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Wellenfliegen über dem Riesengebirge

Die Thermik Saison ist vorbei, dafür aber startet die Wellen- und Hangflugsaison. Seit letztem Jahr hatte ich mir das Ziel gesetzt, Welle fliegen zu wollen. Am Donnerstag, 10. Oktober wurde klar, es sollte einen Wellentag geben. Florian Heilmann (FC Kamenz) kontaktierte mich nochmal direkt und wir sprachen alles ab. Am Freitag fuhr ich zum Flugplatz, um die ASW 19 aus der Halle zuholen und abzurüsten. An dieser Stelle nochmal „Danke“ an meinen Verein für die spontane Hilfe und dass ich das Flugzeug mitnehmen durfte. Abends traf ich dann in Görlitz ein. Nach einer kurzen Nacht standen wir um 5:30 auf, um die Flugzeuge aufzurüsten. Pünktlich zum Sonnenaufgang wurden wir fertig.

Alles Wichtige wurde ins Flugzeug gepackt, wir halfen dem Schlepper Hirschi, der gegen 7 am Flugplatz eintraf, die Wilga aus der Halle zu holen. Danach zogen wir die Flieger zum Start und Flo machte sich fertig. Nach kurzem Briefing zur Schlepproute ging es für Flo los. Ich hatte noch ca. eine halbe Stunde, bis der Schlepper wieder da war und dann ging es auch für mich los.

In 2000m AMSL klinkte ich dann über Frydlant und traf relativ schnell den Einstieg in die Welle. Flo, der den Einstieg nicht so recht gefunden hatte, kam zu mir und wir stiegen gemeinsam bis auf FL 100, ehe wir den Sprung zur Primärwelle des Riesengebirges wagen konnten. Dort angekommen, stiegen wir dann mit guten Steigwerten auf über 5000 m AMSL.

Da Flo das Ziel verfolgte, ins Altvatergebirge zu springen, konnten wir auch das mit unserer komfortablen Höhe tun. Wir flogen zunächst ins Eulengebirge, mit dem eher aus West kommenden Wind ging das auch recht schnell. Dort angekommen, stiegen wir auch im Lee der ersten Hügel. Nun waren wir auf der Rennstrecke angekommen und mit konstantem Steigen ging es Richtung Südost ins Altvatergebirge. Dieselbe Linie ging es nochmal rauf und runter, ehe wir sie wieder nach Nordwesten für den Rückflug nutzten. Zwischenzeitlich ging es bis auf 6200 m AMSL.

Es lief super. Den Rückflug planten wir für den Zeitraum von 15 Uhr bis 17 Uhr. Lediglich die starke Westkomponente machte uns langsam. Mit 70-80 km/h Wind auf der Nase und damit 40 km/h Groundspeed ging es zurück ins Riesengebirge. Eine tolle Linie in Richtung Waldenburg sorgte dafür, dass wir auf 5800 m AMSL bleiben konnten. Laut Skysight Vorhersage stand nun der Sprung durch das Lee der Primärwelle an. Mit 140 km/h auf dem Fahrtmesser flogen wir die Schneekoppe an. Klaus Wonneberger, der zufällig auf der Frequenz war, meldete gute Steigwerte. Mit integriertem Sinken von 3,5 m/s und 2000 m tiefer kamen wir in komfortabler Höhe an. Steigwerte bis zu 4 m/s brachten uns wieder schnell nach oben und wir genossen noch einmal den Ausblick, ehe es wieder zurück nach Görlitz ging.

Eine letzte Schwierigkeit sollte die Höhenstaffelung der Lufträume auf dem Rückflug darstellen. An der Schneekoppe darf man bis FL 225, danach in Richtung Jelenia Gora bis FL 165 und bis zur deutschen Grenze in FL 125 fliegen. Die Lufträume sind nicht so groß, dass man die Höhe wegdrücken könnte, schon gar nicht in dieser Höhe. So mussten wir gezielt absteigen und hoffen, dass wir die letzten 50 km gegen den Wind aus knapp 3800 m AMSL nach Görlitz schafften. Der Rückflug lief überraschend einfach und so ging ein Tag voller neuer Erfahrungen und Eindrücke zu Ende. Letztlich standen 8:30h Flugzeit und eine Strecke von 540 km zu Buche, und das im Oktober!

Wir bedanken uns bei allen, die diesen Flug möglich gemacht haben, dabei vorallem dem Görlitzer FSC und dem Schlepper Hirschi, der uns bei dem Wind rausgezogen hat. Ebenso möchte ich Flori danken, der mich unter seine Fittiche nahm und mir eine neue Seite des Fliegens gezeigt hat. Quelle: ‚Sascha Dey / FC Bronkow‚.

Höhenflugexpedition in den Sudeten

Nachdem einige Piloten des Fliegerklubs Brandenburg e.V. (FKB) auch schon in den letzten Jahren sogenannte Wellenflüge in den hochreichenden Aufwinden im Lee des Harzes und der Mittelgebirge ausführen konnten, startete Ende Oktober diesen Jahres eine kleine Gruppe zur einer Segelflug-Expedition in den größtenteils an der polnisch-tschechischen Grenze verlaufenden Sudeten-Gebirgszug, einem Gebiet das besonders geeignet für Wellenflüge ist. Die Mittelgebirgskette der Sudeten beinhaltet verschiedene Einzelgebirge. Kurz hinter Görlitz in östlicher Richtung beginnt die Kette mit dem Riesengebirge, gefolgt vom Eulengebirge, dem Reichensteiner Gebirge und dem Altvatergebirge.

