Die Wetterlage war ja die letzten Tage allgemein gut und ich plante, mir einen Tag davon herauszupicken. Lieber einen Tag Vollgas geben, als zwei Tage halb nutzen. Da ich am Wochenende noch akut mit dem Bau der Startbahn für den #e2glide-Wettbewerb beschäftigt war, fiel der Sonntag schon mal raus. Laut Prognose hat das aber gepasst, Montag sollte wohl der homogenste Tag werden. Sonntag-Abend dann das Standard-Regime: erstmal umhören, wo am nächsten Tag geflogen wird. Auerbach ist von der thermischen Güte und der Organisation des Flugbetriebes einfach unschlagbar – danke an Pascal und den FK Auerbach für die unkomplizierte Betreuung!! – die Entscheidung fiel also einfach. Nach den fast 1’000 km im letzten Jahr, hatte ich mir vorgenommen, während der längsten Tage immer proforma 1’000 km um 3 WP aufzuschreiben, das es klappen kann, war schon lange klar, man braucht nur den richtigen Tag. Nun war die Frage, wohin – im Westen sollte die Abschirmung und Warmluft den Tag schwierig gestalten. Mithilfe der Topmeteo-Wolkenverteilung und anderen Tools war schnell klar, es geht auf den Fläming! Da 1’000 Kilometer in der Clubklasse schon schwierig zu schaffen sind und ich das Risiko einer Außenlandung nach einem nicht erfolgreichem Flug bezgl. 1’000 km vermeiden wollte, lag die Strecke so, dass in Auerbach erst 950 km voll sind. Wenn man in Auerbach/Eibenstocker Wald nochmal an die Basis kommt und der Endanflug auf die Ottengrüner Heide steht, gleitet man ab und landet erfolgreich außen, und wenn nicht, ist man wenigstens in Auerbach daheim.
Die Strecke stand also schon am Vorabend, früh lief alles nach Schema F: Anreise, Aufbau, Startbetrieb. Das Wetter entwickelte sich wie prognostiziert, Änderungen an der Strecke waren nicht notwendig. Die ersten Flusen standen ab 8.30 Uhr weit oben am Kamm, gegen 9 Uhr war es am Platzbereich zart entwickelt. 9.12 Uhr – Seil straff, Schlepp auf 1’000 m, Abflug holen, reingleiten in den Eibenstocker Wald. Zum Glück haben wir zum Kadertraining im Juni Außenlandefelder angeschaut, ansonsten wäre ich wahrscheinlich bei den schwachen Bedingungen zum Start so tief im bewaldetet Relief nervlich das erste Mal am Ende gewesen. Mit dem Wissen, welche Felder entspannt landbar sind, konnte man aber gelassen die Flusen abklappern. Der Blick nach Osten sah für die Uhrzeit richtig gut aus. Heute könnte der Tag werden! Schnell das Handy ausschalten, eh man durch irgendwelche eintrudelnden Whatsapp-Nachrichten aus dem Konzept gebracht wird.
In Richtung Fichtelberg wurden die Wolken größer und die Basis war bereits angenehm hoch, ich setzte viel Hoffnung auf den Südhang des Erzgebirges. Darüber stand eine Art Aufreihung. Dort angekommen, stellte sich heraus, dass es nur mittelhohe Feuchte oder ähnliches war, was keine gut nutzbare Thermik lieferte. Der zweite Anlauf lief dann nochmal schief, das ich auf Hanghöhe rausgleitend den Weg nach Süden wählte, um eine Außenlandung oben auf dem Berg zu vermeiden. Ein wenig Aufregung, den Tag im thermisch derzeit noch toten Böhmischen Becken zu verhauen, war schon dabei, aber an einer Südrippe gab es dann den erlösenden Bart, welcher mich zurück ins Spiel brachte. Mittlerweile hat mich Pascal in dem aufbauenden Wetter 10 km nördlich eingeholt. Er hatte für den Tag ähnliche Wendepunkte als 720-km-Dreieck ausgeschrieben, so dass wir den Tag mehr oder weniger zusammen fliegen konnten, was ein sehr konstruktives und hilfreiches Infoteam ergab. Bei 11.30 h Flugzeit mit Vollgas war es in einigen Phasen insbesondere am Abend sehr angenehm, zu zweit zu sein und sich in der Führungsposition abzuwechseln, damit der jeweils andere etwas Kraft und Konzentration schöpfen kann.
