Verwaltung soll erst Fakten liefern

Der Gemeinderat soll am 30. Januar entscheiden, ob der Flugplatz Offenburg weiterbestehen soll – oder in abgespeckter Form, damit sich Unternehmen ansiedeln können. Oder ob ein neues, großes Gewerbegebiet entstehen soll. Zwei Stunden hat der Haupt- und Bauausschuss am Montag, wie berichtet, über den Antrag der Verwaltung, den Flugplatz zu schließen – zugunsten neuer Gewerbeflächen. Dann folgte eine Unterbrechung. Die Verwaltung drohte die geplante Abstimmung zu verlieren, zu viel Kritik aufgrund offener Fragen hatte sie in der Sitzung einstecken müssen. Zu viele Bedenken waren noch da. Räte und Rathaus-Obere steckten die Köpfe zusammen, ehe OB Steffens eine salomonische Lösung präsentierte: Nach einer ersten Vertagung am 5. Dezember werde erneut vertagt – auf den 30. Januar: Danach soll Klarheit herrschen, was aus dem 36,1 Hektar großen Areal zwischen Hildboltsweier, Justizvollzugsanstalt und Königswaldsee wird. Steffens appellierte an die Fraktionen, bis zum Wochenende Fragen einzureichen – auf dass gründlich geantwortet werden kann.

Steffens bezog in der Sitzung mehrfach klar Position, verwies darauf, dass alle Fraktionen der damaligen OB Edith Schreiner vorgeworfen hätten, sie sei mit schuld daran, dass die expandierwillige Firma Kirsch – in seiner Zeit als Bürgermeister – nach Willstätt abgewandert sei, weil keine geeignete Gewerbefläche da war: „Ich möchte mir nie als Oberbürgermeister vorwerfen lassen, dass keine Fläche da ist.“ Anfragen aus dem Gremium beantwortete Steffens so: Das geplante Gewerbegebiet sei mehrheitlich für „Bestandspflege“ vorgesehen – nicht für auswärtige Unternehmen. Vor knapp 50 Zuhörern sagte er eingangs: „Wir werden eine engagierte Diskussion führen.“ Am Ende bedankte sich SPD-Stadtrat Gerhard Schröder für den „guten Abend“, er hätte sich so was schon früher gewünscht.

Zunächst oblag es Stadtplaner Leon Feuerlein, breit ins Thema einzuführen. Bereits 2018 sei dem Plenum eine „Bestandsanalyse“ vorgelegt worden, Ergebnis: „Es ist praktisch nichts mehr an Gewerbeflächen verfügbar.“ Vergleiche mit dem Gewerbepark bei Bremgarten verböten sich, jener sei deutlich größer, ebenso der dortige Flugplatz. Dort gebe es 16 000 Flugbewegungen pro Jahr, in Offenburg 3000: „Aus unserer Sicht ist der Platz in Offenburg für gewerblichen Flugverkehr nicht geeignet.“ Lahr sei die bessere Alternative. Ein Hubschrauber-Landeplatz könnte auch in ein Gewerbegebiet integriert werden. Gute Alternativen für Freizeit-Motorflug und Segelflug böten die Plätze in Lahr, Kehl und Altdorf-Wallburg. Die von der Fliegergruppe Offenburg vorgelegte Variante – Bebauung näher an die Landebahn heranrücken – sei gut gemeint, doch der Gewerbeflächengewinn zu gering. Grüne-Fraktionschef Ingo Eisenbeiß betonte, die Versiegelung einer ökologisch hochwertigen Fläche wäre „eine schwerwiegende Beeinträchtigung eines Naherholungsgebietes“. Den Flugplatz jetzt zu beseitigen könnte auch im Hinblick auf die Zubringer-Trassendiskussion nachteilig sein. Nachverdichtung, Aufstockung: Das sollten örtliche Unternehmen priorisieren, es könne nicht das Ziel sein, neue Firmen anzulocken.

Eisenbeiß bat um Vertagung, es fehlten noch zu viele Infos, ihm folgten Thomas Bauknecht (FDP), Taras Maygutiak (AfD) und Florence Wetzel (Offenburger Liste). „Unsere Fraktion ist nicht gegen Gewerbeflächenentwicklung“, so Bauknecht, „doch Bestandspflege ist wichtiger. Mit einem Schnellschuss sollten wir dem Flugplatz keinen Todesstoß versetzen.“ Die Verwaltung, so Wetzel, müsse exakt darlegen, welcher Gewerbeflächenbedarf tatsächlich bestehe. Fraktionschef Werner Maier betonte, die CDU werde sich der Verwaltung anschließen: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich in Offenburg gewerblicher Flugverkehr entwickeln könnte.“ Das Fliegen als Hobby könne ganz in der Nähe weiterbetrieben werden. Die CDU halte eine wirtschaftsorientierte Politik für richtig, es liege in der Hand des Gemeinderates, welche Betriebe er zulasse. Überhaupt sei er sicher, „dass Wirtschaft und Klimaschutz zusammengehören“. Fraktionskollegin Elisabeth Abele kündigte an, gegen den Verwaltungsvorschlag zu stimmen: „Die Verwaltung hat es versäumt, Fakten zu liefern.“

Stefan Konprecht (Freie Wähler) räumte ein, dass ihm wegen verwandtschaftlicher Beziehungen (Flugzeuglackierwerft) eine Entscheidung nicht leicht falle. Doch „ein zweites Kirsch sollte es nicht geben“. Sinnvoll sei nur die Aufgabe des bestehenden Platzes: „Das wäre ein gutes Signal an die Wirtschaft.“ Auch die SPD unterstützt die Entwicklung des neuen Gewerbegebietes, allerdings nur wenn hohe ökologische Standards gelten würden, so Martina Bregler und Gerhard Schröder. Roland Köhler hatte sich als Sprecher der sechs Bürgergemeinschaften klar für den Erhalt des Sonderlandeplatzes ausgesprochen. Die SPD wollte zudem in Sachen Autobahnzubringer eine Resolution verabschiedet wissen – contra V 4, V 4a und V 7, „idealerweise“ pro Trasse V 3 (siehe Infografik). Diese Trasse befürworten auch andere Fraktionen und drängen auf ein baldiges Votum. Doch auch hier gab es keine Abstimmung. Quelle: ‚Badische Zeitung‚.

2 Gedanken zu „Verwaltung soll erst Fakten liefern

  1. Frederik Sohn

    Wenn man so einen (unübersichtlichen) Bericht hier veröffentlicht, sollte wenigstens mal an prominenter Stelle erwähnt werden, um was für einen Flugplatz es sich handelt. Solche Berichte tragen für Auswärtige und nicht Ortskundige mehr zur Verwirrung als zur Information bei.

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