Mit den ersten Herbststürmen bilden sich im Lee dieser Gebirge hochreichende, so genannte Wellenaufwinde, in denen die Segelflugzeuge bis in Höhen von über 7.000m aufsteigen können. Zum Vergleich: Ein Passagierflugzeug fliegt im Reiseflug in ca. 10.000m Höhe. Das Phänomen wird auf als Föhn bezeichnet. Die Luft wird durch starken Wind im Lee der Berge in das Tal hinunter gedrückt, erwärmt sich dabei, trocknet ab, die Wolken lösen sich örtlich auf, es entsteht der Föhn-Effekt. Im Lee der Berge steigt die warme Luft dann einige Kilometer hinter dem Gebirgskamm wieder nach oben und erzeugt einen Aufwind der sich in Form einer Wellenbewegung fortsetzt und Aufwinde bis in große Höhen erzeugt.

Erstmalig wurde dieser Effekt 1937 vom deutschen Physiker und Flugpionier Joachim Küttner bei einem Flug im Lee der Schneekoppe entdeckt und beschrieben. Mittlerweile haben sich die meteorologischen Kenntnisse und die Leistungsfähigkeit der Segelflugzeuge wesentlich verbessert, so dass in den Wellen auch weitreichende Überlandflüge möglich sind.

Für die eher im brandenburgischem Flachland fliegenden Segelflieger des FKB bleibt das Erfliegen dieser Leewellenaufwinde immer etwas Besonderes. Die Flugtechnik in den teilweise über 20-40 km reichenden starken Aufwindgebieten der Leewellen unterscheidet sich von der im Sommer üblichen Methode, in der Thermik kreisend Höhe zugewinnen. Die Kunst beim Überlandflug besteht darin, das Flugzeug in den Aufwindlinien zu halten und die ebenfalls vorhandenen starke Abwindgebiete im absteigenden Teil der Welle zu meiden.

So starteten Ende Oktober vier Piloten des FKB mit 3 Flugzeugen ihre zwei-wöchige Reise zum Flugplatz Mikulovice nach Tschechien. Der ansässige Aeroklub Jesenik (Freiwaldau) organisierte dieses Jahr nach zwei-jähriger Corona Pause erstmals wieder ein „WaveCamp“, mit Unterkunft, Flugbetrieb, Reservierung des Luftraums für Höhenflüge und der Startmöglichkeit im Flugzeugschlepp. Der Flugplatz befindet sich am Fuß des Altvatergebirges vor den Bergen Šerák und Praděd (dt. Altvater), deren Lage den Einstieg in die Leewellenaufwinde begünstigt.

Da die in der Regel die hohe Windgeschwindigkeit in der Höhe von 70-90km/h (8-10Bft) auch erhebliche Bodenturbulenzen in so genannten Rotoren erzeugt, ist ein Einweisungsflug und ein vorsichtiges Erfliegen dieses Gebietes unbedingt notwendig. Nach Überwinden der Turbulenzzone geht es dann gleichmäßig aufwärts, über die unteren Wolkenschichten hinweg, bis auf Höhen von 4000m bis 7000m. Die Segelflugzeuge sind mit Atemsauerstoff ausgerüstet, der ab einer Höhe von 3000m für die Piloten zwingend erforderlich wird um eine Höhenkrankheit mit Orientierungsverlust zu vermeiden. Aus diesen großen Höhen lassen sich dann Überlandflüge zu den nächsten Gebirgsgebieten der Sudeten durchführen. Interessantes Ziel sind die gut ausgeprägten Leewellen an der Schneekoppe im Riesengebirge. Der Flug verläuft dann entlang des Eulengebirges über die ehemaligen Festungen Glatz und Silberberg (Foto). Dann der Sprung gegen den Wind zur Schneekoppe.

Dort sind die Aufwinde mit bis zu 3-5m/s am stärksten, bis die Obergrenze des geschützten Wellenluftraums von 6800m erreicht ist, geht es dort aufwärts wie in einem Hochhausaufzug. Bei guten Bedingungen lässt sich der Flug dann bis zur deutschen Grenze kurz vor Görlitz ausweiten. Zurück in östlicher Richtung erstreckt sich das Wellengebiet über ca. 240km bis zur tschechischen Großstadt Ostrava. Die weitesten Flüge der Brandenburger wurden am 30. Oktober mit Strecken von über 900km in knapp 9 Std Flugzeit durchgeführt. Für die Piloten Herbert Horbrügger, Max Michaelis und Michael Scholz waren das ihre weitesten jemals im Segelflug erreichten Strecken. Durch die geringere Luftdichte in Höhen von 5000m – 7000m vermindert sich der Luftwiderstand des Segelflugzeuges. Dann kann ein Segelflugzeug im Gleitflug Geschwindigkeiten bis über 300km/h Grundgeschwindigkeit erreichen. So schnell wie ein Rennwagen, jedoch ohne Motorkraft nur durch Ausnutzung der Aufwindlinien. Aus diesen großen Höhen reichte die Fernsicht mit dem Blick nach Osten bis zur hohen Tatra, im Süden konnte man schemenhaft die aus der Wolkendecke herausragenden ca. 350km entfernten Alpen erkennen.

Neben den großen Flugleistungen war das eindrucksvolle Wolkenpanorama mit Blick auf die linsenförmigen Leewellen-Wolken, das ruhige gleichmäßige und starke laminare Steigen in der Welle und die Fernsicht ein unvergessenes Erlebnis für die Brandenburger Segelflieger. Angefüllt mit diesen Eindrücken war der Ausflug in die Sudeten ein krönender Abschluss der diesjährigen Segelflugsaison. Ab Ostern des nächsten Jahres beginnt die neue Flugsaison, dann erstmal wieder unter den Cumuluswolken im heimischen Brandenburg. Quelle: ‚meetingpoint-brandenburg.de‚.