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Segelflugzeuge tanzen auf Leewellen

Während Segelflugzeuge auf unsichtbaren atmosphärischen Schwingungen von Rekord zu Rekord jagen, sind sie für Linienjets eine ernste Bedrohung.

Es gibt sie tatsächlich, unsichtbare Wellen. Und zwar dort, wo man sie am wenigsten vermuten würde: hoch oben am Himmel. Meteorologen sprechen von atmosphärischen Schwingungen oder, einfach gesagt, Leewellen.

Solche Wellen bilden sich, wenn Wind vom Gelände, etwa von Bergen, abgelenkt wird. Dabei entstehen auf der windabgewandten Seite, dem Lee, Schwingungen. Je stärker der Wind und je höher das Hindernis, desto höher bäumen sich die Wellen auf. Begünstigt wird die Wellenbildung auch von der Temperatur. Ideal sind Inversionswetterlagen, wobei die oberen Luftschichten wärmer als die unteren sind.

Wenn ausreichend Feuchtigkeit in der Luft ist, werden die Schwingungen sogar sichtbar – man erkennt sie an parallel zum Gebirge verlaufenden Wolken. «In der Schweiz werden sie auch Föhnfische genannt, da sie manchmal bei Föhnwetterlagen zu sehen sind», erklärt Aude Untersee, Meteorologin bei Meteo Schweiz.

Segelfliegerinnen wie Aude Untersee surfen auf den unsichtbaren Himmelswellen wie die Wellenreiter in der Brandung. Allerdings nicht auf Meeresniveau, sondern irrsinnig hoch. Es sind laminare Strömungen, das heisst, dass es in ihnen praktisch keine Turbulenzen gibt – was den ruhigen Flug erklärt. Quelle/vollständiger Bericht: ‚NZZ, Neue Zürcher Zeitung‚.

Starkwindfliegen

Starkwindfliegen, wie es in den Alpen bei Mistral oder Föhn gang und gäbe ist, kennen wir im Flachland kaum. Bei 50 km/h Wind am Boden oder mehr fliegt hier niemand, ist auch kaum sinnvoll. Das kommt vielleicht jetzt in Mode, denn auch die Flachländer beginnen, die Wellen in den Mittelgebirgen zu entdecken. In den Alpen ist das schon lange anders : Mistral und Föhn sind gesuchte Wetterlagen, da geht es hoch und weit, da fliegen dann viele und mit Begeisterung. Zunächst einmal: Wenn du bei starkem Wind in der freien Atmosphäre im Flachland fliegst, spürst du den Wind (fast) nicht – außer bei der Versetzung oder in (normalerweise relativ schwachen) Scherungsturbulenzen. Im Gebirge ist es bei starkem Wind (> 40 km/h) immer turbulent. Ruhig ist es in den Alpen eigentlich nur, wenn du in der laminaren Strömung einer Welle fliegst.

Start
Solange der Wind gleichmäßig +-30° von vorn kommt, ist das in der Regel kein Problem. Schwierig wird es bei extrem böigem Wind (Windstärke­variationen > 25 km/h). Hier ist absolute Aufmerksamkeit geboten, dass du das Schleppflugzeug nicht übersteigst oder unterfliegst. Noch schwieriger wird es, wenn der Seitenwindwinkel groß wird. Irgendwo wird da auch der Schlepppilot aufgeben müssen, aber die Grenzen werden oft angetestet, z.B. in Serres oder Gap. UL-Schleppflugzeuge und Schlepp-Motorsegler sind in diesen Situationen nicht verwendbar, sie sind zu verwundbar. Bitte überprüfe dein Flughandbuch, welche Seitenwindkomponente für deinen Kahn zugelassen ist.

Für Klapptriebler mit Heckrad: Bei einem Seitenwindstart musst du den Sporn, so lange es geht, am Boden halten. Der Sporn richtet das Flugzeug trotz Seitenwind noch ein wenig auf der Bahn aus. Sobald sich der Sporn vom Boden hebt, wird dein Flugzeug in den Wind gedreht. Wenn dein Platz breit ist, dann ist es am sichersten, so schräg zu starten. Wenn du das Flugzeug mit dem Seitenruder wieder in die Startrichtung drehen willst oder musst, musst du gleichzeitig Gegenquerruder geben !!! Wenn du das unterlässt, wird durch die Beschleunigung der Drehung die dem Wind zugewandte Fläche angehoben, du berührst mit der vom Wind abgewandten Fläche den Boden und machst einen schwungvollen Ringelpietz, eventuell mit Bruch.

