BaZL zustimmen und auch die jeweilige Kantonsregierung ihr Okay zur Veranstaltung geben. Alle SPAS-Teilnehmer haben zu ihrer normalen Pilotenlizenz natürlich auch eine Wasserflugberechtigung erworben, das sogenannte Seaplane-Rating.
Wegen Gewittersturms einen Tag kürzer
Beim Event in Weggis sind die Wasserflieger jedenfalls als Publikums-Attraktion willkommen. Die Piloten beachten zudem einige Auflagen: So dürfen an jedem der Veranstaltungstage nur maximal 60 Wasserstarts und Landungen absolviert werden. Eine Mittagspause zwischen 12 und 13.30 Uhr wird strikt eingehalten. Nach 19 Uhr geht ebenfalls keine Maschine mehr in die Luft. Die fünf beteiligten Flugzeuge sind zudem keine Umweltverpester. Eine Piper Cub braucht lediglich knapp 30 Liter Flugbenzin vom Typ Avgas in der Stunde. Die beiden Ecolight vom Typ Savannah S mit ihren Rotax-Triebwerken benötigen sogar nur etwa 15 Liter normales Autobenzin in der Stunde. Auch wenn ein heftiger Sturm mit Orkanböen in Luzern das eigentlich dreitägige Wasserflieger-Fly-in um einen Tag verkürzte, war es ein Erfolg für die SPAS und zahlreiche Zuschauer in und um Weggis.