Erlebnisbericht von Georg Kirchner
Irgendwann an einem besonders nebligen Novembertag in Graz kam uns ein Bericht über das Segelfliegen in Südafrika unter: Dort ist um diese Jahreszeit ja Frühling, es ist meist strahlend schönes Wetter – und es gibt allerbeste Thermik, oft weit über 5000 m hinauf.
Von Galriep Dam nach Kuruman am Rand der Kalahari
Also beschlossen wir kurzerhand, im Herbst 2000 unseren Doppelsitzer (damals ein Nimbus 3DT) nach Südafrika zu schicken, um vom Flugplatz Gariep Dam aus – dort wird der Oranje-Fluss aufgestaut – möglichst große Strecken zu fliegen. Und: Wir waren sehr beeindruckt und begeistert – es war der Beginn einer mehrwöchigen Auszeit vom Grazer Winterwetter. Gariep Dam ist ein ruhiges, und sicheres Örtchen – ein Überbleibsel aus der Zeit der Errichtung des Staudamms.
1600 Meter lange und nur 15 Meter breite Piste
Segelfliegerisch war Kuruman eine Stufe besser als Gariep Dam: Bessere Thermik, stärkere Aufwinde – und damit längere Streckenflüge. Und das alles bei praktisch freien Lufträumen. Allerdings hatte der Flugplatz in Kuruman auch Nachteile: Die 1600 m lange Piste war nur 15 m breit, und am Rande wuchs sehr trockenes, relativ hohes Gras – ein Problem für unsere Spannweiten von über 27 m. Zudem liefen Pferde dort frei herum. Oder wir kamen am Abend von langen Flügen zurück, und mussten mit der Landung warten, bis das lokale Gokart-Rennen auf der Piste beendet war.
Flüge ins unbewohnte Botswana
Kuruman ermöglichte uns dafür weite Flüge bis ins benachbarte Botswana – dort enden aber schon wenige Kilometer hinter der Grenze alle Anzeichen von Zivilisation: Keine Straßen oder Wege, keine Ortschaften, keine Häuser, keinerlei Spuren; sollten irgendwann einmal Aliens dort landen, würden sie feststellen, dass die Erde unbewohnt ist – abgesehen von ein paar Löwen. Man fliegt über diesen Gegenden mit dem Segelflugzeug tunlichst nur in Höhen, die eine sichere Rückkehr ins zwar ebenfalls unlandbare, aber immerhin bewohntere Südafrika ermöglichen.
Längere Start-Piste in Pokweni / Namibia
Im Jahre 2020 verlegte ich dann meine Winterausflüge nach Pokweni / Namibia – ein Farmer hat dort auf einer ‚Lehmpfanne‘ einen Flugplatz aufgebaut, mit Hangar, mit ‚Shade Parking‘ für 15 Segelflugzeuge, und mit einer 2.7 km langen Start-Piste. Diese Pistenlänge ist ein Sicherheitsfaktor: Man startet in 1400 m Seehöhe, bei Temperaturen an die 40°C, und mit nicht üppig motorisierten Eigenstartern.
Fliegen über unlandbare Kalahari
Ist man aber erst mal in 800 m oder so über der Pfanne und hat den Motor abgestellt, dann beginnt das Abenteuer ‚Streckenflug‘: Erst mal vorsichtiges Vorfliegen in relativ geringer Höhe über die unlandbare Kalahari-Wüste, bis nach 1 Stunde die bis dahin eher schwache Thermik zur Höchstform aufläuft: Mit Steigwerten von 5-6 m/s auf Höhen von 4000 bis 5500 m (wir fliegen hier deshalb immer mit Sauerstoff-Brillen), jagen mit Stundenschnitten von über 180 km/h kreislos entlang von Konvergenzen – auf der einen Seite blauer Himmel ohne jede Wolke, auf der anderen Seite tiefschwarzes Gewitter-Gewölk mit gewaltigen Blitzen und Starkregen – und kämpfen uns dann gegen den oft starken Gegenwind 250 km wieder zurück nach Pokweni.
Winterausflüge mit Segelflugkollegen
Bei all diesen Winterausflügen nehme ich meist einen Akaflieg-Kollegen mit, der im Doppelsitzer (Nimbus 4DM) nicht nur solch großartige Segelflugbedingungen kennen lernen kann, sondern auch Einblick in ein exotisches Leben am Rande von Wüsten gewinnt. Und seit 2017 lade ich auch den jeweiligen Junioren-Sieger der österreichischen Staatsmeisterschaft im Segelfliegen (sis-at) zum Mitfliegen ein – mein kleiner Beitrag zur Jugendförderung. Quelle: ‚Akaflieg Graz‚