Schlagwort-Archive: SEP

Cirrus gibt bleifreies AVGAS G100UL nicht frei

Im Rahmen der Beteiligung an der Initiative für bleifreien Kraftstoff arbeitet Cirrus seit mehr als zehn Jahren mit potenziellen Kraftstoffherstellern zusammen, um die Materialverträglichkeit und die Leistung des Kraftstoffs in Motorflugzeugen zu testen. Cirrus beteiligt sich an einem umfassenden Test- und Bewertungsprogramm für den Kraftstoff GAMI G100UL. In Zusammenarbeit mit GAMI, den wichtigsten Triebwerks-Partnern (Continental und Lycoming) und der FAA will Cirrus die Betriebssicherheit sowohl der Triebwerks- als auch der Flugwerkskraftstoffsysteme gewährleisten. Während einige Aspekte der ersten Tests des GAMI G100UL-Kraftstoffs ermutigend sind, hat Cirrus spezifische Bedenken hinsichtlich der Material-Kompatibilität festgestellt. Tests im Labor und an Bord von Flugzeugen haben in Abstimmung mit Vertretern der FAA ergeben, dass sich die Tankabdichtung bei Kontakt mit GAMI G100UL-Kraftstoff verschlechtert, was zu Problemen bei der Lufttüchtigkeit führen könnte. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt Cirrus die Verwendung von GAMI G100UL-Kraftstoff in Flugzeugen der Cirrus SR-Serie nicht frei. Darüber hinaus übernimmt Cirrus derzeit keine Garantie oder Gewährleistung für die Verwendung von GAMI G100UL-Kraftstoff in Flugzeugen der SR-Serie durch den Betreiber.

Laut Continental und Lycoming dürfen nur zugelassene Kraftstoffe verwendet werden, damit ein Motor von der Garantie abgedeckt ist. Da der Kraftstoff GAMI G100UL laut Continental und Lycoming ein nicht zugelassener Kraftstoff ist, sind Motoren, die bekanntermaßen mit diesem Kraftstoff betrieben wurden, möglicherweise nicht durch die aktuelle OEM-Motorengarantie abgedeckt. Spezifische Einzelheiten finden Sie in den jeweiligen Garantieunterlagen für Continental- und Lycoming-Motoren. Cirrus ist bestrebt, proaktiv auf die sich entwickelnde Landschaft der Nachhaltigkeitsvorschriften einzugehen, insbesondere auf die Abkehr von bleihaltigen Flugkraftstoffen. Wir unterstützen weiterhin aktiv die Bemühungen der Industrie, neue Kraftstoffe zu entwickeln, zu bewerten und voranzutreiben und gleichzeitig einen sicheren Übergang der Industrie zu einer zukünftigen bleifreien Kraftstoffumgebung zu unterstützen.

Zu diesen Bemühungen gehört die direkte Zusammenarbeit mit Industrieverbänden und allen Interessengruppen, einschließlich AOPA, GAMA, der FAA und dem EAGLE-Programm der FAA-Industrie durch das PAFI-Zertifizierungsprogramm. EAGLE verfolgt aktiv drei potenziell brauchbare Alternativen/Ersatzstoffe für 100LL: GAMI G100UL, LyondellBasell/VP Racing UL100E und Swift 100R. Cirrus ist bestrebt, alle großen Kraftstoffunternehmen in ihrem Bestreben zu unterstützen, alternative, Hoch-Oktan-Kraftstoffe auf den Markt zu bringen. Shell hat kürzlich angekündigt, dass 100VLL ab April 2024 an Flughäfen in Europa ausgeliefert wird. Cirrus bestätigt, dass dieser Kraftstoff in allen Flugzeugen der Cirrus SR-Serie verwendet werden kann, da er die ASTM D910-Standardspezifikation für verbleites Flugbenzin erfüllt. Weitere Einzelheiten entnehmen Sie bitte der FAA SAIB NE-11-55 „Grade 100VLL Aviation Gasoline“.

Der sichere Betrieb aller Cirrus-Flugzeuge auf der ganzen Welt hat für Cirrus höchste Priorität. Sobald weitere Fortschritte erzielt werden, wird Cirrus Sie auf dem Laufenden halten, sobald sie verfügbar sind. Quelle: ‚Cirrus Design‚.

In der Cirrus über den Atlantik (1)

Am 23. Juli 2024 begann ein ultimatives Abenteuer, mit einem einmotorigen Flugzeug über den Nordatlantik zu fliegen. Die Route führte von Deutschland über Schottland, Island, Grönland und Kanada bis nach Oshkosh – zum größten Fliegertreffen der Welt. Sehen Sie hier das Youtube-Video von Sören Engelmann über den ersten Teil der Reise bis zum Erreichen der kanadischen Küste.

Elektrische Trimmung verstellte sich selbständig

Am 04. Juli 2018 um ca. 08:10 Uhr UTC startete der Pilot mit dem Motorflugzeug Cessna 172 S vom Flugplatz Vöslau – LOAV, auf der Betriebspiste 31L, zu einem privaten Flug mit dem geplanten Ziel Flugplatz Wels – LOLW. Mit an Bord war ein Passagier bzw. der Schwager des Piloten. Der Passagier selbst war kein Pilot bzw. verfügte selbst über keine Flugerfahrung. Er war jedoch öfter Passagier bei Rundflügen in Kleinflugzeugen.

