Künftig will die EU bei der Verwaltung des Luftraums enger zusammenarbeiten. Nach langen Debatten hat das Parlament nun eine Reform beschlossen. Damit sollen Flüge günstiger und umweltfreundlicher werden – und sogar kürzer.
„Jeder zweiter Flug war in diesem Sommer verspätet“, so der EU-Kommissar für Umweltschutz, Wopke Hoekstra. Schuld daran war nicht das Wetter und nicht der Personalmangel. Die vielen nationalen Flugsicherungen sind das Hauptproblem für den Stau am Himmel, hieß es bereits vor der Abstimmung im Europaparlament in Straßburg. Dieser sei wie ein komplizierter „Fleckenteppich“, sagte die österreichische Abgeordnete Sophia Kircher. Noch deutlicher wurde der EU-Abgeordnete Jens Gieseke: „Nur sieben nationale Flugsicherungen haben 85 Prozent dieser Verspätungen verursacht.“
„Schengen am Himmel“ ist das Ziel
Während man also am Boden schon lange kreuz und quer durch Europa fährt, ohne zu merken, dass man gerade eine Grenze passiert hat, betreten die Piloten jedes Mal Neuland. Vielleicht kann man es sich am ehesten vorstellen, wie es war, als noch überall mit eigenem Geld bezahlt wurde und jede Bank eigene Vorschriften und Gebühren hatte: Die „Umtauscher am Himmel“ sind die Fluglosten, die die Flugzeuge wie einen Staffelstab von Land zu Land leiten. 37 verschiedene Flugsicherungsorganisationen gibt es in Europa, von denen einige fünf Mal so teuer sind wie andere, stellt die EU fest. Die Folge: Die Fluggesellschaften berücksichtigen das bei ihren Flugrouten.
Es wird also nicht immer der kürzeste, sondern eben auch der günstigste Weg gewählt, 49 Kilometer sei jeder Flug im Schnitt länger, als die direkte Luftlinie. All dies führt auch zu einer höheren Luftverschmutzung – und die will die EU-Kommission auf jeden Fall vermeiden. Schließlich will man bis 2050 klimaneutral sein und das geht nicht ohne den Flugverkehr. Schengen am Himmel, das ist das Ziel.
Flugsicherungen bekommen Vorgaben
Doch die Mitgliedstaaten verteidigen ihre Kontrolle am Himmel sehr viel verbissener als auf der Straße. 2004, also vor 20 Jahren, wurde die Initiative für einen einheitlichen Luftraum gestartet. Das Gesetz, über das die Abgeordneten jetzt endgültig abgestimmt haben, ist zehn Jahre alt, so Umweltkommissar Hoekstra in Straßburg. „Und glauben sie mir, das war keine leichte Aufgabe.“ Kritiker sagen, das Gesetz habe über die Jahre an Biss verloren, außerdem könne es zu steigenden Kosten führen. Es ist auf jeden Fall komplex. Vereinfacht gesagt, bekommen die Flugsicherungen Vorgaben, die sie einhalten müssen. Diese Ziele betreffen zum Beispiel die Bereiche Sicherheit, Verspätungen, Kosten und Technologie. Durch die Reform soll die Kooperation dabei enger werden.
Flüge sollen kürzer und umwelfreundlicher werden
Die Systeme, die verwendet werden, sind zum Teil völlig unterschiedlich und veraltet. Kontrolliert werden soll das neue System durch „Eurocontrol“. Diese internationale Organisation wurde bereits in den 1960er-Jahren gegründet mit genau dem Ziel, den Himmel über Europa optimal zu steuern.
Doch viele europäische Länder wollten ihre Flugsicherung nicht an „Eurocontrol“ abgeben. Frankreich aus Sicherheitsgründen, Irland waren die Gehälter zu hoch. Jetzt also ein neuer Anlauf. Der EU-Abgeordnete Gieseke fasste die Vorteile noch einmal zusammen: „Wir können Flüge, sicherer, kürzer, umweltfreundlicher und erschwinglicher für den Durchschnittsbürger der Europäischen Union machen. Wir haben hier ein riesiges Potential.“ Und auch die Fluglosten hätten jetzt bessere Arbeitsbedingungen und weniger Stress, weil sie mit ihren Nachbarn zusammenarbeiten.
Die Zeit drängt jedenfalls, denn der Himmel wird immer voller. 700 Millionen Menschen flogen im vergangenen Jahr nach Mallorca, Madrid oder München, das ist nahezu Vor-Corona-Niveau. Dazu kommen Transportflugzeuge mit Päckchen aus China und Drohnen für militärische Zwecke. Das neue System wird aber erst im nächsten Jahrzehnt, also frühestens 2030 starten. Quelle: ‚Tagesschau.de‚.