Segelflieger als Brennholz geschmuggelt

Mitten im Hungerelend stellte 1931 Josef Pfister mit einem Flug über 220 Meter den ersten Weitenrekord der Sportflieger Steyr auf. Auch in den Folgejahren blieb der Verein nie am Boden. Aus der Vogelperspektive ist die Welt darunter winzig und klein, auch der Hunger, die Arbeitslosigkeit und der rabenschwarze Tag des 24. Oktober 1931, an dem die Stadt Steyr zahlungsunfähig wurde. Drei Monate zuvor gründeten Piloten aus dem Ersten Weltkrieg und andere Flugpioniere dem Elend zum Trotz den Verein „Sportflieger Steyr“. Auf einer Wiese beim Stadtgut wurden wagemutige Flugschüler in Segelgleitern mit Gummiseilen in die Luft katapultiert. In den Einsitzern bekamen sie nur Ratschläge mit auf den Weg, und dann: „Hals- und Beinbruch!“ Fluglehrer, die neben oder hinter dem Schüler im Doppelsitzer Segelflug unterrichten, gibt es erst seit den Sechzigerjahren. „Bis dahin mussten unsere Vorgänger unglaubliche Hürden bewältigen“, sagt Alexander Koppler, Obmann des heuer 90-jährigen Vereins.

Nur sieben Jahre Pioniertätigkeit waren den Vorvätern in einer Werkstatt gegönnt, die ihnen die verarmte Stadt gratis überließ. An den hölzernen Schlitten und Segelgespannen werkten alle möglichen Leute und Karl Jenschke, der nach Hans Ledwinkas Rückkehr zu Tatra Chefkonstrukteur der Steyr-Werke geworden war. Jenschke konstruierte nicht nur für den Verein ein Motorflugzeug, er war auch selber ein hervorragender Pilot. Für offene Münder sorgte er, als er in einem von ihm umgebauten Segelgleiter „Zögling“ vom Damberg herabschwebte und sanft auf einem Acker am Stadtrand landete. Mit dem Einmarsch der Hitler-Truppen 1938 hatte die Leidenschaft fürs Fliegen ein jähes Ende. Die Nazis verboten sofort die „Sportflieger Steyr“, ihren Hangar übernahm die Flieger-Hitlerjugend.

Fünf Jahre nach Kriegsende wurde der Sportfliegerverein beinahe aus dem Nichts wieder aufgebaut. Die US-Besatzung hatte fast alle Flugzeuge am Flugfeld als „Kriegsgerät“ verbrannt. Einigen Steyrer Fliegern gelang es, in der Nacht einige Segelflugzeuge zu stehlen und in den Scheunen der Bauernhöfe ringsum unter dem Heu zu verstecken. Nachdem die Alliierten den Flugverkehr wieder freigaben, wurde am 2. September 1950 der erste Segelgleiter mit dem Kennzeichen „OE-0014“ am Stadtplatz auf den Namen „Stadt Steyr“ getauft. Einen weiteren Segelflieger schmuggelten die Flieger als Brennholz getarnt aus der russischen Besatzungszone. Heute verfügt der Verein über fünf Segelflugzeuge und zwei Motorflugzeuge. „Gott sei Dank kann heute bei der Beschaffung alles ohne Hindernisse abgehen“, sagt Obmann Koppler. Quelle: ‚Nachrichten.at‚.

Kommentar verfassen