Der wesentliche Grund dafür, dass es heute nur noch Flugzeuge mit einer Bugkupplung für den F-Schlepp neu zugelassen werden, ist, dass früher bei F-Schlepps an der Schwerpunktkupplung in der Böigkeit bei Seildurchhang ab und an mal das Seil rausgefallen ist. Das war natürlich je nach Umstand extrem gefährlich. Es hat nicht wenige Tote auf diese Art und Weise gegeben. Aber man konnte/kann sich helfen: Da beim F-Schleppen die Eigenschaft der Eigenentkupplung gerade nicht gebraucht wird, kann man die ziemlich sicher verhindern, indem ein Korken hinter den Ring geklemmt wird. Der Widerstand reicht in der Regel, um diese Spontanausklinkungen zu verhindern.

Ankommen am Hang
Es kommt oft vor, dass man sich mit Rückenwind an einen Auffanghang flüchten muss. Dann fliegt man vielleicht an sich schon schnell gegenüber Luft, hat aber außerdem noch viel Rückenwind, damit viel Trägheit auf den Hang zu. Um hangparallel zu fliegen, braucht man einen großen Vorhaltewinkel. Dieses Eindrehen und Anluven bis zum Vorhaltewinkel wird oft – auch von erfahrenen Piloten – unterschätzt. Sie fangen zu spät damit an und drehen das Flugzeug nicht herzhaft genug in den Wind. Die Folge: Gefährliche Annäherungen an den Hang und nach der Schrecksekunde haarsträubende Manöver vom Hang weg, wenn nicht Schlimmeres.

Zwei Verfahren helfen, dieser Gefahr zu entgehen.

  • Du darfst den letzten Kilometer nicht stumpf mit 90° auf den Hang zu fliegen, sondern du musst dich in einem flachen Winkel an den Hang anschmiegen.
  • Du musst beim ersten Zurückgehen des Fallens vor dem Hang herzhaft die Kurve zum Anluven einleiten und dich dann vorsichtig dem Hang nähern.

Quelle: ‚How2Soar‚.

Klaus Ohlmann: Nordwind-Flug in den Südalpen

Was für ein Ritt! Zuerst dachte ich, ich fliege in die Pyrenäen. Letzter Check am Morgen… Schwache Wellenbedingungen im Westen. Also, neuer Flugplan nach Österreich, wissend, dass der starke Wind eine Herausforderung sein würde, um zum Monte Rosa zu fliegen. Und das war es auch… Windstärken bis zu 180 km/h, riesige Turbulenzen und hohe Sinkraten. Von Domodossola aus sah es sehr gut nach Osten aus. Aber die neuen Covid-Maßnahmen in Italien sind nicht gerade ermutigend für eine Landung in Italien – also zurück nach Südwesten. Unsere italienischen Freunde haben uns an diesem Flugtag gezeigt, wie gut es dort war. Die Überquerung des Rhonetals war recht einfach. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Pyrenäen zu erreichen. Auf jeden Fall ein toller Trainingstag, um das Können für den richtigen Tag zu trainieren. Quelle: ‚Klaus Ohlmann, OLC‚.

1000-km-Dreieck in Mistral und Thermik

Gilles Navas hat eine erneute kreative Streckenflug-Marke gesetzt. Am 4. August flog er über Südfrankreich ein 1’000-km-Dreieck mit Wendepunkten in der Region Narbonne, westlich von Vichy im Zentralmassiv und im Allos-Tal. Die Innovation ist die frühemorgendliche Nutzung des noch aktiven Mistrals über dem Mont Ventoux und den Cevennen, um später thermisch das Zentralmassiv auf der Ostseite zu umfliegen, das Rhonetal ein zweites Mal eine Etage tiefer erneut zu queren, um den letzten Wendepunkt in den südöstlichen Voralpen zu erreichen.

Südostfrankreich – zeitweise einzig fliegbares Wetterfenster.

Während im Juli 2014 im Norden der Alpen Rekord-Regenmengen niederprasseln und in der Schweiz beispielsweise das Emmental gleich mehrmals unter Wasser setzen und erhebliche Schäden anrichten, profitieren die Gäste Südostfrankreichs von zwar kühlem aber trockenem Sommerwetter.

