Ehe unter Verzweifelten

Lufthansa soll Piloten für Lilium-Flugtaxis ausbilden: Erst kürzlich forderte die Lufthansa ihren Pilotennachwuchs auf, sich wegen der Corona-Krise einen anderen Job zu suchen. Nun hat immerhin der Schulbetreiber Lufthansa Aviation Training ein neues Geschäftsfeld gefunden. Ob das der kriselnden Airline wirklich hilft, ist allerdings fraglich. Der Elektro-Flugtaxi-Entwickler Lilium will die Piloten seiner geplanten Senkrechtstarter von der Lufthansa-Flugschule ausbilden lassen. „Gemeinsam werden Lilium und Lufthansa Aviation Training ein Pilotenauswahl- und Trainingsprogramm entwickeln, um Piloten für den Lilium Jet zu qualifizieren“, teilten die beiden Unternehmen am Mittwoch in München mit. In der ersten Phase würde dann bereits qualifizierten Verkehrspiloten eine Zusatzausbildung zum Lilium-Piloten angeboten. Das Start-up bemüht sich derzeit um die Entwicklung eines Elektro-Flugtaxis mit fünf Sitzen. Während die meisten Konkurrenzmodelle wie übergroße Drohnen konzipiert sind, soll der Lilium Jet senkrecht starten und landen und die Strecke mithilfe von Tragflächen wie ein konventionelles Flugzeug zurücklegen. 2025 soll laut Unternehmen die Serienproduktion und der Betrieb regionaler Flugdienste starten. Zu den Gesellschaftern des Münchener Startups zählen der chinesische Internetkonzern Tencent und der Tesla-Investor Baillie Gifford. Lilium beschäftigt derzeit rund 350 Mitarbeiter.

Lufthansa notgedrungen auf der Suche nach neuen Ertragsquellen
Lufthansas Flugschule bildet für rund 200 Fluggesellschaften Cockpit- und Kabinenpersonal an weltweit zwölf Trainingsstandorten aus. Ende September hatte der Schulbetreiber Lufthansa Aviation Training seine rund 7000 Flugschüler an der Verkehrsfliegerschule in Bremen aufgefordert, sich einen neuen Berufsweg zu suchen. Auf Jahre hinaus gebe es wegen der Corona-Krise bei den Konzern-Airlines keinen Bedarf an Nachwuchspiloten, begründete ein Sprecher des Schulbetreibers Lufthansa Aviation Training den Appell. Die Lufthansa leidet erheblich unter den Folgen der Corona-Pandemie. Nach drei Quartalen weist das vom Staat gerettete Unternehmen im laufenden Jahr bereits einen Verlust von 5,6 Milliarden Euro aus, Vorstandschef Carsten Spohr (53) streicht Tausende Stellen. Nicht verwunderlich also, dass sich der hauseigene Schulbetreiber nach Wachstumsmöglichkeiten umschaut.

Zweifel an der Machbarkeit
Ob Flugtaxis allerdings wirklich jemals in Serie abheben werden, ist nach wie vor fraglich. Unter Branchenkennern und Wissenschaftlern mehren sich die Zweifel. Schließlich verbrauchen der senkrechte Aufstieg und die Landung viel Energie – und die Leistung der ohnehin schweren Batterien ist noch recht gering, was die Reichweite senkt. Lilium hat bei seiner letzten Finanzierungsrunde umgerechnet 224 Millionen Euro eingesammelt, neue Investoren sind dabei nicht eingestiegen. Die bisherigen Finanziers Tencent, Atomico, Freigeist und LGT beteiligten sich in unbekannter Höhe. Der Fahrdienstvermittler Uber hat schon jetzt offenbar genug von dem Geschäft. Wie das Unternehmen in der Nacht zu Mittwoch mitteilte, werde die Flugtaxi-Sparte Uber Elevate an den Flugtechnikentwickler Joby verkauft.

Welche Unternehmen Flugtaxis entwickeln
Noch hoffen allerdings zahlreiche Unternehmen und Investoren auf das große Geschäft. Der Plan klingt ja auch gut: Angesichts der zunehmend überlasteten Straßen in den Metropolen der Welt sollen die Flugtaxis Pendler in kürzester Zeit ans Ziel bringen. Der elektrische Antrieb soll die Umwelt schonen, der Luftverkehr Staus auflösen.

So ist auch der europäische Flugzeugbauer Airbus mit dabei und testet derzeit seinen City-Airbus auf einem Flugplatz in der Nähe von Ingolstadt. Der City-Airbus ist ein elektrisches Luftfahrzeug mit acht Rotoren, das senkrecht starten und landen kann. Es soll ohne Piloten bis zu vier Passagiere auf festen Routen transportieren und beispielsweise von Stadtzentren zu Flughäfen bringen. Ein echtes Flugtaxi wäre der kleine Passagier-Airbus somit nicht. Denn die Flugroute kann nicht von den Passagieren frei gewählt werden. Die Autobauer Daimler und Geely sind an dem Start-up Volocopter beteiligt, das in Stuttgart bereits Testflüge durchgeführt hat. Die Volocopter-Flugtaxis mit ihren 18 Propellern sollen einmal autonom fliegen – allerdings mit nur einem Passagier. Das badische Unternehmen will seinen ersten kommerziellen Flugtaxi-Dienst innerhalb der nächsten drei Jahre in Singapur auf die Beine stellen. Nach zwei Jahren enger Zusammenarbeit mit der Stadt habe man eine entsprechende Zusage gemacht, teilte das Unternehmen aus Bruchsal am Mittwoch mit. Das erste Angebot werde voraussichtlich eine touristische Route entlang der Küste des Stadtstaates sein. Später könnten dann auch grenzüberschreitende Verbindungen folgen. Die Genehmigung der Behörden für den Flugtaxi-Dienst steht den Angaben zufolge noch aus. Der Stadtstaat wäre das erste Land weltweit, das den regulären Betrieb von Flugtaxis erlaubt. Quelle: ‚Manager Magazin‚.

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