Felix Herold berichtet in dieser Ausgabe von Late Night Soaring über den ersten 2’000-km-Flug über den Alpen bei Föhn.

Felix Herold berichtet in dieser Ausgabe von Late Night Soaring über den ersten 2’000-km-Flug über den Alpen bei Föhn.
Am Mittwoch, 16. April 2025 wurde in Königsdorf Segelflug Geschichte geschrieben. Dem 21-jährigen Felix Herold gelang im Föhn ein Flug über 2011 km, welches der erste Flug mit mehr als 2000 km in den Alpen ist. In ganz Europa gab es bis dato auch nur einen einzigen Flug mit mehr als 2000 km, aufgestellt von Klaus Ohlmann im Jahre 2023 in den Pyrenäen.
Start mit Sonnenaufgang
Bei Föhn müssen die Segelflieger nicht warten, bis die Sonne genug Energie erzeugt um die Luft zu erwärmen, um Thermik entstehen zu lassen. Da der Föhnwind bei Tag und Nacht weht und damit den Aufwind für die Piloten an den Bergen entstehen lässt, startete Herold mit Sonnenaufgang um kurz nach sechs Uhr morgens. „Allein schon für den herrlichen Panorama Blick bei Sonnenaufgang hat sich das frühe Aufstehen gelohnt“, berichtet Herold von dem frühen Start. Christian Ponradl schleppte ihn mit dem Motorflugzeug bis nach Mittenwald, von wo Herold in den Hangaufwind am Wettersteingrat flog. Entlang der Nordseite des Inntals ging es nach Westen, bis er bei Landeck das erste Mal in eine Welle einsteigen konnte. „Genau wie hinter einem Stein in einem Fluß im Wasser, entstehen hinter den Bergen auch Luftschwingungen, die wir Segelflieger ausnutzen“, erklärt Pressesprecher Mathias Schunk das Phänomen. Bis auf 5400 Meter bekam Herold hier eine Freigabe der Flugsicherung. In der Schweiz wurde es dann zunehmend feuchter und die Wolkendecke wurde immer dichter, so dass er querab vom Oberalppass wenden musste. „Damit war klar, dass mein Versuch die 1500 km deklarierte Aufgabe über drei Wendepunkte zu fliegen nicht funktionieren wird, denn dafür hätte ich bis in die Gegend von Eiger, Mönch und Jungfrau fliegen müssen, um meinen Wendepunkt zu umrunden, das war aber wettertechnisch leider unmöglich“, beschreibt Herold diesen Punkt des Fluges. „Allerdings hatte die Flugsicherung zu diesem Zeitpunkt auch bereits angekündigt, dass ab neun Uhr es keine Freigaben mehr über 3900 Meter Höhe mehr geben würde, weil das schweizerische Militär dann aktiv werde, so dass auch ohne die Wetterproblematik es schwer geworden wäre den Wendepunkt zu erreichen“, so Herold weiter. Nun ging es für den Maschinenbau Studenten also Richtung Osten, mit dem Ziel einen möglichst großen Flug mit freien Wendepunkten zu absolvieren.
Entlang der Wellen des Alpenhauptkamms
Die nächsten zweieinhalb Stunden ging es entlang der Wellen des Alpenhauptkamms in Flughöhen zwischen 5000 und 3000 Metern nach Osten, bis er um elf Uhr nordöstlich von Graz den zweiten Wendepunkt setzte. „Gut 700km hatte ich bis dahin schon geflogen und es war mir klar, dass es ein ganz großer Tag werden könnte“, berichtet Felix Herold. Zurück ging es auf gleicher Route, jedoch fiel er querab vom Gerlos aus dem Wellensystem und setzte den Flug ab nun im reinen Hangaufwind fort. Den nächste Wendepunkt machte Herold um 14 Uhr im Montafon, wo dann bereits 1100km geflogen waren und es noch sechs Stunden Sonnenlicht gab. „Da ging dann die Rechnerei los, ob die 2000er Marke vielleicht erreichbar sein könnte“, so Herold.
