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Zuweit im Süden

Den letzten Tag unseres Wanderfluges im Süden Deutschlands bis in die «bucklige Welt» im Osten Österreichs wollen wir heute mit einer Landung an unserem ursprünglichen Startort in Schänis abschliessen. Mit einem Arcus M sind die rund 450 km – wenn das Wetter einigermassen mitspielt – keine grosse Sache. Ein paar Stolperfallen soll der heutige Tag dennoch eingebaut haben, bis wir den Arcus M HB-2000 auf der Piste 34 in Schänis ausrollen lassen können.

Wir gönnen uns heute eine entspannte Taxifahrt zum ziemlich einsamen Flugplatz im Norden des Pilgerortes Mariazell. Einer liebegewonnen Gewohnheit folgend, fragt Peter den Senior-Taxifahrer wie denn das Geschäft so laufe. Interessant, was man dabei jeweils erfährt. Etwa, dass die lokalen Skilifte wegen der immer kürzeren Wintersaison finanziell kaum mehr zu halten seien und nun die Gemeinschaft der Steuerzahler das Vergnügen hätten, die Löcher in der Kasse zu stopfen. Oder, dass es für Senioren schon hilfreich sei, einem Nebenerwerb nachzugehen, wolle man einigermassen mit der Rente zurechtkommen. Hmh, das kennen wir doch von irgendwoher – auch in unserer Region beschäftigen die beiden Themen die Menschen zusehends.

Gleich nach dem Start darf nix passieren

Auf dem Flugplatz treffen wir etwas einheimische und eingeflogene Segelflug-Prominenz. Hans Peter Ueblacker, der mit seinem Ventus 3 normalerweise in Wiener Neustadt startet, ist für ein paar Flugtage nach Mariazell gepilgert. Und Philip Goralski (LY), der am Vortag mit seiner ASG 29 aus der Hahnweide über die Alpen angereist war und heute dem Donautal entlang nach Schwandorf zurückfliegen will. Sonst ist auf dem idyllisch gelegenen Flugplatz wenig Betrieb, wir können also den Arcus M ans Pistenende schieben und uns dort für den Start vorbereiten. Der führt anfangs etwas bergauf. Ab dem Scheitelpunkt beschleunigt dann der Arcus M zügig auf Abhebehöhe und wir folgen dem aus dieser Optik ziemlich unlandbaren Tal nordwärts. Zum Glück treibt der Arcus-Motor keinen Schabernack und wir können sicher wegsteigen.

Wer sich das ausgedacht hat, war bestimmt kein Segelflieger: kein Quadrameter flachen Bodens westlich von Mariazell.

Was ist das denn für ein seltsames Tal?

Nach einer letzten Schlaufe über das defizitäre Skigebiet drehen wir die Nase westwärts und können uns die unübersichtlichen Hügel und Grate einigermassen vom Leibe halten und trotzdem langsam in der ersten Thermik südwestwärts weiterfliegen. Navigatorisch hilft das Abbaugebiet bei Eisenerz vorläufig, die Übersicht zu behalten.

Diese menschlichen Spuren sieht man bestimmt auch aus dem Weltall: Abbaugebiet Eisenerz.

Wir diskutieren ausgiebig, welche der auftauchenden Flusen etwas Nutzbares hergibt und gleiten weiter südwestwärts. Während wir den Flugplatz Leoben/Timmersdorf passieren kommen wir allerdings immer tiefer in die Landschaft. Mir fällt im eleganten Gleitflug noch ein enges, markantes Tal auf, welches nach Nordwesten führt. Bis wir allerdings herausfinden, dass es sich um das Liesing-Paltental handelt, dem wir eigentlich folgen sollen, um einen direkten Kurs nach Hause zu halten, soll noch eine geraume Zeit vergehen.

Schwierig, in den Eisenerzer Alpen bei so einem geografischen Durcheinander die Übersicht zu behalten.

Wollen wir wirklich nach Zeltweg?

Irgendwann holt uns dann die Lauftraum-Warnung von Zeltweg in die Realität zurück. Dem rücken wir immer näher auf den Pelz. Ohne Freigabe dürfen wir hier nicht weiter und dummerweise steigt jetzt auf dem geplanten Kurs auch noch der Grund unter uns an. Wir müssen den Kopf schon gehörig in den Nacken legen, wenn wir die Gipfel nördlich von uns sehen wollen. So geht das ja gar nicht. Und wenn wir mit unserem bisherigen Kurs weiterfliegen, landen wir abends in Slowenien und nicht in der Ostschweiz.

Am Ende hilft nur eine beherzte Flucht auf die andere Talseite weiter. Ein Hügelzug namens «Saurüssel» saugt uns ein paar Meter in die Höhe, das hilft gerade, um die nächsten Kreten zu erreichen und irgendwann, beim «Grossen Knallstein», endlich auf die Nordseite der Niederen Tauern zu kommen. Jetzt sind wir zwar wieder auf Kurs, aber so richtig rund läuft’s trotzdem nicht.

Den nächsten Streckenabschnitt bis Zell am See begleitet uns hartnäckig ein Clubklasse-Flugzeug, welches seinen Nachteil im Gleitflug durch besseres Steigen kompensiert und uns über längere Zeit begleitet.

