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Segelfliegen in Namibia 2024: Teil 3

Super-Wetterlage

Beim nächsten Flug lud Axel mich ein, in seinem Arcus M mitzufliegen. Perfektes Timing: Benni verliess uns, und Elisabeth (meine Kopilotin für die nächsten zwei Wochen) traf erst abends ein.

Es war eine Super-Wetterlage – es bildete sich eine perfekte Konvergenz von NW nach SO aus, die ziemlich genau über Pokweni verlief. Also möglichst schnell, geradeaus und hoch fliegen – und es war uns beiden egal, dass gegen Ende der Sauerstoff ausging (ab dann halt immer schön unter 4’000m), und dass ich dabei fast erfror (selber schuld, wenn man nicht genug warmes Gewand mitnahm) – was tat man nicht alles, damit am Ende 1’200 km auf den Instrumenten standen.

Elisabeth zeigt Hayung, wie man Socken strickt

Elisabeth die vielseitige Co-Pilotin

Elisabeth ist eine gute Strecken-Fliegerin, hatte MB Studium absolviert, reiste in der Weltgeschichte herum, um Getränke-Abfüll-Automaten zu optimieren, und strickte in den langen Wartezeiten vor dem Start noch ein paar Socken als Weihnachts-Geschenk. Sie brachte mir einen Tausch-Transponder mit (mein alter XPDR hatte wohl einen Defekt beim Container-Transport erlitten), den wir dann an einem Ruhetag einbauten.

Weil es in Namibia Wahlen gab, hatte das Militär an drei Tagen ein Flugverbot für Nicht-Namibia-Registrierte GA-Flugzeuge und Drohnen angeordnet. Wir hatten aber so etwas wie ‚Glück‘: An diesen drei Tagen lag eine Kaltfront über der Kalahari, wodurch wir zumindest keinen guten Tag versäumten.

Trotzdem flogen wir in diesen zwei Wochen insgesamt etwa 9’000 km – und mussten wieder vor einer nahenden Sandwalze umgehend landen; kaum war der 4DM angebunden und wir ins Auto geflüchtet, fegte die Böenwalze über die Pfanne. Beeindruckend – ebenso beeindruckend war, als wir zwischen zwei Schauern ohne Probleme durchflogen, beim dritten Schauer aber einen ‚Down Wash‘ extremerer Art erlebten: Vario am unteren Anschlag, in kürzester Zeit mehr als 1’500 Meter tiefer und ordentliche Turbulenzen – wir waren heilfroh, wenigstens einen 0.5m Bart nicht mehr allzu hoch über der Kalahari zu finden.

Co-Pilot Philip, der Siegertyp

Mein nächster Kopilot war Philip – zweimaliger Juniorensieger der sis-at – ein guter Streckenpilot und auch ein begabter und begeisterter Fotograf. Eines Abends fuhren wir daher in stockdunkler Nacht noch mal auf den Flugplatz, zogen den Nimbus 4DM in die Mitte der Pfanne, so dass Philip ein paar Standfotos (Nimbus mit dem Sternen-Himmel über der Kalahari als Hintergrund) machen konnte. Danach wurde das Stativ mit der Kamera aufgebaut, exakt ausgerichtet, auf Zeitraffer gestellt, und mit externer Power Bank betrieben, so dass die Kamera mehrere Stunden lang bis kurz vor Sonnenaufgang ein Bild nach dem anderen von der ‚aufgehenden‘ Milchstraße machen konnte – während wir kurz vor Mitternacht endlich ins Bett kamen. Ich holte die Ausrüstung am nächsten Morgen um 06:30 Uhr wieder ab und ‚Gottseidank‘ hatten in der Nacht keine Springböcke etc. am Setup herumgeschnüffelt oder das Stativ umgeworfen. Ergebnis: Ein fantastisches Video zeigte, wie sich das Zentrum der Milchstraße langsam über dem Nimbus empor drehte.

Milchstrasse über Nimbus in Pokweni

Wegen der mäßigen Wettervorhersage gönnten wir uns dann am nächsten Tag einen wohlverdienten Ruhetag. Zwei Tage später flogen wir wieder einmal an die ‚Kante‘. Wir jagten diese malerische Strecke ca. 200 km entlang Richtung Süden, bis uns der einsetzende Regen den Weg versperrte. Immerhin schafften wir etwa 950 km.