In unserer ersten Ferienwoche kühlt uns zwar wegen der Nordwest-Stau-Lage, die für die hohen Niederschlagsmengen verantwortlich ist, der Mistral tagelang auf dem Campingplatz in Vinon etwas aus – was ja für uns käsebleichen und die Sonne ungewohnten Nordeuropäer angenehm ist – aber immerhin bleibt das Wetter trocken. Segelfliegen ist im Flachland und in den Voralpen so täglich möglich, wenn man nicht den Anspruch hat, sehr lange Strecken fliegen zu wollen. Für ein paar nette Ausflüge hat es aber doch gereicht.

Ab in die Welle.
So gelingt etwa am 8. Juli ein ebenso einfacher wie bilderbuchmässiger Einstieg in das Mistral-Wellensystem direkt über dem Pistenende 28 von Vinon. Ein kurzer Schleppflug von wenigen Minuten bis auf Landevolten-Höhe reicht aus, um in einem ruhigen Rotoraufwind gleich eine schwache Welle zu erwischen. Diese und eine Freigabe bis auf FL 115 von Salon Approach vereinfachen den Vorflug aus den Leewellen in den östlichen Ausläufern des Lubéron bis in die nächste, nördlichere Welle an der Lure und damit auch ins dort aktivierte Wellenfenster.

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Ansturm feuchter Luft.
Von der Lure aus scheint wegen der aus Norden angespülten, feuchten Luft der Weiterflug ins Becken von Gap am logischten. Nach Nordwesten, wo ich von hier aus meistens weiterfliege, fliesst so viel feuchte Luft ein, dass ich auch aus 5’000 M.ü.M. aus einer immer noch flach scheinenden Optik auf die Wolkenmassen keine Wellenstrukturen erkennen kann und mir auch nicht vorstellen mag, irgendwo in dieser Wolkensuppe vielleicht ohne Sicht auf den Boden gescheit vorwärts fliegen zu können. Darum reise ich gemütlich durch das offenere Becken von Gap nach Nordosten, soweit, bis ich am Fuss der höheren Alpen wieder auf eine geschlossene Wolkenmasse stosse.

Hoch hinaus am Pic de Bure.
Am Nordende der Alpenstadt Gap kann ich aus verschiedenen Rotorfetzen den passenden Einstieg in die nächst kräftigere Welle südöstlich des weitgehend in Staubewölkung eingepackten Pic de Bure auswählen und gemütlich bis über 5’000 M.ü.M. hinauf klettern und dabei die Aussicht geniessen. Wie immer beim Wellenfliegen erlebe ich das Dilemma, dass man zwar wie in einem Höhenrausch wunderbar ruhig in einem Lehnstuhl die Show geniessen kann. Die anstürmenden feuchten Luftmassen setzen einem Streckenflug aber Grenzen. Im Osten ist das obere Durancetal bei Embrun nur schemenhaft in tiefen Wolken und Schauern zu erkennen. Die hohen Gipfel der Ecrins sind bis auf meine höchste erreichte Höhe auf ca. 5’000 M.ü.M. mit Watte eingepackt. Dazwischen sind kaum Lücken zu erkennen. Dahin möchte ich also lieber nicht, zu unüberschaubar ist die Situation. Und ‚ontop’ im Segler dahin zu gleiten, ist auch nicht besonders vernünftig.

Was macht heute man bloss mit 5 Kilometern Höhe?
Also wähle ich die Route, die in all der Feuchte noch am vernünftigsten aussieht und ziehe nach einem Versuch, in der Region Orsières wider Erwarten doch eine Welle zu finden, die mich vernünftig nach Briançon bringt, die Nase des Segelflugzeuges wieder nach Westen und schliesslich in einem grossen Bogen zurück ins Vallée du Jabron und am Ende wieder an die Lure zurück. Meine vorherige Einschätzung erweist sich als richtig. Es ist fast unmöglich, zwischen dem Col de la Croix Haute und dem Vallée du Jabron eine schön strukturierte Welle zu finden und auszunützen. Aber irgendwas muss man ja mit 5 Kilometern Höhe anstellen, den ganzen Nachmittag am gleichen Punkt zu sitzen, scheint mir nicht sehr spannend zu sein.

Weil’s so schön bequem ist und eigentlich kaum andere Möglichkeiten vorhanden sind, drehe ich nochmals eine Runde um Gap, um in einem langen Endanflug bis weit südlich von Vinon zurück zu fliegen. Dass die Helikopterbasis von Le Luc deaktiviert und im Ferienmodus ist, ermöglicht für einmal, in Regionen vorzustossen, die sonst wegen geschlossener Lufträume unerreichbar bleiben.

Insgesamt ist das doch kein schlechter Anfang für den diesjährigen Fliegerurlaub mit Familie!

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