Rundflug über den Comer See

Im Vergleich zum Gardasee ist der Lago di Como für Deutsche schon fast ein Geheimtipp. Amerikaner dagegen reizt er als Glamour-Reiseziel. Wer eine Runde mit einem Wasserflugzeug über Italiens drittgrößten See dreht, begegnet Luxus und Schönheit. Zwei Hüpfer noch und schon heben sich die Kufen der Cessna aus dem Wasser. Eine Welle rüttelt das Wasserflugzeug ein letztes Mal durch, dann steigt es in den Himmel über dem Comer See. Durch das Seitenfenster weht eine Brise in die Kabine, die besorgten Naturen den Angstschweiß auf der Stirn trocknet. So mancher Passagier klettert sicher mit einem mulmigen Gefühl in den zerbrechlich wirkenden Flug-Oldtimer vom Typ „Bird Dog“.

„Keine Sorge“, beruhigt Cesare Baj. Die US-Airforce habe diese kraftvolle Maschine als Aufklärer im Korea-Krieg eingesetzt, sagt er. Dann sei sie von der italienischen Luftwaffe übernommen wurden. „2013 landete sie schließlich im Aero Club Como.“ Der weißhaarige Pilot hat fast so viele Flugstunden auf dem Buckel wie das 1946 erbaute Wasserflugzeug. „An Flugerfahrung sollte es uns nicht mangeln“, scherzt Cesare Baj. Er ist Autor einiger Fachbücher und Vize-Präsident des Aero Club Como. Der 1930 gegründete Verein ist der älteste Wasserflieger-Club der Welt. Neben den Oldtimern hat er zahlreiche moderne Flugzeuge in seiner Flotte. Unzählige Piloten wurden hier ausgebildet und noch mehr Gäste zu Rundflügen mitgenommen.

Nach dem Start fliegt Cesare Baj in weitem Bogen über Como. Der Blick auf das Gassengewirr und die Kuppel des Doms ist grandios. Die Stadt wird eingerahmt von bewaldeten Bergen. Aus der Luft von Süden kommend, sieht der drittgrößte See Italiens aus wie ein auf den Kopf gestelltes „Y“. Auf halber Höhe – bei Bellagio – gabelt sich der 51 Kilometer lange Lago di Como. Der östliche Arm endet in Lecco, der westliche in Como. Baj nimmt Kurs nach Norden. Im Cockpit des Zweisitzers ist der erfahrene Pilot umgeben von altertümlichen Instrumenten und Hebeln. Das modernste Teil in der „Bird Dog“ scheint ein roter Feuerlöscher zu sein. Aber auch ohne Hightech liegt die Propellermaschine sicher in der Luft. Unter ihr kreuzen Surfer. Ein Motorboot liefert sich erfolgreich ein Wettrennen mit dem Schaufelraddampfer „Milano“ und versucht das gleiche erfolglos mit einem Tragflügel-Schnellboot der Gesellschaft Gestione Navigazione Laghi, die die Ufer auch mit Autofähren verbindet.

Von Robert de Niro bis Lady Gaga waren alle in der Villa
Entlang der Uferstraßen krallen sich die Orte an steil abfallende Hänge, andere quetschen sich in enge Buchten. Bauland ist knapp und teuer. Nach Klerikern, Adligen und Industriellen aus der wohlhabenden Lombardei sind es heutzutage Fußballer von AC und Inter Mailand sowie Prominente aus aller Welt, die die Preise hochtreiben. Villen kosten viele Millionen, einige sind schlicht unbezahlbar. Dazu zählen die aus dem 18. Jahrhundert stammende Villa Carlotta in Tremezzo, die heute ein Museum mit imposantem Park ist, sowie die noch ältere „Villa d‘Este“ in Cernobbio. Der Grundstein für die spätere Renaissance-Residenz wurde 1442 gelegt. Sie war Domizil für Kardinäle, Könige und Zaren, bevor sie 1873 in ein Luxushotel umgewandelt wurde.

Für Cesare Baj ist das Grandhotel mit dem im See schwimmenden Pool ein Highlight seiner Rundflüge, für Danilo Zucchetti der Höhepunkt seiner Karriere. Der Mailänder ist Direktor der „Villa d‘Este“, die den Comer See weltweit als einen Urlaubsort mit „Grandezza“ bekannt gemacht hat. Zucchettis wichtigste Aufgabe ist es, den Mythos der Villa zu erhalten, ohne dass sie aus der Zeit fällt. Seine Devise lautet deshalb: „Ständig weiterentwickeln, aber nichts verändern.“ Und er scheint Erfolg damit zu haben: Kamen einst Gary Cooper, Liz Taylor und Frank Sinatra, sind es heute Robert de Niro oder Bruce Springsteen, der hier Stammgast ist. „Nach Terminen für ihren ‚House of Gucci‘-Film ist zuletzt auch Lady Gaga länger geblieben als geplant“, verrät Zucchetti. Den Spitznamen „Hollywood on Lake Como“ trägt das Hotel zurecht. Die Strahlkraft der „Villa d‘Este“ und ihrer illustren Gäste aus der Film- und Musikbranche haben den Comer See in den USA zum Inbegriff des sommerlichen „Dolce Vita“ Italiens werden lassen. Hier sonnt man sich, brettert in den eleganten Riva-Jachten von Como Classic Boats über den See oder golft in Menaggio und im Club Villa d‘Este. Der gehört nicht zu dem berühmten Hotel, bietet aber einen der imposantesten Golfplätze des Landes.

George Clooney als Botschafter für den Comer See
In Deutschland sind Gardasee und Lago Maggiore bekannter als der Comer See. Auch wenn Schauspieler George Clooney, der seit 2003 im Örtchen Laglio unweit von Como die Villa Oleandra besitzt, immer mal wieder in deutschen Klatschblättern auf Fotos vom Comer See zu sehen ist und dem See so Publicity bringt. Laglios Bürgermeister Roberto Pozzi tut zwar alles, um seinen Ehrenbürger vor neugierigen Blicken zu schützen. Verhindern, dass Bootsausflügler dessen Seegrundstück ausspähen, kann er aber nicht. „Der arme Kerl hat kaum Privatsphäre“, sagt Cesare Baj, als er mit der Cessna über Clooneys Villa hinweg fliegt. Clooney sei ein exzellenter Botschafter für den Lago di Como, sagt Marco Montagnani. „Aber die Initialzündung für den Tourismus hier hat die ‚Villa d‘Este‘ gegeben“, gibt der Direktor des neuesten Luxushotels am See neidlos zu. Das „Victoria“ in Menaggio ist keines der klassischen Grandhotels, sondern eine gelungene Kombination aus historischem Altbau und modernem Anbau. Ganz neu ist das edle „Vista Palazzo“ in Como. Die Liste der Luxusherbergen um den See wird länger. Wohlbetuchte haben am Comer See also viel Auswahl, Normalverdiener weichen eher auf Ferienwohnungen aus. Campingplätze sind rar. Es gibt einen in Menaggio, der beim Blick aus der Cessna besonders einladend wirkt. Während andere Orte am steilen Westufer früh am Tag schon im Schatten liegen, ist die Piazza des Campingplatzes mit Eisbar und Restaurants noch in Sonnenlicht getaucht. Der Einschnitt in der Bergkette hinter dem Ort macht es möglich. Quelle / ganzer Beitrag: ‚Welt‚.

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