Michael Herbig erzählt in „Ballon“ die wahre Geschichte einer waghalsigen Flucht aus der DDR – als ungemein spannenden Thriller. Wenn es ein Regisseur schafft, einen von der ersten bis zur letzten Einstellung spannenden Film zu machen, obwohl jeder Zuschauer weiß, wie die Geschichte ausgeht, dann versteht er sein Handwerk. „Ballon“ (2018) ist so ein Film, ein Fluchtthriller, gemacht, um mitzufiebern. Inszeniert hat ihn Michael Herbig, der als Bully vor allem mit lustigen Sachen bekannt geworden ist. Zum Lachen ist in seinem neuen Film niemandem zumute. Herbig erzählt die wahre Geschichte von zwei Familien, die 1979 aus Thüringen nach Bayern geflohen sind – in einem Heißluftballon. Ein spektakuläres Unterfangen, das die DDR bis auf die Knochen blamierte – und nun erstmals im Free-TV bei SAT.1 läuft.
Raus aus der DDR, und zwar schnell: Peter (Friedrich Mücke) und Doris Strelzyk (Karoline Schuch) wollen mit ihren Freunden Günter (David Kross) und Petra Wetzel (Alicia von Rittberg) die Flucht mit einem Heißluftballon wagen. Ein ziemlich gewagtes Unterfangen, aber eines, das funktionieren könnte. Den Luftraum haben die Grenztruppen nicht besonders gut im Blick. Allerdings scheitert der erste Versuch knapp, nur mit viel Glück wird niemand verletzt oder verhaftet. Die Stasi aber ist alarmiert und setzt den unerbittlichen Oberstleutnant Seidel (Thomas Kretschmann) auf den Fall an. Und der macht keine Gefangenen, was zuallererst schläfrige 18-jährige Grenzsoldaten zu spüren bekommen, die von ihrem Dienst an der Waffe heillos überfordert sind.
Was die geplante Flucht mit den Familien macht, bleibt in „Ballon“ nebensächlich. Herbig zeigt gerade genug, um zu erahnen, wie es den Leuten ging, wie sich Angst, Druck und Verfolgung auf die Beziehungen und die Kinder auswirken. Das gelingt ihm gut, wie etwa beim Besuch der Stasi in einem Kindergarten. Eine kleine Szene, in der das Leben in der DDR besser nicht hätte beschrieben werden können. Weil sie offenbart, dass der Staatsgewalt jedes Mittel recht war, um ihre Macht zu sichern, weil sie zeigt, dass man sich nirgendwo sicher fühlen konnte, aber weil sie auch zeigt, dass die Menschen zusammenhielten. Die Kindergärtnerin jedenfalls verrät nichts, als die Stasi vehement nachfragt – obwohl sie aus unschuldigem Kindermund wusste, wessen Vater zu Hause nächtelang an der Nähmaschine saß, um die Ballonhülle zu nähen. Quelle: ‘Weser-Kurier.de‘.