Unmittelbar bzw. direkt nach dem Abheben ging das Luftfahrzeug in einen immer steileren Steigflug über, erfuhr daraufhin bzw. in weiterer Folge nach kurzer Zeit einen Strömungsabriss, kippte über die rechte Tragfläche ab, und schlug kurz darauf in einem steilen bzw. annähernd senkrechten Winkel zum Boden, rechts neben der asphaltierten Betriebspiste 31L, in einem Winkel von ca. 60° zu dieser, auf der Grasfläche auf. Das Abheben des Luftfahrzeuges sowie der weitere Unfallverlauf wurden vom diensthabenden Flugplatzbetriebsleiter am Kontrollturm des Flugplatzes Vöslau beobachtet. Der Pilot sowie sein Passagier erlitten bei diesem Absturz tödliche Verletzungen und verstarben noch an der Unfallstelle. Am Luftfahrzeug entstand Totalschaden.

Auf „nose up“ getrimmt
Im Zuge dieser weiteren Untersuchungen am Wrack des Luftfahrzeuges wurde eindeutig festgestellt, dass die Trimmung bzw. das Trimmruder am Höhenruder des Luftfahrzeuges auf vollständig hecklastig bzw. komplett auf „Nose up“ getrimmt war. Dies wurde durch Vergleichsmessungen des Ausschlagwinkels des Trimmruders am Höhenruder und auch durch Vergleich der Position des Betätigungsmechanismus desselben, welcher sich in der rechten Flosse des Höhenleitwerks befindet, mit einem baugleichen Luftfahrzeug derselben Type eindeutig belegt bzw. eindeutig verifiziert. Es wurde dabei die Position der Antriebskette zum Kettenrad der Verstellung des Trimmruders verglichen, welche durch den Vergleich ebenfalls den vollen Ausschlag des Trimmruders auf „Nose up“ bestätigte. Das Fluggewicht und der Schwerpunkt lagen während des Unfallfluges im zulässigen Bereich.

Gemäß Checkliste im Pilot‘s Operating Handbook POH ist zu kontrollieren, dass die Trimmung für den Start richtig voreingestellt ist: „Elevator Trim Control – SET FOR TAKEOFF“. Die Trimmung ist dann für den Start richtig eingestellt, wenn die Anzeigenadel mit der dementsprechenden Markierung auf der Abdeckung über dem Trimmrad übereinstimmt. Diese Markierung befindet sich auf der Abdeckung bzw. Anzeigekonsole des manuellen Trimmrades in etwa mittig in dem Anzeigefeld bzw. somit auch mittig im „ausgetrimmten“ Verstellbereich und keinesfalls auf Endanschlag ganz unten im Anzeigefeld und somit auf komplett hecklastig bzw. voll auf „Nose up“ getrimmt. Bei den Erhebungen und Befragungen diverser Zeugen wie Vereinskollegen, Fluglehrer etc. ist immer wieder zu Tage getreten, dass es sich bei dem verunfallten Piloten um einen sehr umsichtigen Menschen gehandelt hat, der seine Flüge immer sicher und gut vorbereitet und auch geplant hat. Daher konnte die festgestellte, komplett auf „Nose up“ verstellte Trimmung beim Start und bei der Untersuchung des Wracks des Luftfahrzeuges nicht nachvollzogen werden und die Annahme wurde getroffen, dass es sich um einen „Trim- runaway“ gehandelt haben könnte; das bedeutet, die Trimmung hat sich während des Rollvorgangs oder des Startvorgangs selbständig elektrisch betätigt, verstellt.

Zu dieser Annahme wurde im Zuge der Erhebungen auch mehrmals schriftlich mit Vertretern von Cessna und auch und vor allem mit dem Hersteller des Systems Garmin G 1000 mit Autopilot GFC 700 kommuniziert. Garmin vertritt zwar nicht die Ansicht, dass es sich um einen „Trim-runaway“ gehandelt haben könnte, weitere Befragungen von Piloten und Haltern von baugleichen Luftfahrzeugen und auch Versuche an diesen Luftfahrzeugen haben jedoch gezeigt, dass sich die Trimmung sehr wohl und plötzlich während des Stillstandes der gegenständlichen Luftfahrzeugtype als auch während des Rollvorganges am Boden verstellen kann, sofern die Checkliste nicht punktgenau abgearbeitet wird bzw. der Autopilot nach Abarbeitung der Checkliste „Section 4, Normal Procedures, Before Takeoff“, Seite 4-16, Punkte 13 bis 17 für den Startvorgang nicht wieder ausgeschalten wird, oder auch z.B. ein temporär auftretender Fehler im System der elektrischen Trimmverstellung vorliegt bzw. auftritt. Der Autopilot muss gemäß der Checkliste nach den durchgeführten Checks wieder ausgeschalten werden und darf gemäß Flughandbuch weder für den Start noch für die Landung des Luftfahrzeuges verwendet werden bzw. aktiviert bleiben.