Am nächsten Tag kamen wir etwas früher und auch besser weg, flogen wieder an die Kante, und gaben Gas, um den schon wieder drohenden Regenschauern zuvor zu kommen. Trotzdem mussten wir dadurch ziemlich weit in die Namib-Wüste hinein ausweichen, teilweise auch zwischen zwei Schauern durchfliegen, aus denen es auch hin und wieder grell blitze – was Philip gar nicht mochte. Aber in 5’000m Höhe fühlten wir uns segelfliegerisch sicher genug. So hielten wir unseren Schnitt hoch genug, um am Ende des Tages nach 1’064km wieder in Pokweni zu landen.

Pokweni -wir kommen wieder!

Kurz vor Weihnachten: Wir verabschiedeten uns von Pokweni – es ging wieder zurück in die Kälte und in den Nebel, aber: Es war einfach wieder schön! Wir kommen wieder – versprochen! Quelle: ‚akaflieg.at‚. Georg Kirchner

-> Teil 1 und Teil 2 Segelfliegen in Namibia

Segelfliegen in Namibia 2024 : Teil 2

Reise nach Afrika

Anfang November 2024 starteten Renate und ich, Georg Kirchner, per Flixbus nach Wien, um von dort weiter mit der Ethiopean Air über Addis Abeba nach Windhoek zu fliegen. Der Flughafen befand sich in einer Höhe von mehr als 2’300 m ü M. Dort holten wir das reservierte Leihauto ab, besorgten SIM-Karten fürs Handy und fuhren über Rehoboth und die D1230 (relativ gute gravel road) ca. 240 km nach Pokweni , wo wir planmäßig bei Sunset eintrafen.

Benni war schon da

Wir wurden bereits von meinem Kopiloten Benni aus Innsbruck erwartet, der sich mit Platz 2 an der sis-at/Juniorenmeisterschaft, 14 Tage Mitflug in meinem Nimbus 4DM erflogen hatte. Überraschung: Axel (der Organisator) und unser Team rüsteten unseren 4DM bereits auf – womit sie sich natürlich eine Flasche Wein verdienten.

Es geht los

Nach einem ersten Checkflug am nächsten Tag erwartete uns am zweiten Tag bereits das erste größere Abenteuer. Wir waren mit vier anderen Segelflugzeugen noch etwa 150 km südlich von Pokweni entfernt – allesamt in Höhen zwischen 4’500 m und 5’000 m – als wir von einer großräumigen ‚Sandwalze‘ hörten, die über den Flugplatz hinweg in unsere Richtung zog: „No landing possible at the moment“. Also hiess es abwarten, und die Bedingungen neu checken.

Unter uns die großflächig verstaubten Luft

Nach etwa 45 Minuten hatte sich die Situation am Flugplatz wieder einigermaßen beruhigt – allerdings war die Luft unter und vor uns nun so ‚staubig‘, dass der Boden kaum sichtbar war – nur einzelne Sonnenflecken waren noch erkennbar, die uns als Orientierungs-Hilfen dienten. Wir starteten als Erste den Endanflug – mehr oder weniger den paar Sonnenflecken folgend – und erreichten den Flugplatz in 2’000 m GND: Wir begangen sofort einen Schnell-Abstieg mit vollen Klappen, während die anderen der Reihe nach den Endanflug starteten.

Manchmal ist auch Ruhe angesagt

Der nächste Tag war wetterbedingt ein Ruhetag – Überentwicklungen und Regen wurden vorhergesagt; der ‚Regen‘ allerdings bestand nur aus ein paar Tropfen (Jos: „About 0.01 mm“) – da es aber die ersten Tropfen seit April (!) waren, spendierte uns Jos den abendlichen Rotwein.

Doch bald rief wieder der Himmel über der Kalahari

Zwei Tage später war starker Nordwind angesagt, der mit der Höhe leicht drehte und auch noch zunahm, wodurch sich erkennbar schöne Lenticularis-Wolken bildeten: Scherungs-Wellen, die auch ohne orografische Auslöser entstanden.

Wir brauchten zwar mehrere Anläufe, fanden aber den Einstieg in den laminaren Bereich, und mit 1.5 bis 2 m/s ging’s dann bis auf 5’600m – bei traumhafter Aussicht in der klaren Luft fast stehend, bei über 80 km/h Wind.

