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Portrait von Bertrand Piccard

Sein Vater tauchte in den Marianengraben, seine Mutter eröffnete ihm Spiritualität und Philosophie. Bertrand Piccard umrundete die Welt im Ballon und im Solarflugzeug. Heute setzt der Schweizer seine Bekanntheit zum Schutz des Klimas ein. Juli 1969 – dieser ganz besondere Monat sollte seinem Leben einen entscheidenden Impuls geben. Das war der Moment, in dem Bertrand Piccard sich entschloss, Entdecker zu werden. Cape Canaveral, Florida, Start der Apollo-11-Mission, die zur ersten bemannten Mondlandung der Menschheit führte. Und: Sein Vater Jacques Piccard macht sich mit seinem selbstgebauten U-Boot auf den Weg, um einen Monat lang den Golfstrom zu erforschen. Diese beiden Ereignisse hätten sein Leben „komplett verändert“, sagt der heute 63-Jährige.

Bertrand Piccard, damals elf Jahre jung, erinnert sich so genau an diesen Monat, weil er ganz nah dran war: Er verabschiedete seinen Vater Jacques, als dieser sich auf seine Forschungsreise in den Golfstrom aufmachte, und er wohnte dem Launch von Apollo 11 in Cape Canaveral bei. Wochen und Tage zuvor hatte er Bücher über die Erkundung des Universums gelesen und bereits im nächsten Moment, erzählt Piccard, habe er neben den weltberühmten Astronauten der Apollo-Mission gestanden und hätte ihnen die Hände geschüttelt. Dass er es später selbst einmal zu großer Bekanntheit bringen würde, konnte er da natürlich nicht erahnen. Aber eines, sagt er, habe er blitzartig begriffen: die Grenze zwischen „Traum und Wirklichkeit“, die gab es nicht. Alles war möglich.

Großvater war ein Freund Albert Einsteins
Mit 16 fing der Schweizer an, fliegen zu lernen und wurde zu einem Pionier im Deltafliegen und Hängegleiten, das Mitte der 1970er noch ein fetzenflatterndes Unterfangen war. Er hatte 1999 mit Brian Jones in einem Ballon die Welt umrundet und umflog sie erneut 2016 mit André Borschberg in dem Solarflugzeug „Solar Impulse“. Piccard ist Gründer zweier Stiftungen, Goodwill Ambassador der Vereinten Nationen, Entdecker, Redner, Autor, Hypnotiseur, Psychiater, Pilot, Pionier und Vater von drei Töchtern. Und damit ist die Liste Piccards mannigfaltiger Aktivitäten nicht zu Ende.

Was man über ihn nachlesen kann, ist beispielsweise folgendes: Bertrand Piccard entstammt einer angesehenen Schweizer Forscherfamilie; sein Großvater Auguste Piccard, ein berühmter Physiker und Freund Albert Einsteins, erforschte die Stratosphäre. Dessen Sohn Jacques, Bertrands Vater, baute U-Boote und war der erste, der die Tiefen des Marianengrabens erkundete. „Aber alle vergessen, dass ich auch eine Mutter habe“, sagt Piccard. Sie sei es gewesen, die ihn zum Medizinstudium inspiriert habe, sie habe ihn an Themen wie Spiritualität und orientalische Philosophie herangeführt, mit ihr habe er als Kind Stunden lang über den Sinn des Lebens diskutiert. „Sie war eine Pionierin der Persönlichkeitsentwicklung“, sagt er. Seine Mutter eröffnete ihm die Welt des Inneren, sein Vater und sein Großvater zeigten ihm die Welt des Äußeren.

Piccard wurde schließlich Psychiater, um das menschliche Verhalten zu studieren. Gleichzeitig fing er an, sich mit Hypnose und traditioneller chinesischer Medizin zu befassen, was damals noch ein Novum war. Bis 2016 arbeitete er im Bereich der Psychiatrie, Psychotherapie und Hypnose. Dann nahm ihn sein Engagement für den Umweltschutz vollends ein. Vor der Pandemie trat Piccard bei an die 200 Live-Veranstaltungen pro Jahr auf, pries vor teils hochkarätigem Publikum die Vorzüge der erneuerbaren Energien und ihre wirtschaftliche Profitabilität. Piccard hat in seinem Leben getroffen, was Rang und Namen hat: Obama, Biden, Xi, Modi und Macron, Putin und Prince Charles und selbstverständlich auch Bill Gates – um nur einige zu nennen.

1000 Lösungen für die Politik
Mit der „Solar Impulse Foundation“, einer 2017 von ihm ins Leben gerufenen Stiftung, will Piccard nun politischen Entscheidungsträgern auf der ganzen Welt 1000 rentable Lösungen für den Umweltschutz präsentieren. Die Start-ups und Unternehmen, die sich mit grünen Innovatoinen für eine emissionsfreie Ökonomie befassen, werden von unabhängigen Experten auf Herz und Nieren geprüft. 950 Lösungen haben Piccard und sein Team bereits zusammengetragen.

Trotz aller spektakulären Abenteuer sieht sich Bertrand Piccard nicht unbedingt als einen Sensationssucher. Bei allem, was er tue, sagt er, gehe es ihm weniger um den Kick als um die Entdeckung des Neuen, Unbekannten. Seine Heimatstadt Lausanne bietet ihm dafür eine gute Basis. Die Berge, die Natur, der Genfer See – wessen Gemüt mag dieses Panorama nicht milde stimmen? Jetzt, wo eine Jahrhundert-Pandemie ihn ans Haus fesselt – wärmeisoliert, solarbetrieben, energieeffizient – widmet Piccard sich dem Schreiben und den Kürbissen in seinem Garten. Boris Messing

Wer rettet das Klima? Die Politik oder der Einzelne?
Die Politik, sobald die Regierungen ihre Vorschriften modernisieren, indem sie die Energieeffizienz vorantreiben und alte, umweltschädliche Verfahren verbieten.

Auf welchen Flug würden Sie nie verzichten?
Die Ballonfahrt des Breitling Orbiter 3 um die Welt war die romantischste, aber Solar Impulse war nützlicher, da es gezeigt hat, dass saubere Technologien das Unmögliche möglich machen.

Wer in der Energie- und Klimawelt hat Sie beeindruckt?
Ursula von der Leyen mit ihrem mutigen Green Deal. Nur so kann man Umweltschutz und wirtschaftlichen Aufschwung gleichzeitig unterstützen.

Welche Idee gibt der Energiewende neuen Schwung?
Die Tatsache, dass saubere Technologien und erneuerbare Energien den Schutz der Umwelt inzwischen profitabler machen als ihre Zerstörung.
Quelle: Boris Messing im ‚Tagesspiegel.de‚.