Bei diesen Versuchen an baugleichen Luftfahrzeugen hat sich gezeigt, dass bei der Simulation des „nicht Ausschaltens“ des Autopiloten; siehe dazu Punkt 15 der oben gezeigten Checkliste „Section 4, Normal Procedures, Before Takeoff“, Seite 4-16; nach einem Zeitraum von etwa 25 bis 40 Sekunden die Trimmung von selbst zu „laufen“ bzw. zu arbeiten beginnt, egal ob das Luftfahrzeug dabei stillsteht, oder ob es rollt. In den meisten Fällen dieser mehrfach durchgeführten Simulation ist die Trimmung jeweils vollständig und bis auf Anschlag auf hecklastig bzw. „Nose-up“ gelaufen, in einigen wenigen Fällen vollständig auf kopflastig bzw. „Nose-down“. Es hat sich dabei auch herausgestellt, dass hier weder eine akustische Warnung erfolgt, noch eine Anzeige bzw. Warnung auf einem oder beiden Displays (PFD, MFD) erscheint.

Bei Versuchen an einem Luftfahrzeug der Type Cessna 172, vorwiegend mit analogen Rundinstrumenten und einem Autopiloten anderen Typs, erfolgt ein akustischer Hinweis, wenn sich die Pitch-Trimmung zu verstellen beginnt bzw. länger als 5 Sekunden arbeitet, mit dem Warnhinweis: „Trim in Motion, Trim in Motion“. Somit erhält der Pilot eine akustische Warnung, dass sich der Anstellwinkel des Luftfahrzeuges verändert und es kann darauf dementsprechend bzw. zeitgerecht und zielführend reagiert werden.

Wenn sich die Trimmung jedoch während des Rollvorgangs zur Halteposition oder beim Positionieren bzw. Line-up zum Startpunkt der jeweiligen Betriebspiste und des darauf folgenden Startvorgangs zu verstellen beginnt (siehe dazu die vorher beschriebenen durchgeführten Versuche), und man dies „nicht mehr wahrnimmt“ bzw. keine Warnung oder eine dementsprechende Anzeige erhält und man daher natürlich nicht damit rechnet, dass beim Abheben des Luftfahrzeuges dieses sofort einen sehr steilen Abflugwinkel, zusätzlich mit dementsprechend großem bzw. erhöhtem Druck am Steuerhorn aufgrund der aerodynamischen Ruderdrücke und des Propellerschubs einnimmt, ist dieses Überraschungsmoment naturgemäß umso größer und das Zeitfenster, um richtig zu reagieren, ein sehr geringes. Es kann daher in so einem Fall eines solch plötzlich und unvorhergesehenen Ereignisses ein „Startle Effect“ (Schreckmoment) eintreten.

  • Wahrscheinliche Faktoren
    Ein möglicherweise nicht deaktivierter Autopilot beim Start oder aber auch ein temporär aufgetretener Fehler im System der elektrischen Trimmverstellung.
  • Hohe bzw. erhöhte Kräfte am Steuerhorn durch hohe Ruderdrücke und Propellerschub
    „Startle Effect“ in Bodennähe aufgrund des unvorhergesehenen und plötzlich eintretenden Ereignisses.
  • Sicherheitsempfehlungen
    Der Hersteller des Luftfahrzeuges wird daher ersucht, die „Passenger Briefing Card“ dahingehend zu ergänzen bzw. zu verbessern, wo sich vor allem der Passagier rechts vorne festhalten kann, soll bzw. darf, oder wo er seine Hände ablegen soll, damit im Falle eines Erschreckens bzw. „Startle Effects“ des Passagiers ein unbeabsichtigtes Eingreifen in die Steuerung des Luftfahrzeuges hintangehalten wird.
  • Versuche mit einem baugleichen Luftfahrzeug haben eindeutig gezeigt haben, dass sich die Trimmung des Luftfahrzeuges auch im Stillstand oder währen des Rollens am Boden verstellen kann.
  • Der Hersteller des Luftfahrzeuges wird daher ersucht, einen zusätzlichen Warnhinweis im POH/AFM in der „Section 3, Emergency Procedures, Autopilot or Electric Trim Failure“, zu ergänzen, dass ein Problem mit der Trimmung bzw. ein „Elevator-Trim Runaway“ auch am Boden während des Stillstandes oder beim Rollen mit dem Luftfahrzeug auftreten kann und dass man daher auch beim Start auf eine verstellte Trimmung und hohe bzw. erhöhte Kräfte am Steuerhorn vorbereitet sein muss.
  • Der Hersteller Garmin wird daher ersucht, eine zusätzliche akustische Warnung und / oder einen optischen Warnhinweis auf den Displays PFD und MFD vorzusehen, wenn die elektrische Trimmung des Luftfahrzeuges plötzlich und länger als einen vom Hersteller Garmin zu definierenden Zeitraum arbeitet.

Quelle und vollständiger Untersuchungsbericht: ‚Sicherheitsstelle des Bundes‚.