Ein paar Tage später, passable Wettervorhersage für Benni’s Abschiedsflug: Erst Richtung NO bis zum ‚Knie‘ (Grenze zu Botswana) – dort wird es aber rasch feuchter und tiefer; also wendeten wir Richtung Süden, entlang des mehr als 300 km, schnurgeraden Zauns, der auch die Grenze zum ‚Kgalagadi Nationalpark‘ bildete. Etwaige Landungen in diesem Gebiet – von etwa der Größe der Schweiz – wären zwar in Pfannen durchaus machbar, allerdings gab es dort weder Straßen noch Wege, dafür aber Löwen, Leoparden etc. – eine Bergung / Rettung wäre praktisch unmöglich,ein absolutes Todesurteil – egal ob durch Löwen, Verdursten oder Verhungern.

Weit im Süden wendeten wir wieder, und flogen Richtung Norden bis auf Höhe Pokweni. Es begann abzutrocknen, und wir glitten mehr als 100 km durch tote Luft, bis wir wieder Aufwind fanden – die Höhe reichte dann, um ein paar Kilometer über Pokweni hinauszufliegen, und um nach 1’061km in der Pokweni-Pfanne zu landen – sozusagen mein ‚Geburtstags-1’000er‘. Quelle: ‚akaflieg.at‚. Text: Georg Kirchner

-> Teil 1: Segelfliegen in Namibia

Segelfliegen in Namibia

Ein Fluglager in der bei uns ‚schiachen‘ Jahreszeit – Seit dem Jahre 2000 ist Georg Kirchner fast jedes Jahr im November und/oder Dezember ein paar Wochen zum Segelfliegen in Südafrika, bzw. in den letzten Jahren in Pokweni / Namibia anzutreffen: Erstens weil das Grazer Wetter in dieser Jahreszeit einfach ‚schiach‘ ist, und zweitens weil man um diese Zeit auf der Südhalbkugel nicht nur Sonne, Wärme und lange Tage, sondern auch traumhafte Segelflug-Bedingungen genießen kann.

Zerklüftete Abbruch-Kante, mit Namib-Sandwüste im Hintergrund

Interessantes über Namibia

Hinter dieser Sandwüste erhebt sich die ‚Kante‘: Ein gigantischer, wild zerklüfteter Abbruch von bis zu 1800 m Höhe, der dann in die Kalahari übergeht – und diese Kalahari ist ein grandioses Segelfluggebiet, das sich 500 km und mehr bis zur Grenze von Botswana im Osten erstreckt. Dieses Segelfluggebiet ist – mit ein paar Ausnahmen – bis zu FL 195 (knapp 6000 m) frei für die Segelflieger.

In diesem Teil der Kalahari haben sich in den letzten Jahren insgesamt 4 Segelflugzentren gebildet:

  • Bitterwasser: Eine ca. 3 km2 große Pfanne
  • Pokweni: Eine ca. 900 x 500 m große Pfanne, mit hartem Lehmboden, und einer daran anschließenden ‚Runway‘ (total 2.7 km Länge).Gestartet wird vom ganz rechten Rand, nach 400 m geht’s in die Piste: 50 m breit, aber nur ein etwa 2 m breiter Streifen ist ohne Bewuchs – den sollte man beim Starten treffen.
  • Kiripotib: Eine Farm mit Segelflugbetrieb
  • Veronica: Eine ‚Jagdfarm‘, mit zwei in den Sand gepflügten Pisten

Namibia hat ca. 2.3 Millionen Einwohner (etwa 3% davon sind Weiße); damit ist es eines der am dünnsten besiedelten Länder Afrikas. Die Hauptstadt Windhoek ist nach Aussage eines dort lebenden deutschen Studenten ‚ein Dorf‘ (mit ca. 300.000 Einwohner – also etwa wie Graz).

Die Kalahari ist eine Halbwüste; sehr dünn besiedelt, nur sehr spärliche Vegetation, wenig Niederschläge – Farmer Jos van der Merwe im November: ‚Der letzte Regen war heuer im April‘. Wasser wird aus riesigen Grundwasserseen aus 100 bis 150 m Tiefe hochgepumpt; die früher dafür notwendigen Windräder sind mittlerweile durch solar betriebene Pumpen ersetzt worden. Problem: Die Solar-Paneele müssen nun gegen Diebstahl massiv gesichert werden (was bei den Windrädern kaum der Fall war).