Ohne Kreis bis ans Ostende der Alpen
Der Wind wurde immer besser und am folgenden Schenkel nach Osten konnte Herold ohne ein einziges mal stationär zu Steigen bis ans Ostende der Alpen fliegen, wo er um 17 Uhr nach 1560 km die dritte Wende setzte. „Hier hab ich das erste Mal ernsthaft an die 2000 km Grenze gedacht“, berichtet Herold. Der Rückweg lief dann bis zum Erreichen der Nordkette problemlos. Hier musste Herold am Stanser Joch aber erstmalig am Hang Achten fliegen, um Höhe zu gewinnen. „Der Südwind drückte über den Brenner den Regen bis ins Inntal und das System war kurz davor zusammen zu brechen, so dass ich sehr vorsichtig agieren musste, um nicht den Flug vorzeitig zu beenden“, berichtet Herold von der bis dato schwierigsten Situation des Fluges.
Landung um 20:32 Uhr in Königsdorf
Deutlich vorsichtiger agierte Herold nun und wendete um dreiviertel acht ein letztes Mal bei Nasserreith, 1974km waren da geflogen. Am Rückweg war der Wind dann eingeschlafen und er konnte an der Mieminger Kette nicht mehr die Höhe halten und so musste er bei Leutasch den Hilfsmotor nutzen, um nicht aussenlanden zu müssen. Der Freude tat das jedoch keinen Abbruch, denn der Kilometerzähler stand da bereits bei 2011km. Nach 14 Stunden und 25 Minuten Flugzeit landete Herold überglücklich den Nimbus 4 in Königsdorf.
Das Flugzeug der offenen Klasse mit 26,5 Meter Spannweite hat er als Förderflugzeug des Deutschen Aero Clubs für seine bisherigen großen Leistungen zur Verfügung gestellt bekommen. „Die Frage war immer wann, von wo und wer die ersten 2000 km in den Alpen fliegen wird, jetzt wissen wir es“, kommentierte Benjamin Bachmaier den Flug als einer der ersten. Bachmaier hat an diesem Tag seinen Europarekord für Flugzeuge mit 15 Meter Spannweite, den er letztes Jahr über 1295 km aufgestellt hatte an den Königsdorfer Youngster Benedikt Waegele (20) verloren. Der zweite Königsdorfer Youngster erzielte am Mittwoch in einer LS 8 1387 km. Für einen freien Europarekord in der offenen Klasse langte es für Herold leider nicht ganz. Hier fehlten ihm mit 1703 geflogenen Kilometer über drei Wendepunkte ganze sieben Kilometer, um den Franzosen Baptist Innocent zu überbieten, der letztes Jahr sich den Europarekord von Mathias Schunk geschnappt hatte. „Es ist ein wenig kompliziert zu verstehen“, erklärt Pressesprecher Schunk die Regelungen. „Für offizielle Rekordflüge zählen nur maximal drei Wendepunkte, Felix hat aber seinen Flug über fünf Wenden angelegt, welche für das internationale Streckenflugportal gezählt werden, so dass er hier die 2000er Marke übertroffen hat, mit drei Wendepunkten aber „nur“ 1703 km gewertet werden. Leider verfehlte Felix die bisherige Bestmarke in Europa über fünf Wenden von Klaus Ohlmann aus dem Jahre 2023 mit 2013 km hauchdünn, was aber der Leistung von Felix keinerlei Abbruch tut. Er wird für immer der erste sein, der in den Alpen die 2000er Grenze übertroffen hat“, freut sich Mathias Schunk über die überaus erfolgreichen Junioren des SFZ Königsdorf.
Auf die nächsten Ziele angesprochen berichtet Herold: „Im Prinzip einfach weiter Fliegen und Spaß haben und die kommenden Wetterlagen bestmöglich nutzen. Es liegt so viel Potential im Föhn, das würde ich gerne weiter Erkunden„. Quelle: ‚Segelflugzentrum Königsdorf‚.
