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Abheben mit dem Gummiseil

Am Wochenende des 26./27. Juni folgten Segelpiloten einer 70-jährigen Tradition und hoben ohne Motorflugzeuge und mit reiner Muskelkraft von der Rigi ab. Segelflugzeuge werden normalerweise von Motorflugzeugen in die Höhe gezogen. Mangels dieser Möglichkeit mussten früher aber alternative Startarten herhalten – so zum Beispiel der Gummiseilstart. Dabei wird am Haken der Nase des Seglers ein Gummiseil eingehängt und zirka zehn Personen – sogenannte «Gummihunde» – ziehen an beiden Enden. Sobald eine genügend hohe Spannung erreicht ist, wird das Halteseil gekappt und das Flugzeug rollt los. Durch die relativ geringe Geschwindigkeit, welche entsteht, ist diese Startart nur für Oldtimer-Segelflugzeuge geeignet. Die Stiftung Segel-Flug-Geschichte hat zusammen mit der Rigi-Bahnen AG und der Oldtimer Segelflug Vereinigung (OSV) 2013 und 2015 erneut diese Tradition zelebriert und nach sechs Jahren nun auch wieder an diesem Wochenende. In unserer Bilderreihe sehen Sie ein paar Eindrücke des abenteuerlichen Tages. Quelle: ‚Luzerner Zeitung‚.

“back to the roots”

Von Jürgen Schelling

Was ist das denn am Himmel? Selbst routinierte Zuschauer am Fluggelände des Breisgauvereins für Segelflug im südbadischen Kirchzarten kamen Ende Juli ins Staunen. Denn der Fliegerclub hatte vier Tage lang einen Schulgleiter im Flugbetrieb.

Dieser offene Einsitzer aus Holz ist zu Beginn des Segelflugs vor mehr als 80 Jahren entstanden. Auf den leichten Maschinen erlernten tausende Piloten das Fliegen. Seit 1938 wurde der Schulgleiter des Typs SG38 gebaut, neben mehr als 8000 industriell gefertigten Exemplaren konnten durch die einfache Bauweise auch Fliegergruppen dieses Flugzeug nach Plan selbst herstellen.

Der Pilot sitzt heute genau wie damals völlig frei mitten im Fahrtwind. Die Segelflugeigenschaften sind im Vergleich zu den heutigen Hochleistungsmodellen natürlich bescheiden. Aber es gelang guten Piloten schon früh, mehrere Minuten mit ihnen in der Luft zu bleiben. Im sogenannten Hangaufwind an Stellen mit konstantem Luftstrom können sogar Flüge von mehreren Stunden Dauer klappen. Das einsitzige Segelflugzeug mit 10,41 Meter Spannweite wiegt nur 105 Kilo und ist zwischen 40 und 60 km/h schnell. Gleitwinkel ist etwa 1:10.

Der in und über Kirchzarten fliegende SG38 ist allerdings kein Original, sondern ein Nachbau. Das Besondere: Er wurde 1999 von der Jugend des Baden-Württembergischen Luftfahrtverbandes gebaut. Der SG38 darf sowohl am Gummiseil, per Windenschlepp und sogar im Flugzeugschlepp gestartet werden. In Kirchzarten wird der Schulgleiter SG38 allerdings mit Hilfe einer Schleppwinde in die Luft gebracht. Im Flug beamt er seinen Piloten dann rasch auf eine Zeitreise in die 1930erjahre zurück. Allerdings dauert das Vergnügen immer nur wenige Minuten.

Der Breisgauverein für Segelflug in Kirchzarten und Freiburg mit rund 170 Mitgliedern geht auf den bereits 1907 in Freiburg gegründeten “Verein für Luftschiffahrt” zurück und ist einer der ältesten Fliegervereine Deutschlands.