RAF-Museum und ‚Landshut‘-Standort neu diskutiert

Die Spezialeinheit GSG 9 befreite 1977 die Geiseln in der entführten Lufthansa-Maschine „Landshut“. Jetzt soll eine Ausstellung rund um das Flugzeug entstehen, die über den RAF-Terror informiert. Der Museumsstandort am Bodensee lag fest – eigentlich. 1977 wurde die Lufthansa-Maschine „Landshut“ von palästinensischen Extremisten entführt, um die in Stuttgart inhaftierte Führung der Rote Armee Fraktion (RAF) freizupressen. Nach der Ermordung des Piloten Jürgen Schumann stürmte die GSG 9 das Flugzeug und befreite die Geiseln. In der Folge nahmen sich die inhaftierten RAF-Mitglieder im Gefängnis das Leben. Um an den sogenannten „Heißen Herbst“ in Deutschland zu erinnern, soll eine Ausstellung entstehen, die an diese konfliktreiche Zeit erinnert. Zentrales Ausstellungsstück und gleichzeitig Ausstellungsraum: die „Landshut“.

Haushaltsausschuss gegen Kulturstaatsministerin
Obwohl der Haushaltsausschuss des Bundestags Ende November 15 Millionen Euro für die Umsetzung eines Ausstellungskonzepts am Standort Friedrichshafen bewilligt hat, rege sich vor allem Widerstand bei der Bundesregierung, sagt der Journalist Sebastian Engelbrecht. „Namentlich bei Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Sie traut es einfach den Akteuren in Friedrichshafen nicht zu, so ein wichtiges Projekt auf Dauer zu stemmen.“ Friedrichshafen ist traditionell ein Standort der Luftfahrtindustrie. Dort steht die „Landshut“ seit drei Jahren. David Dornier, der Enkel des Flugzeugpioniers Claude Dornier, hatte es fertiggebracht, das Flugzeug aus Brasilien nach Deutschland zurückzuholen.

Monika Grütters könne sich mehrere Standorte vorstellen, so Engelbrecht: zum einen den ehemaligen Flughafen in Berlin-Gatow, wo sich auch das Militärhistorische Museum der Bundeswehr befindet. Eine weitere Möglichkeit sei der Flughafen Berlin-Tempelhof. Eine dritte Option sehe Grütters am Sitz der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin, sagt Engelbrecht. Dort befindet sich Hauptquartier der GSG 9. Die Spezialeinsatztruppe hatte die Landshut 1977 auf dem Flughafen der somalischen Hauptstadt Mogadischu gestürmt und die Geiseln befreit. Und auch eine dezentrale Ausstellung habe Grütters ins Gespräch gebracht: „Vielleicht der verrückteste Vorschlag, mit der Aufteilung der verschiedenen Flugzeugteile, um sie an verschiedenen Orten in Deutschland zu zeigen.“

Zeitzeugen wollen Museum in Tempelhof
Neun ehemalige Geiseln – darunter der Co-Pilot der Maschine, Jürgen Vietor, und die Stewardess Gabriele von Lutzau – haben sich in der Zeitung „Die Welt“ zu Wort gemeldet: „Sie favorisieren den Standort Berlin-Tempelhof. Dort kann die Maschine erst einmal in einem der Hangars restauriert werden und wäre dann ein begehbares Stück Zeitgeschichte.“

Doch es gehe den ehemaligen Geiseln auch darum, den Deutschen Herbst – die Auseinandersetzungen zwischen der Rote Armee Fraktion und dem Staat Bundesrepublik – nachvollziehbar zu machen. „Sie wollen mit einem Museum mahnen und die Erkenntnis vermitteln, wohin Gewalt führen könne. Es soll dann in einem solchen Museum um Fragen gehen, wie entstand die Rote Armee Fraktion? Welche Kontakte hatte sie zu anderen Terrororganisationen und Geheimdiensten – eben zu Palästinensern? Welche Lehren zieht die Gesellschaft heute aus dieser sogenannten bleiernen Zeit?“ Und auch die Leistung der GSG 9 bei der Befreiung solle nach dem Willen der ehemaligen Geiseln in dem Museum gewürdigt werden.

Ereignisse liegen nicht weit zurück
Dass die Debatte um einen Ausstellungsort so energisch und schon so lange geführt werde, hänge auch damit zusammen, dass es sich um ein sehr frisches Stück Zeitgeschichte handele, sagt Engelbrecht: „Die Wunden sind bei allen Beteiligten noch offen. Die Akteure sind zum ganz großen Teil einfach noch am Leben, und viele sind da emotional sehr beteiligt. Und ich denke, dass deshalb die Einigungen da besonders schwerfallen.“ Quelle: ‚Deutschlandfunk‚.

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