Wenn jemand im Segelflug Maßstäbe setzt, dann der Meister selbst: Natürlich ist es Klaus Ohlmann, der den absoluten Strecken- und Punkte-Rekord in Europa über die Traummarke von 2.000 km schiebt. Mit einem spektakulären Flug über 2.013,86 km setzt er sich am 2. April 2023 an die Spitze der Europa-Wertung. Sehr dankbar veröffentlichen wir eine Zusammenfassung über diesen Rekordflug aus seiner Sicht:
Mistral, Mistral
Ein 1.250 km FAI Dreieck sollte an diesem ersten Aprilsonntag machbar sein. Die erste Wende Valence liegt allerdings unter einer hochreichend geschlossenen Wolkendecke mit deutlichem Regen aus niedrigem Stratus. Der Versuch, die Wende zu erreichen, wird daher frühzeitig abgebrochen. Plan B sieht einen Flug um 3 Wenden in den Pyrenäen vor. Mit etwas Glück könnten sogar 2.000 km im OLC machbar sein.
Feuchte markiert die Wellen im Rhonetal
Die Querung des Rhonetals gelingt einigermaßen gut. Hier hat die hohe Feuchte den Vorteil einer Markierung der Wellen. Die Aufwindreihungen der Cevennen erlauben ein rasches Vorankommen. Marseille und Montpellier Control erlauben mir eine komfortable Flughöhe bis FL 145. Der Sprung in die Pyrenäen ist damit eher Formsache. Und da geht’s dann zur Sache.
In den Pyrenäen läuft es
Gut markierte Rotorlinien und kräftige Steigwerte ermöglichen hohe Schnittgeschwindigkeiten. Die geschlossenen Bedingungen im Westen stören nicht. Meine Wende im Südosten von Pamplona liegt in der Sonne und schon geht es wieder Richtung Mittelmeer.
Spanische Flugsicherung kooperiert
Die Route nördlich des Pic de Canigou sieht sehr vielversprechend aus. Leider ist der Controller von Marseille gerade überlastet. Nach minutenlangen Warteschleifen bitte ich um Verlassen der Frequenz, um die Lage auf der spanischen Seite zu sondieren. Und das Glück ist mir hold. Barcelona gibt mir südlich des Pic de Canigou eine Freigabe bis FL 195 in Richtung meiner östlich von Ampuriabrava gelegenen Wende. Flache Lentis weisen mir den Weg. Ohne Schwierigkeiten wird die Wende genommen und der Weg wieder nach Westen ist problemlos.
Noch einmal will ich die westliche Wende erreichen. Mittlerweile ist es jedoch deutlich feuchter geworden. Eine schmale Föhnlücke erlaubt es, trotz ausstaubenden Regenfahnen, die Wende zu umrunden. Wieder am Mittelmeer ist mein 3-WP Flug erfolgreich beendet.
Reicht es für die 2.000 km?
Mit etwas Glück sind vielleicht sogar noch die 2.000 km im OLC zu knacken. Der 5. Wendepunkt wird in komfortabler Höhe erreicht. Jetzt aber schnell nach La Cerdanya, wo ich nur wenige Minuten vor „last light“ lande. Dank der Hilfe von Milos und dem noch ausharrendem Flugplatzangestellten finde ich sogar einen Platz im Hangar. Müde, aber glücklich genieße ich das katalanische Abendbrot im schon vertrauten Fliegerhotel zusammen mit Milos Pair, dem tschechischen Wellenexperten, der diesen Tag ebenfalls sehr erfolgreich genutzt hat.
Tipp: Schalte zum Flug den TopMeteo-Wetterfilm dazu. Einfach das Wettersymbol oben rechts in der Karte aktivieren und schon siehst Du den SAT-Film während des Fluges. Dieser ist kostenlos – aber eingeloggt muss man sein. Quelle: ‚OLC, online-contest‚.