Bis 11 Uhr konnten wir also mit einem ca. 70er Schnitt in den Tag starten, ab Pirna war das Wetter homogen entwickelt. Ab dann gab es nur noch eine Vorgehensweise: mit Vollgas um die Wendepunkte… eine so homogene Luftmasse habe ich selten erlebt. Der erste WP war unkritisch, der Weg in den Norden mit leichtem Gegenwind ebenso easy, die letzten 50 km unter leichter Abschirmung und Warmluftadvektion. Die zweite Wende bei Stendal lag perfekt an der Wettergrenze, der dritte Schenkel mit Rückenwind lief schnell. Mit Hilfe der Sat-App und Infos aus der Heimat war schnell klar – das Ziel ist realistisch, die Strecke bis nach Hause sieht gut aus. Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren, das Wetter voraus sieht gut aus, wir haben 30-60 Min. Puffer auf die 1’000km. Der dritte WP bei Rothenburg war etwas ausgebreitet (EDR Oberlausitz komplett frei laut Langen Info), die Luftmasse hat aber trotzdem gute Steigwerte ermöglicht. Der Blick gen Heimat: Hammer. Gegen 17 Uhr ging die Nachricht an zuhause raus, dass doch bitte jemand nach Auerbach fahren, anhängen und Richtung Westen fahren soll.
Der Einstieg ins Erzgebirge lief easy, dank der hohen Schnittgeschwindigkeit waren wir weit vor der Zeit an der Elbe. Das Erzgebirge hat erwartungsgemäß mit hoher Basis an den klassischen Stellen funktioniert, Auerbach kam in Reichweite, Stück für Stück lief der Endanflug auf die Ottengrüner Heide (Deklaration) rein. Klappt – also abgleiten gen Westen. 19 Uhr Endanflug auf das 1’000km Diplom in der Clubklasse. Dass es so ein Spaziergang wird, hätte ich mir wohl nie erträumt. Der Hänger am Boden war bereits am Haken. Kurz vor der Ottengrüner Heide findet Pascal nochmal einen Bart und fliegt anschließend zurück, um seine Deklaration (720 Dreieck) zu vollenden, die 1’000 hat er auch voll. Glückwunsch und Danke für die Unterstützung!
Wie geht es nun mit mir weiter? Erstmal Aufgabe schließen, und nun die große Frage – zurück und das 800er Dreieck schließen und mit 1’080 km daheim landen oder die Schenkel weiter Richtung Westen ziehen, damit die Klassenrekorde vergrößert werden und vielleicht mit Rückenwind noch die 1’100 km fallen – Entwicklungen stehen in der Richtung noch. Luxusprobleme, über die ich bisher noch nie nachgedacht habe. Die Größe der Klassenrekorde war mir dann wichtiger als die Landung am Startplatz, zumal der Hänger ja schon unterwegs war. Kurz vor Bayreuth steht nochmal eine große Wolke, nochmal an die Basis. Die armen Rückholer… plus auf Bamberg, dort noch weitere Wolken.
Mittlweile ist es 20.15 Uhr, so richtig will mich aber keine Thermik mehr hochbringen. Kurz vor der Landung baut über dem Hafen Bamberg nochmal eine Fluse auf, vielleicht hätte ich mehr Geduld beim Kurbeln des 0,3er gebraucht – die Flusen standen noch 30 Minuten nach der Landung. Mittlerweile ist Daniel aus unserem Verein (der direkt neben dem dortigen Flugplatz wohnt) mit Essen und Bier in Bamberg auf dem Flugplatz, wozu sollte ich mich jetzt 15 Kilometer weiter Westlich im Fränkischen auf den Acker werfen? Dass der Rechner jetzt nur 1’096 km anzeigt, ist egal und geht in allen anderen Erfolgen des Tages eh unter – ab zur Landung. Im Gegenanflug zählt der Rechner weiter- hä? na klar! ich hab ja noch 2 Schenkel! Die Landekurve wird also etwas nach hinten verlegt und schon stehen die 1’102 km – was für ein absolut verrückter Tag, in dieser Größenordnung habe selbst ich mir noch nie zu träumen getraut.
Kleine Anekdote am Ende: Trotz relativ langfristig (17 Uhr) angekündigter Rückholtour wurde es dann doch nochmal anstrengend – das Motorrad meines Vaters ist auf dem Weg von Auerbach nach Chemnitz nachts auf der Autobahn stehen geblieben, und so musste der Rückholer rückgeholt werden, auch was Seltenes. Nach Fahrzeugtausch daheim und abholen meines Vaters von der Raststätte hatten wir drei Uhr nachts alles endlich daheim – um fünf Uhr musste er dann schon wieder zur Frühschicht. Wir haben schon ein verrücktes Hobby… Quelle: Markus Uhlig im OLC.