Blick nach Norden auf die Region Flachau.

Tiefer Pinzgauer Spaziergang

Ab der Schmittenhöhe sind wir wieder in vertrauterem Gelände und drücken in Erwartung stärkerer Aufwinde den Knüppel etwas zu stark nach vorn, was dann in der Region Mittersill zu eine Ausgrabungs-Aktion führt, die wir mit etwas Dichtestress mit zahlreichen Gleitschirmen teilen. Trotzdem werden die Aufwinde nun deutlich stärker und zuverlässiger. Unsere Kollegen aus Schänis sind auf ihren Zielflügen nach Osten hier an ihrem Wendepunkt angelangt und überholen uns wegen unserem zu kühnen Vorfliegen gleich wieder auf Nimmer-Wiedersehen. Naja, manche können es einfach.

Immer wieder tief

Über das Kellerjoch, den Bettelwurf und die Innsbrucker Nordkette kommen wir nun zügiger als auf dem ersten Streckenabschnitt der Heimat näher. Wir brauchen trotzdem immer wieder richtig starke Aufwinde, etwa an der Hohen Munde oder am Venetberg, um uns aus dem Kellergeschoss auf die Dachterrasse hochzuarbeiten, so richtig kommod geht uns die Steuerarbeit nicht von der Hand. Die aus Norden einfliessende Luft, kombiniert mit einer schwachen Absink-Inversion macht uns das Leben schwer.

So genau wollten wir den Gipfel der Hohen Munde eigentlich nicht inspizieren.

Das Rhätikon lässt uns erst im zweiten Anlauf über die Grenze

Das Beste sollte aber noch kommen. Im Silbertal erreichen wir in der abbauenden Thermik 2’700 m ü. M. Unser Vertrauen in die Flugleistungen des Arcus sind aber so hoch, dass wir den Anflug auf einen der Übergänge im Rhätikon wagen. Kurz vor der letzten Krete stellen wir jedoch ernüchtert fest, dass der Überflug zu knapp sein wird, wir sind beim Grubenpass schlicht und einfach zu und müssen abdrehen.

Am Hochjoch bei Schruns lassen sich Talwind und Sonnen-Einstrahlung am Parabol-Spiegel-förmigen Hang östlich der Skistation kombinieren. Mit Geduld und Feinarbeit klettert Peter Höhenkurve und Höhenkurve aufwärts. Je höher wir kommen, umso zuverlässiger wird das Steigen. Auf 2’800 m ü. M. stossen wir aber erneut an den Thermikdeckel. So hoch waren wir ja schon einmal – allerdings etwas weiter weg vom Passübergang. Der zweite Versuch klappt nun auch anstandslos. Eigentlich sind wir zuhause. Eigentlich. Erstaunlich, wie schnell jetzt die Thermik-Qualität nachgelassen hat. Aber vielleicht war’s ja auch nur unsere Konzentration.

Hoppla – Stolperfall Prättigau

Auf dem Weg durch das Prättigau verlieren wir ungewohnt viel Höhe. Ah ja, da war doch noch was – genau, der Nordwind! Bei dieser Windrichtung ist es eine gute Idee, auf der südwestlichen Talseite zu fliegen. Oder in Vorarlberg der Schweizer Grenze entlang auf der Luvseite (Zima-Schesaplana-Nenzinger Himmel) zu bleiben.

Beides wird uns erst klar, als wir auf den letzten 30 km vor Schänis unvernünftig tief für einen Endanflug über den Walensee sind. Den Motor wollen wir aber nicht einsetzen, so bleibt uns nichts anderes übrig, als über Walenstadt nochmals geduldig ein paar Höhenmeter im Hangflug dazu zu gewinnen. Auch hier wieder hängen Gleitschirm-Flieger in der Luft, das macht das Fliegen am Hang zu einer Herausforderung.

Umso mehr geniessen wir dann die letzten Kilometer nach Hause. Die Flug-Etappen waren heute und auch an den beiden Vortagen für uns nie ein «Kinderspiel». Und das sollten in dieser verregneten ersten Saisonhälfte noch einige der besten Tage gewesen sein.

Und hier finden Sie die Logfiles /Berichte aller Wandersegelflug-Tage:

Tag 3: https://www.weglide.org/flight/396308
Tag 2: https://www.weglide.org/flight/396311. >> Bericht.
Tag 1: https://www.weglide.org/flight/396315. >> Bericht.

Zuweit im Süden

Den letzten Tag unsers Wanderfluges im Süden Deutschlands bis in die «bucklige Welt» im Osten Österreichs wollen wir heute mit einer Landung an unserem ursprünglichen Startort in Schänis abschliessen. Mit einem Arcus M sind die rund 450 km – wenn das Wetter einigermassen mitspielt – keine grosse Sache. Ein paar Stolperfallen soll der heutige Tag dennoch eingebaut haben, bis wir den Arcus M HB-2000 auf der Piste 34 in Schänis ausrollen lassen können. Hier finden Sie den ausführlichen Bericht.

>> Hier finden Sie den Bericht über den zweiten Tag des Wandersegelfluges.
>> Hier finden Sie den Bericht über den ersten Tag des Wandersegelfluges.