Warum es so schnell keinen „Tesla der Lüfte“ geben wird

Vom Frankfurter Flughafen bis zum John F. Kennedy-Flughafen in New York legt ein Flugzeug etwas mehr als 6000 Kilometer zurück. Werden wir diese oder andere Langstrecken eines Tages mit einem Flugzeug fliegen, das rein durch elektrische Energie angetrieben wird – einer Art Tesla der Lüfte?

Nach dem heutigen Stand der Technik nicht, sagt Tobias Grosche, Professor an der Hochschule Worms und Experte für Flugplanung. Selbst Mittelstrecken innerhalb Europas wie zum Beispiel einen Flug von Frankfurt nach Barcelona kann sich Grosche derzeit nicht mit reinen Elektro-Flugzeugen vorstellen. Ein typisches Mittelstrecken-Flugzeug ist der A320 von Airbus. „Wenn man dieses Flugzeug elektrisch fliegen lassen wollte, dürfte der Rumpf nur aus Batterie bestehen – das ist vom Gewicht her kaum umsetzbar“, erklärt der Luftfahrt-Experte im Gespräch mit Business Insider.

Relevant sind die Überlegungen zu alternativen Antrieben, weil die Luftverkehrs-Branche unter Zugzwang steht: An den globalen CO2-Emissionen hat die Branche einen Anteil von 2,8 Prozent. Nicht zuletzt durch Bewegungen wie „Fridays for future“ und der Diskussion um Kurzstreckenflüge leidet die Branche unter einem negativen Image. Deshalb arbeiten ihre Vertreter an Lösungen: Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) hat einen Masterplan zum Klimaschutz im Luftverkehr veröffentlicht, Flugzeugbauer wie Airbus tüfteln an einem Wasserstoff-Flugzeug.

DHL Express will 2024 mit zwölf Elektro-Flugzeugen Fracht ausliefern
Wie ist der Stand bei den elektrischen Antrieben? DHL Express beispielsweise hat vor wenigen Wochen die Bestellung von zwölf Elektro-Flugzeugen des Typs „Alice“ bekannt gegeben. Ausliefern will Hersteller Eviation die elektrischen Frachtflugzeuge im Jahr 2024. Das Flugzeug kann mit einer Stromladung von einer halben Stunde etwa eine Stunde lang fliegen. Die maximale Reichweite liegt bei 815 Kilometern. Damit könnte DHL Express von der Basis am Flughafen Leipzig aus innerhalb Deutschlands jeden Punkt erreichen. Das Flugzeug kann etwas mehr als 1200 Kilogramm Fracht transportieren – so viel wiegt ungefähr ein Kleinwagen.

Eine Frachtnutzung auf kürzeren Strecken ist das, was sich Luftfahrt-Experte Tobias Grosche am ehesten vorstellen kann, sagt er. Denn Pakete als Fracht seien vergleichsweise eher leicht, sodass man eher an die Volumen-, als an die Gewichtsgrenze gerate. Fracht werde außerdem überwiegend nachts transportiert und dank der geringeren Lärmentwicklung hätten die Airlines mit Elektro-Fliegern weniger Probleme mit Nachtflugbeschränkungen. „Das kann einen Charme für die Airlines haben“, meint Grosche.

Für den Passagierverkehr dagegen sieht er ein grundlegendes Dilemma: Je länger die Strecke, desto eher spiele der Luftverkehr seine Stärken aus. Denn über den Atlantik fährt nun mal keine Bahn als Alternative. Aber die schwere Batterie mache längere Strecken im Moment unmöglich. Kerosin wird während eines Fluges verbraucht und damit werde das Flugzeug leichter und während des Fluges effizienter. Grundsätzlich gelte: Je kürzer die mit Elektroantrieb mögliche Reichweite werde, desto eher könne man die Strecke auch alternativ elektrifizieren – zum Beispiel mit der Bahn. Ausnahmen seien höchstens Gegenden mit geografischen Besonderheiten, wie etwa die hawaiianischen Inseln oder Länder mit schlechter Bodeninfrastruktur wie Teile Norwegens.

Aber selbst wenn man bei der Mobilität in der Luft bleiben wolle, komme der Stand der Technik nahe in den Bereich der Flugtaxis, die gerade mit Hochdruck von Unternehmen wie Volocopter und Lilium entwickelt werden. Flugtaxis sollen Strecken zwischen 50 und 250 Kilometer zurücklegen können und könnten Elektro-Flugzeuge unnötig machen.
Was, wenn die Batterie eines Elektro-Fliegers ausfiele?

Außerdem sei, laut Grosche, die Entwicklung von Elektro-Flugzeugen eine Frage der Flugsicherheit: „Die geringere Reichweite wirft Fragen auf: Was, wenn das Flugzeug wegen schlechten Wetters einen Umweg fliegen muss? Was, wenn der Ziel-Flughafen gesperrt wird und das Flugzeug ausweichen muss?“ Die heute eingesetzten Triebwerke hätten jede Menge Sensoren eingebaut, die permanent Parameter wie Treibstoff, Temperatur und Öldruck prüften – und so Probleme früh erkennen könnten. „Noch ist völlig unklar, was passiert, wenn die Batterie eines solchen Flugzeugs ausfallen würde“, warnt Grosche. Quelle: ‚Business Insider‚.

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