Obwohl ein ziemlich großer Teil von Namibia Wüste oder Halbwüste ist, sterben dort mehr Leute durch Ertrinken als durch Verdursten: Man stellt sich am Abend mit dem Zelt oder Camper unter einen schönen, schattigen Baum, bewundert ein fernes Gewitter mit Blitzen und Donnergrollen – und wird dann ein paar Stunden später durch eine starke Flutwelle weggespült – das bis dahin trockene Flussbett war einfach zu einladend.

‚Kalahari Transport‘: Dient heutzutage eher für Sonntags-Ausflüge

Segelfliegen in Pokweni / Namibia

Pokweni ist eine Farm, betrieben von Jos und Annalie van der Merwe; Die kulinarische Versorgung auf dieser Farm ist optimal: Springbock, Kudu, Oryx und Co – alle von Jos selbst geschossen; dazu natürlich alle möglichen Beilagen.

Der Flugplatz selbst, ein glatte, harte Lehm-Pfanne, ist etwa 2 km entfernt; im Hangar dort steht die Samba (ein UL mit Rotax-Motor) von Jos, ein alter Blanik, und während der Saison 1- oder 2- Einsitzer. Alle anderen Segelflugzeuge stehen unter einem perfekt aufgebauten Schattennetz, mit Wasseranschluss, Befestigungen, je 2 leere Tonnen für die Bezüge.

In der Zeit von Anfang November bis Mitte Jänner sind dort etwa 10 – 15 Segelflugzeuge – alles Eigenstarter – stationiert. Die Flugzeuge werden mit einem Pickup am Vormittag zur Startstelle gezogen, dort im Halbkreis aufgestellt – und dann wird unter Sonnenschirmen auf den Beginn der Thermik gewartet; und das kann dann – bei Temperaturen um 38° oder mehr,schon mal die eine oder andere Stunde dauern. Wie definierte das einer der wartenden Piloten: „Segelfliegen ist ein Sport, bei dem man sich in allergrößter Hektik auf langes Warten vorbereitet.“

Wenn dann die ersten ‚Dust Devils‘ durch die Pfanne tanzen, dann haben wir sicher schon den Beginn der Thermik übersehen.

Ein besonders eindrucksvoller ‚Dust Devil‘ (Pokweni / Namibia)

Wie kommen Segelflugzeuge eigentlich dort hin?

Dort werden zwei oder drei Container mit Segelflugzeugen und mit sehr viel Zubehör, Ersatzteilen etc. so stabil verpackt, dass auch wochenlange Vibrationen auf dem Containerschiff, mehr oder weniger heftige Stöße beim Entladen – da fallen schon mal die Container versehentlich ziemlich heftig auf den Boden – und auch die Temperaturen – immerhin muss ja der Äquator überquert werden – keine größeren Schäden anrichten.

Nachdem alle Flugzeuge mit Carnet versehen, und die Container vom Zoll versiegelt worden sind, werden die Container per Tieflader nach Hamburg gebracht, und dort auf ein Containerschiff geladen. Nach etwa sechs bis sieben Wochen trifft dieses Containerschiff im Hafen von Walvish Bay (der einzige Hafen von Namibia) ein, die Segelflug – Container werden dann von dort wieder per Tieflader ca. 600 km auf die Farm Pokweni transportiert. Und wenn alles klappt, kommt irgendwann Ende Oktober ein Bild: „All containers arrived!“

Ende Okt.: Die 3 Container sind am Flugplatz Pokweni eingetroffen – alles okay!

Anfang November beginnt die Flugsaison in Namibia und dauert bis etwa Mitte Jänner – dann wird wieder alles kunstvoll in den Containern verstaut, die dann den gleichen Rückweg antreten; und etwa Mitte bis Ende März treffen sich alle Piloten wieder in Hodenhagen – für Georg Kirchner zwar wieder ein weiterer (Auto-) 1000er, aber immer mit dem Gefühl: „Schön war’s“. Quelle. ‚akaflieg.at‚. Georg Kirchner